Die Günstlinge der Unterwelt - 5
gewesen war. Ihr war eine Belohnung für ihre Dienste versprochen worden.
Ulicia betrachtete Jagang, während die beiden Mriswiths den Saal mit ihrer Last verließen. »Was verlangt Ihr von uns?«
Jagang hob eine Hand und winkte mit zwei fettverschmierten Fingern einen Soldaten heran, der an der Seite des Raumes stand. »Diese sechs gehören mir. Beringe sie.«
Der stämmige, mit Fellen bekleidete und mit Waffen behangene Mann verbeugte sich. Er ging zu der Frau, die am nächsten stand, zu Nicci, riß mit seinen schmutzigen Fingern grob an ihrer Unterlippe und zog sie lächerlich weit vor. In ihre großen blauen Augen trat ein panischer Blick. Ulicia versagte gemeinsam mit Nicci vor Schreck der Atem. Durch die Verbindung spürte sie ihre überwältigenden Schmerzen und das Entsetzen, als sich der stumpfe, rostige Eisendorn mit einer Drehung durch den Rand ihrer Lippe bohrte. Der Soldat steckte den mit einem Holzgriff versehenen Dorn in seinen Gürtel zurück, nahm einen goldenen Ring aus seiner Tasche und zerrte ihre Unterlippe vor. Unter Zuhilfenahme seiner Zähne weitete er die Kerbe im Ring, dann steckte er ihn durch die blutende Wunde. Er drehte den Ring herum und schloß die Lücke mit den Zähnen.
Zu Ulicia kam der unrasierte, dreckige, stinkende Soldat zuletzt.
Mittlerweile zitterte sie unkontrollierbar, denn sie hatte mitgefühlt, wie man dasselbe den anderen angetan hatte. Als er an ihrer Unterlippe riß, versuchte sie verzweifelt, an einen Ausweg zu denken. Es war, als holte man einen Eimer aus einem trockenen Brunnen. Vor Schmerz kamen ihr die Tränen, während der Ring durchgestochen wurde.
Jagang wischte sich mit dem Handrücken das Fett vom Mund, während er amüsiert verfolgte, wie ihnen allen das Blut übers Kinn rann. »Ihr sechs seid jetzt meine Sklaven. Wenn ihr mir keinen Grund gebt, euch zu töten, dann habe ich im Palast der Propheten noch Verwendung für euch. Wenn ich mit Richard Rahl fertig bin, kann es vielleicht sogar sein, daß ihr ihn umbringen dürft.«
Er blickte ihnen wieder in die Augen. Die trüben Partikel darin bewegten sich auf eine Weise, die ihr den Atem raubte. Alle Anzeichen von Heiterkeit verschwanden, und zurück blieb etwas unverhohlen Drohendes. »Aber noch bin ich mit euren Lektionen nicht fertig.«
»Uns sind die Alternativen durchaus klar«, sagte Ulicia hastig. »Bitte – Ihr braucht nicht fürchten, daß wir Euch nicht ergeben wären.«
»Oh, das weiß ich«, sagte Jagang leise. »Trotzdem, ich bin mit euren Lektionen noch nicht fertig. Die erste war nur ein Anfang. Die übrigen werden längst nicht so schnell vorüber sein.«
Ulicia konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten. Seit Jagang begonnen hatte, in ihre Träume einzudringen, war ihr Leben im Wachzustand der reinste Alptraum geworden. Es mußte einen Weg geben, dem ein Ende zu machen, aber ihr fiel beim besten Willen keiner ein. Sie sah sich schon als eine von Jagangs Sklavinnen in den Palast der Propheten zurückkehren, in einem dieser Kleider.
Jagang blickte an ihr vorbei. »Habt ihr zugehört, Jungs?«
Ulicia hörte, wie Captain Blake dies bejahte. Sie erschrak. Die dreißig Seeleute, die hinter ihr am Rand des Saales standen, hatte sie völlig vergessen.
Jagang winkte sie mit zwei Fingern näher heran. »Morgen früh dürft ihr gehen. Ich dachte allerdings, daß ihr euch für heute noch gern mit den Damen vergnügen würdet.«
Die sechs erstarrten, jede einzelne von ihnen.
»Aber –«
Die Art, wie die treibenden Partikel in seinen trüben Augen plötzlich ihre Lage änderten, ließ sie sofort verstummen. »Wenn ihr eure Magie gegen meinen Willen einsetzt, und sei es nur, um nicht zu niesen, werdet ihr Christabels Schicksal teilen. Das gilt ab sofort. In euren Träumen habe ich euch einen kleinen Vorgeschmack darauf gegeben, was ich mit euch machen kann, solange ihr noch lebt, und jetzt habt ihr einen kleinen Einblick bekommen, was der Hüter mit euch machen wird, wenn ihr sterbt. Ihr bewegt euch von nun an auf einem schmalen Grat. An eurer Stelle würde ich keinen Fuß daneben setzen.«
Jagang richtete den Blick wieder auf die Seeleute hinter ihnen. »Für heute nacht gehören sie euch. Ich kenne die sechs aus ihren Träumen und weiß, daß ihr noch Rechnungen offen habt. Macht mit ihnen, was immer euch beliebt.«
Die Seeleute wurden laut und fluchten ausgelassen.
Durch die Verbindung spürte Ulicia, wie eine Hand nach Arminas Brust griff, eine andere Niccis Kopf an den Haaren nach
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