Die Guerilla-Bewerbung
mich als Bürokraft umzuorientieren. Arbeiten wollte ich, ein berufliches Zuhause haben, aber bitte im Rahmen. Aber damit kam ich auch nicht weiter: Ich wurde zwar ein paar Mal eingeladen, aber immer kamen die gleichen Argumente, um mich abzulehnen – überqualifiziert, sie wollen doch nicht wirklich länger bleiben?
Dann habe ich ein Inserat im Hamburger Abendblatt geschaltet. Es war ein wenig größer als die Standardtexte und sagte ganz klar aus, was ich machen möchte: »Sekretariat/Empfang«. Ich bekam 20 Anrufe und hatte fünf Vorstellungsgespräche. Schließlich nahm mich eine Softwarefirma unter Vertrag. Unbefristet und bei einem Gehalt, das auf einem ähnlichen Niveau lag wie mein früheres. Meinen Lebenslaufhat keiner je gesehen.
Melanie, PR-Fachfrau
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Welche Risiken diese Strategie birgt
Ein Risiko der Gesuch-Strategie besteht darin, dass Sie (noch) nicht genug Resonanz erfahren oder die Resonanz nicht den Wunschjob bringt. Überdenken Sie den Text der Anzeige, etwa bei Facebook. Ein weiteres Risiko ist, dass zum Beispiel ein Video nicht witzig, sondern peinlich rüberkommt. Bitte beachten Sie diese Regel: Bevor Sie etwas online stellen, sollten Sie auf jeden Fall die Resonanz darauf testen!
Ein gutes Gesuch texten
Guerilla heißt nicht unbedingt, einen total werblichen Stil nutzen. Manchmal ist weniger mehr. Gerade Designer und andere Kreative verlieren sich oft in der Optik und lassen das Thema Text zu kurz kommen. Oder sie schleifen den Text so, dass er wie eine Werbeanzeige wirkt. Und diese werden nicht ohne Grund wenig beachtet.
Welche Argumente sind aus Arbeitgebersicht die zentralen für Sie? Sammeln Sie diese und bringen Sie sie in eine Ordnung, nach dem Prinzip »das Wichtigste zuerst«.
Geben Sie dem Text eine Überschrift, die den Inhalt auf den Punkt bringt. Sagen Sie dann präzise, als was Sie arbeiten möchten. Beherzigen Sie bei der Überarbeitung Ihres Textes folgende Tipps:
Wörter wie »Suche« oder Einschränkungen (»nicht …«) haben ebenso wenig Platz wie Füllwörter.
Mehrdeutige Aussagen klären.
Denksportaufgaben raus, Klarheit rein.
Lassen Sie Ihren Text von Bekannten durchlesen. Ist er wirklich sofort eingängig? Spricht er an? Macht er neugierig? Wählen Sie Adjektive, die Sie gut beschreiben und die nicht so typisch, verbreitet und kraftlos sind wie »teamfähig« und »engagiert«.
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Meine Erfahrung
Als Betriebswirt zu arbeiten, das war nie mein Wunsch. Ich habe das einfach studiert, ohne wirklich je vorzuhaben, im Managementbereich tätig zu werden. Deshalb habe ich auch nie einen Abschluss gemacht. Für Zahlen und Text habe ich mich dagegen schon immer interessiert. Mein Traum war es, Geschäftsberichte zu schreiben. Als Geschäftsberichtsschreiber habe ich mich dann in einer Werbezeitschrift dargestellt. Der Abteilungsleiter eines großen Konzerns rief mich daraufhin an, und ich durfte schon nach wenigen Tagen in der internen Kommunikationsabteilung anfangen. Für dieses Unternehmen habe ich 15 Jahre lang gearbeitet. Ich weiß, dass es auch nach mir immer wieder Mitarbeiter auf Gesuche hin angesprochen und eingestellt hat.
Hans, 57 Jahre, Texter
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Wo Sie Gesuche schalten sollten
Der Erfolg Ihrer Anzeige steht und fällt mit dem richtigen Publikationsort. Für den einen passt das lokale Wochenblatt (z. B. für Teilzeitjobs, Handwerk), für den anderen die Tageszeitung (kaufmännische Jobs mit hohem Standardisierungsgrad) und für andere das Internet mit seinen sozialen Medien. Auch Branchenblätter können wertvolle Verbreiter Ihres Gesuchs sein. Je spezieller Ihre Ausbildung ist und die Branche, in der Sie sich bewegen, desto eher sollten Sie Ihr Gesuch in einer branchenspezifischen Publikation platzieren.
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Meine Erfahrung
Ich habe bestimmt 150 Bewerbungen verschickt, war auch ein paar Maleingeladen worden – doch persönlich hat es nie geklappt. Entweder war ich zu erfahren oder hatte zu wenig Praxis. Die lange Arbeitslosigkeit hatte mein Selbstbewusstsein angegriffen, und ich stellte mich wohl immer zu negativ dar. Tatsächlich hatte ich das Gefühl, nichts zu können. Ich war schon in Hartz IV abgerutscht, musste umziehen und machte dabei die Erfahrung, dass keiner eine Arbeitslose haben wollte. Da habe ich in einem letzten Kraftakt alles bewegt – und eine Anzeige geschaltet. Ich wurde siebenmal angerufen und viermal eingeladen. Aus dem Job bei einem Schifffahrtsunternehmen ist dann gleich etwas geworden. Ich habe sogar direkt eine
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