Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
Vom Netzwerk:
Pirot darauf abzielte, Claessens’ Nachfolger zu werden. Das würde erklären, warum er ihn überging, als er über den Todesfall bei Forvil berichten wollte.
    – Ich muß wissen, wann wir die Arbeit hier wiederaufnehmen können, sagte Pirot.
    – Das dauert eine Weile, sagte Martine, wir müssen sowohl den Baggerlöffel als auch den Prahm untersuchen, bevor es hier weitergehen kann.
    Er trommelte mit den Fingern ans Lenkrad und sah bekümmert aus.
    – Dann schlage ich einen Kompromiß vor, sagte er, wirkoppeln den Waggon mit der Leiche ab und fahren die Waggons, die schon gefüllt sind, zum Sinterwerk. Man kann ja einen Hochofen nicht abstellen, wissen Sie, er muß gefüllt werden.
    Martine dachte eine halbe Minute nach und nickte dann zustimmend. Pirot hob den Hörer des Autotelefons ab, wählte eine Nummer und gab ein paar kurze Anweisungen. Dann wandte er sich wieder ihr zu.
    – Ich hoffe jedenfalls, daß Sie es schnell aufklären, sagte er, und daß Sie keine Probleme bekommen, wenn Sie Leute hier auf dem Gelände befragen. Es gibt viele, die in der Polizei seit dem Generalstreik 1961 immer noch den FEIND sehen, groß geschrieben, Sie hätten meinen Vater zu dem Thema hören sollen.
    Er lächelte schief. Martine wußte, daß Michel Pirot aus einet der Grubenortschaften außerhalb von Villette kam.
    Etwas schien drüben am Eisenbahnwaggon zu passieren. Martine stieg aus dem Auto und hörte aus der Tiefe des Eisenbahnwaggons eine Stimme.
    – Er hat eine Brieftasche in der Gesäßtasche. Soll ich sie rausnehmen?
    – Unbedingt, rief Christian de Jonge, und wirf sie hierher, dann erfahren wir vielleicht endlich was!
    Eine abgenutzte Brieftasche aus braunem Leder kam durch die Luft geflogen. Christian fing sie mit seinen behandschuhten Händen auf und öffnete sie vorsichtig. Sie enthielt eine Mischung aus französischen und belgischen Geldscheinen, eine EC-Karte und eine Visakarte, ausgestellt von einer französischen Bank, einen französischen Paß und einen französischen Presseausweis.
    – Ein französischer Journalist, konstatierte Christian, Fabien Lenormand, sechsundzwanzig. Wie ist er in einem holländischenPrahm in einer Stadt in Belgien gelandet?
    Er untersuchte weiter die Brieftasche und machte zwei weitere Funde. Der eine war eine Visitenkarte einer Frau namens Nunzia Paolini, Sekretärin des »Gedenkvereins für Foch-les-Eaux«. Der andere war ein handgeschriebener Zettel mit zwei Telefonnummern, die beide zu einer Frau namens Nathalie zu führen schienen.
    – Darf ich mal sehen, guckt mal, die eine Nummer ist von der Gazette de Villette, stimmt’s? Arbeitet er da?
    Sie sah auf die Uhr – zwei Minuten nach elf. Die Lokalzeitung war noch nicht in Druck gegangen.
    – Wir fahren hin, sagte sie.
    Der Nachtredakteur bei der Gazette de Villette sah freudig überrascht aus, als Martine und Julie durch die Tür zur Redaktion eintraten.
    – Was für ein Service! sagte er. Ich bin gerade mit meinen Routineanrufen bei den Bullen durch, und jetzt kommen Sie her, um mir persönlich die Details über den geheimnisvollen Leichenfund draußen bei Forvil mitzuteilen. Stimmt’s, Madame Poirot?
    – Leider, sagte sie, kann ich damit nicht dienen. Ich komme, um zu fragen, ob Sie oder jemand anders in der Redaktion einen französischen Journalisten namens Fabien Lenormand kennen.
    Der Nachtredakteur sah nachdenklich aus, aber der junge Redigierer, der am Schreibtisch ihm gegenüber saß, sah von seinem Bildschirm auf.
    – Fabien Lenormand, sagte er, das ist doch Bonnaires Typ, stimmt’s?
    Der Nachtredakteur warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, als wolle er ihm sagen, daß man Informationenniemals leichtfertig herausgibt, ohne sich etwas im Austausch zu sichern.
    – Nathalie Bonnaire? fragte Martine. Nathalie Bonnaire war eine junge Reporterin, mit der sie bei einem ihrer letzten Fälle viel zu tun gehabt hatte.
    – Ja, sagte der Nachtredakteur widerwillig, aber Lenormand ist nicht ihr Freund, das glaube ich nicht, ich glaube, er ist nur ein guter Bekannter.
    – Arbeitet er hier bei der Zeitung? fragte Martine.
    – Nein, nein, sagte der Nachtredakteur, er ist Freiberufler, aber ich glaube, er hatte eine Art Projektjob in Villette bekommen, nicht bei einer Zeitung, sondern etwas anderes. Hören Sie, warum kommen Sie um diese Zeit hierher und stellen Fragen nach Fabien Lenormand? Ist er auf dem Gelände von Forvil tot aufgefunden worden?
    – Der Tote ist offiziell nicht identifiziert, sagte Martine, das

Weitere Kostenlose Bücher