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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Baronin von Tourelles will Euch ermorden lassen.«
    »Was!« erwiderte ich, auf die Rue de la Ferronnerie hinaustretend, »sind die Weiber zu Paris so rachsüchtig?«
    »Nicht nur zu Paris, im ganzen Königreich, Siorac!« sprach l’Etoile bitter. »Es ist in der Welt kein heimtückischeres Wesen denn das Weib und kein geileres Tier als der Mann.«
    »Hoho!« rief ich, »vermögt Ihr das zu beweisen?«
    »Tausend- und aber tausendmal«, antwortete l’Etoile, mit dem Kopf nickend. »Höret die folgende Begebenheit: Monsieur de Neuville, Rat am königlichen Gerichtshof zu Paris, noch jung an Jahren, leichtfertig, von geringem Wissen und noch geringerer Weisheit, mit so wenig Verstand, daß er kein Feuer im Kamin zu entzünden vermag, prahlt in seiner Einfalt überall mit der Größe seines Zeugungsgliedes. Als er nun bemerkt, daß gegenüber seinem Logis, in der recht engen Gasse, eine schöne Kaufmannsfrau sich oft am Fenster zeigt, verfällt er auf den Gedanken, sich nackend an das seine zu stellen und mit seiner männlichen Zierde zu protzen, worauf das Frauenzimmer, nachdem sie sich reichlich satt gesehen, zu ihrem Ehemann beschwerenläuft, selbiger schießt sogleich aus einem verdeckten Winkel des Zimmers einen Kugelschnäpper auf den Galan ab, und das edle Ziel wird so beschädigt und verletzt, daß unser Gerichtsrat nun das Bett hüten muß. Dies geschah, Siorac, am gestrigen Tag in ebendieser Straße, welche wir alljetzt entlanggehen.«
    »Ei, wie kommt es nur«, sprach ich lachend, »daß Ihr all diese Dinge wisset?«
    »Da ich als einer gelte, der alles weiß«, antwortete l’Etoile, »geschieht nichts zu Paris, ohne daß nicht gleich jemand angelaufen kommt, es mir zu vermelden und mich herausfordernd zu fragen, ob ich es schon wisse.«
    Indes wir uns der Kirche Saint-Eustache näherten, gewahrte ich, daß viel Volk aus den umliegenden Straßen herbeiströmte.
    »Ist dieser Maillard«, fragte ich, »denn so gelehrt?«
    »Keineswegs. Er ist nur einer unter Tausenden von Pfaffen und Mönchen, welche die Meinung der Pariser formen.«
    »Tausende?« fragte ich erstaunt, »sind es wirklich so viele?«
    »Oh, Siorac«, erwiderte l’Etoile mit gesenkter Stimme, »es wimmelt nur so davon! Mindestens zehn gibt es in jeder Straße, und die Zahl der Straßen beträgt vierhundertdreizehn. Siorac, hütet Euch, in der Kirche zu lächeln oder gar zu lachen ob der Ungereimtheiten, die dieser Maillard von sich geben wird – seine Gläubigen würden Euch in Stücke reißen!«
    »Ihr könnt auf mich vertrauen«, sagte ich, »ich werde ganz verteufelt fromm und demütig dreinschauen.«
    Oh, Leser, welch ein Anblick, als der Pfarrer Maillard auf der Kanzel erschien! Welch gemeines, brutales Gesicht zeigte er seinen Schafen! Die Nase dick und gleichsam lüstern, der Mund breit und blutrot, die Augen flammend, die Brauen buschig, die Haut rot und voller Pusteln, dazu Hände wie ein Metzger, eher geeignet, ein Messer zu führen, als die Absolution zu erteilen.
    »Heute«, so hub er an mit gesenkten Augen und dumpfer, tiefer Stimme, welche sich in seiner Predigt unversehens zur Stärke des Donners steigern konnte, »werde ich von den Weibern und den Ketzern sprechen.«
    Nach welchen Worten er verstummte und zu beten schien, und wiewohl eine gar große Menge Volkes in der Kirche versammelt war, trat eine Stille ein, daß man ein leises Nonnenfürzchen hätte hören können.
    »O ihr Weiber! O ihr Jungfern!« rief der Pfarrer Maillard aus, mit seinen Fäusten auf die Kanzel hämmernd, »ihr, deren Leben nur Eitelkeit und Unzüchtigkeit ist, hütet euch! Ihr, die ihr nichts anderes vermöget, als die Mannsbilder in Versuchung zu führen! Die ihr euch das Angesicht bemalt, den Buhlen anzulocken! Die ihr euch schöne Perücken und falsches Haar antut, deren Blond euch in die perlengeschmückte Stirn wallt! Oh, ihr Weiber, was tut ihr? Der Herrgott hat euch ein Angesicht gegeben, ihr aber macht ein anderes daraus! Der Herrgott hat euch einen Leib gegeben, ihr aber verändert seine Form! Mit Schnürleibern hebt ihr euern Busen und gebt ihm eine verlockendere Rundung! Mit Reifröcken bauscht ihr eure Hüften auf! Mit falschen Steißen wölbt ihr eure Hintern aus! Ihr lauft auf hohen Hacken umher, tut schön, liebäugelt und lächelt, wiegt mit den Hüften beim Gehen, so daß allein euer Anblick schon eine schwere Sünde ist!«
    Hierauf schloß Pfarrer Maillard die Augen und schien stumm zu beten, indes die Gläubigen mit angehaltenem

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