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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sinnlos. Wir haben Ihr Sperma, Ihre DNA an der Toten gefunden. Wir haben Gewebereste Ihres Pullovers aus Ihrem Wagen, wir haben Ihre Fingerabdrücke, wir haben jede Menge Beweise – es ist also vollkommen gleichgültig, was Sie zugeben und was Sie nicht zugeben, ob Sie gestehen wollen oder ein Geständnis verweigern – das Gericht wird Sie in jedem Fall verurteilen.«
    »Nein …«
    »Was – nein?«
    Ladowsky schluchzte.
    »Der Ermittlungsrichter hätte sich auf Ihrem Haftbefehl das Wort ›Mordverdacht‹ sparen und statt dessen gleich ›wegen Mordes‹ reinschreiben können«, sagte Richard Saynfeldt. »So ist die Lage. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    Die Sehnen an Ladowskys Hals spannten sich zu zwei harten weißen Linien, als er den verzweifelten Versuch machte, sich aufzurichten. Nun fiel sein Kopf kraftlos auf das Kissen zurück.
    »Aber ich war's nicht. Trotzdem, ich war's nicht …«
    »Ach nein?«
    »Ich war's nicht.«
    »Wer dann?«
    »Ich nicht!« rief Ladowsky erstickt und drückte den Kopf in sein Kissen, als könne er sich verkriechen: »Der andere, es war der andere …«
    * * *
    Halb fünf. Und draußen wölbte sich ein fantastisch blauer Nachmittag über der Stadt. Isabella stand vor ihrem Kleiderschrank und überlegte. Sie stand schon einige Zeit hier. Zuvor hatte sie sich im Bad die Haare gefönt und die Lider nachgezogen. Wieso? Weil ein alter Strafverteidiger auf die Idee gekommen war, sie zum Kaffee einzuladen, weil er dazu noch mit ihr zusammenarbeiten wollte? – Oder weil er sich erinnerte, welches Kleid sie getragen hatte, als sie ihm vor einem halben Jahr für zwanzig Minuten begegnet war …?
    Sie wählte ein dunkelblaues enges Jerseykleid mit weißem, keuschem Krägelchen und weißen, keuschen Manschetten, eine Art Internatsaufmachung, nur daß das Ding an der Rückseite mit einem verwegenen Schlitz versehen war, der eine ganze Menge Bein freigab. Und dazu die Pumps.
    Zum ›Toronto‹ nahm sie ein Taxi. Es lag in der Innenstadt, in einem dieser neuen Chrom- und Glaspaläste am Goetheplatz; sie hatte von dem Tea-Room gehört, besser, sie hatte in den Klatschseiten seinen Namen gelesen – sie selbst war nie dort gewesen.
    Langsam stieg sie die breite Treppe hoch und ließ ihren Blick durch den glasgefaßten Raum wandern: ziemlich schick, verdammt schick sogar und fraglos teuer … Die Köpfe, die aus all den modernistischen Ledersesseln ragten, waren meist grau, weiß oder blaugetönt; es gab auch die üblichen Nachwuchsleistungsträger mit den an den Ohren festgeschraubten Handys.
    »Darf ich Ihnen einen Platz zeigen?« fragte ein hübsches, dunkelhaariges Mädchen in langer weißer Sommelierschürze und grüner Weste.
    »Danke. Ich werde erwartet.«
    Das stimmte zwar – nur, wo steckte dieser Reuter?
    Hinter der gewaltigen Kuchenvitrine, rechts am Fenster erhob sich ein Mann und kam auf sie zu. Schon im Palmengarten, als Richards Vetter Jürgen sie zusammengebracht hatte, fand Isabella die Art bemerkenswert, wie der Strafverteidiger und Rechtsprofessor Reuter mit dem Rest seiner weißen Haare umging. Von dem großen, geschwungenen, mit Sommersprossen betupften und braungebrannten Schädel hingen damals weiße, gefönte Locken bis zu den Schultern herab; heute waren sie zu einem koketten Zöpfchen zusammengebunden … und so kam er – bezopft, schwarze Habichtsaugen unter schwarzen Brauen, Raubvogelnase, lachender Mund, den Kragen offen, an den Beinen Golfhosen, dazu ein burgunderfarbener Pulli und ein weißes Hemd mit offenem Kragen – so kam er vorbei an den Tischen der Krawattenträger, nichts ausstrahlend als fröhliche, unerschütterliche Selbstsicherheit.
    »Da sind Sie ja!«
    Ja, da war sie und ließ sich von ihm die Hand küssen. Auch das gehörte zum Repertoire, aber ohne Zweifel: Der Mann war eine Wucht.
    Er führte sie zu seinem Tisch. Ein Teller mit Kuchenresten, eine Tasse Kaffee und Mineralwasser standen darauf.
    »Hören Sie, die Petits fours des ›Toronto‹ sind weltberühmt. Das ist kein Jux, nein, das ist mein völliger Ernst. Ich wurde sogar in New York schon darauf angesprochen. Also, ich bestelle Ihnen den Wagen …«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ist das der erste Korb?«
    »Tut mir leid.« Sie wandte den Kopf zur Bedienung: »Einen Kaffee bitte und auch ein Mineral. – Tut mir wirklich leid, Professor, aber vielleicht liegt's an der Kindheit – meine Tanten haben mich damit totgeschaufelt. Ich hab' nichts übrig für Süßigkeiten.«
    »Vielleicht

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