Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
und so gerecht die Strafen, welche ihnen dafür in der Hölle mitleidlos auferlegt werden, so sind sie doch nichts im Vergleich zu den abscheulichen und wiederholten Freveltaten, welche die blutrünstigen Anhänger der angeblich reformierten Religion gegen unsere heilige Mutter Kirche, gegen die gebenedeite Jungfrau und Gottesmutter, gegen alle unsere Heiligen, ja gegen Gott selbst begehen. O meine Brüder! Seit einem Monat strömen die verruchten Hugenotten zu Hunderten und aber Hunderten in die Stadt Paris, kichernd und spottend wie die Teufel unter einem ehebrecherischen Bett, um an dieser schändlichen Hochzeit teilzunehmen, welche eine hehre katholische Prinzessin, die Schwester unseres Königs, mit einem Reformierten, mit dem falschen und verschlagenen Fuchs von Navarra verbinden soll. O Himmel! Wie kann man nur Feuer und Wasser in einer widernatürlichen und schandbaren Verbindung vereinen wollen! Wird sich in diesem Königreiche ein abtrünniger Bischof finden, diesen Bund zu segnen, obgleich sich unser Heiliger Vater, der Papst, mit ganzer Kraft dagegen wendet? Wenn aber das Unglück es will, daß dieser schändliche Bund trotz des päpstlichen Widerstandes geschlossen wird, dann wird dies das Werk desselben Satans sein, welcher dem unseligen Anführer der Hugenotten Gehör bei unserem armen König verschafft hat, der nun von diesem heimtückischen und verderblichen Ratgeber gedrängt wird, die hugenottischen Geusen von Flandern gegen die Armeen Seiner Katholischen Majestät König Philipps II. von Spanien zu unterstützen, welcherheute in der ganzen Christenheit der sicherste Schutzwall unseres römisch-katholischen Glaubens ist. O meine Brüder! Wollen wir noch länger dulden, daß wir in unserem Paris von diesen unerwünschten Gästen vergiftet werden, welche die Stadt überziehen wie Maden das faule Fleisch und sich in eure Häuser einschleichen, euern Glauben zu verderben und – so ihnen das nicht gelingt – euch mit Leib und Seele zu vernichten? O meine Brüder! Wie unheilvoll wäre es für euch, wenn ihr dieses Gift, anstatt es auszuspeien, um Erleichterung und Heilung zu erlangen, im Magen behalten müßtet, so daß es euch auch noch die Leber zerfräße! Glaubet mir, es braucht nur ein wenig Beherztheit und Mut, euch für immer von diesem stinkenden Ungeziefer zu befreien und endlich das heilige Werk der Austilgung zu vollziehen, welches der Heilige Vater euch anempfiehlt und das euch, euern Weibern, Kindern und Kindeskindern Ruhe und Frieden bringen wird. O meine vielgeliebten Brüder! Wenn ihr an diesem guten Werk teilnehmt, indem ihr das heiligste aller Schwerter ergreift, dieses verruchte Ketzertum samt seinen menschlichen Wurzeln auszurotten, dann – so verkünde ich euch im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes – wird euch der Platz im Himmelreich sicher sein und werdet ihr ohne den Umweg über das Fegefeuer sogleich ins Paradies eingehen, denn das Blut eines einzigen Ketzers – höret wohl: eines einzigen – wäscht alle Sünden von euch ab, die ihr begangen habt. Ja, meine vielgeliebten Brüder, es ist die Wahrheit: selbst wenn ihr bis jetzt, da ich zu euch spreche, alle Arten von Sünden, Vergehen, Unzüchtigkeiten und Grausamkeiten verübt oder gar Vater, Mutter, Bruder und Schwester erschlagen hättet – all diese Sünden würden euch vergeben, sobald ihr nur euern Arm bewaffnet, Gott an diesen Übeltätern zu rächen und die heilige römisch-katholisch-apostolische Kirche vor den stinkenden Ketzern zu retten, welche selbige zu vernichten suchen.«
Nachdem er diese schrecklichen Worte mit Donnerstimme herausgeschrien hatte, verstummte er abermals und hub nach einer Weile mit unversehens sanfter und schmeichelnder Stimme an:
»Euch allen, meine Brüder, die ihr hier versammelt seid, wünsche ich diese Gnade aus dem tiefsten Grunde meines väterlichen Herzens, und so fordere ich euch auf, inständig zuGott zu beten, daß es ihm in seiner Barmherzigkeit gefallen möge, euch beizustehen in dem vermeldten gerechten und löblichen Unterfangen. Meine Brüder, geeint in dem erbaulichen und tröstlichen Gedanken an die nahe Austilgung des Ketzertums in diesem Königreich
ad maximam Dei gloriam
1 , fordere ich euch auf, mit mir ein
Pater
und ein
Ave
zu beten.«
»Um des Himmels willen«, flüsterte mir l’Etoile ins Ohr, »höret auf zu zittern und zu zucken wie ein Ganter, dem der Kopf abgeschlagen ward! Betet, ich bitte Euch, betet mit lauter Stimme! Jeder wird hier
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