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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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wolltet Ihr sie verschlingen. Und bemühet Euch ebenfalls, das Feuer in Euern Blicken zu mäßigen. Eine ehrbare Dame ist keine Hausmagd, welche sich nach einem verliebten Blick schon hinlegt. Lasset ihr um Himmels willen Zeit für ihre Entscheidung!«
    Daß Madame des Tourelles mit meiner zugleich leidenschaftlichen als auch respektvollen Aufführung zufrieden war, glaube ich wohl sagen zu können, denn sie machte mir tausend artige Komplimente, unter welche sie gar viele geschickte Fragen mischte, die sie in einem so lebhaften, nachdrücklichen und doch gleichzeitig so einschmeichelnden und verführerischen Ton hervorbrachte, daß ich soviel liebenswürdigem Nachdruck nicht widerstehen konnte und ihr innerhalb von fünf Minuten fast alles über mich berichtet hatte.
    »Monsieur!« sprach sie dann, »habt die Güte, mir bis zu meiner Kutsche Eure Hand zu reichen. Die Bohle meines Stallknechtes ist so schmal, daß ich fürchte, auf das schmutzige Pflaster zu gleiten!
Ich könnte vergehen!
Monsieur, Eure Hand, ich bitt Euch!«
    »Madame«, erwiderte ich, »sie gehört Euch ebenso wie mein Arm und mein Degen!«
    »Hoho! Monsieur!« sprach sie, hinter ihrem Fächer lächelnd, »wie galant ist man doch in Euerm Périgord! Euer Degen! so hochgespannt sind meine Absichten nicht!«
    »Madame«, entgegnete ich ungezwungenen Tones, nicht willens, hinter ihrer Keckheit zurückzustehen, »und doch ist dem so, verfügt über mich, ich bin ganz der Eure.«
    »Monsieur de Siorac«, sprach sie mit einem verführerischen Blick, welcher mir völlige Macht über sie zu versprechen schien. Doch ist dies nicht gerade der wunde Punkt, lieber Leser? Denn soviel ein Blick versteckt oder auch unversteckt bedeuten mag, man kann es hinterher stets in Abrede stellen. »Monsieur de Siorac«, sprach sie also und brach ihre Rede ab.
    »Madame«, sagte ich, an ihren kirschroten Lippen hängend, »fahret nur fort, ich bin ganz Ohr.«
    »Monsieur, würdet Ihr mich wohl in meiner Kutsche ein Stück Weges begleiten?«
    »Gewiß, Madame«, entgegnete ich mit einer Verbeugung, »ich stehe zu Eurer Verfügung bis zum Ende Eures Weges und – so Ihr es wünschet – bis zum Ende der bekannten als auch unbekannten Welt.«
    »Mein Herr«, sprach sie lachend, »Ihr habt eine gewandte Zunge. Und so Eure Kraft Eurer ergötzlichen Art nicht nachstehet, werden wir sicherlich für einige Zeit gute Freunde. Doch habt die Güte und steiget ein!«
    Mit welch bewegten Gefühlen fand ich mich an der Seite dieser hohen Dame, auf dem Eckchen der weichgepolsterten Bank, das ihre riesige Vertugade noch frei ließ, Platz nehmend. Uns gegenüber in dieser gänzlich geschlossenen Kutsche, welche mit blaßgrünem Satin ausgeschlagen, saßen Corinne und der Page.
    »Corinne«, sprach sie, sobald sich die Kutsche in Bewegung gesetzt, »zieh den Vorhang zu. Und auch du, Nicotin. – Monsieur«, wandte sie sich an mich, »ich halt’s nicht mehr aus!
Ich könnte vergehen!
Küsset mich, ich bitt Euch.«
    Oh! wie mußte ich Arme und Leib verdrehen, recken und strecken, um über dem riesigen steifen Rocke die sich mir bietenden Lippen zu erreichen, so weich und so süß, daß sie alle papistischen Heiligen, an welche die Schöne glaubte, in die Verdammnis hätten locken können. Seit ich Mespech verlassen, war ich nicht mehr eines solchen Festmahles teilhaftig geworden, und der Sperrigkeit ihres Reifrockes nicht achtend, ließ ich meinen Gefühlen freien Lauf.
    »Monsieur«, sprach da Madame des Tourelles, indes sie sich von mir löste, »gemach, gemach! ich bitt Euch. Ihr geht zu Werke, als wolltet Ihr mich verschlingen!«
    Worauf Corinne, welche sich nichts von dem Schauspiel,das wir im bläulichen Halbdunkel der Kutsche vollführten, hatte entgehen lassen, aus vollem Halse zu lachen begann, dabei den Pagen loslassend, den sie gehörig gekitzelt und geneckt, denn sie war ein kräftiges Frauenzimmer und der Jüngling so zart und unbärtig, daß man ihn für eine verkleidete Maid halten konnte. Beim Anblick ihrer Neckereien mußte ich an die kleine Hélix denken, und ich zweifelte nicht, daß die Kammerjungfer und vielleicht auch die Herrin alltäglich gar erbauliche Händel mit dem hübschen Lakaien trieben.
    Nachdem auch Madame des Tourelles über die eigenen Worte gelacht (und ich wette, daß sie sich damit noch selbigen Tages vor ihren Freundinnen rühmte), ging sie ungesäumt wieder ans Werk, wobei ich diesmal genüglich sanft war, sie zufriedenzustellen; was sie verursachte,

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