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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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steigt sein Preis.«
    »Meister Recroche«, sprach ich darauf, »zehn Sols für meine vier Reitpferde und das Packpferd. Dazu noch vier Sols für das Wasser, das sie saufen, macht also vierzehn Sols am Tage für meinen Reitstall. Das ist ganz übermäßig viel!«
    »Mein gnädiger Herr«, entgegnete Meister Recroche, sich dabei ein zweites Mal so tief verbeugend, daß seine Spinnenarme den Boden berührten, »so übermäßig viel, wie es scheint, ist es gar nicht. Verkaufet Ihr einem Goldschmied nur eine einzige der Perlen, welche Euer so prächtiges Wams zieren, dann wäre das Geld genug, Eure Rösser ein ganzes Jahr bei mir füttern zu lassen.«
    »Ha, Meister Recroche!« sprach ich, »jetzt verstehe ich Euch! Ihr berechnet Euern Preis nach den Perlen und nichtnach dem Heu. Aber seis drum! Streiten wir nicht weiter. Ihr sollt Eure vierzehn Sols haben.«
    »Dürfte ich mich trotzdem erkühnen, allergnädigster Herr«, sagte darauf Recroche mit einer dritten Verbeugung (die häufigen Verbeugungen waren wohl die Ursache für die buckelartige Auswölbung seines Rückens zwischen den Schultern), »Euch einen Ratschlag zu geben?«
    »Erkühnet Euch zu geben, Meister Recroche. Ich höre.«
    »Da Ihr keine Kutsche besitzet, zum Hofe zu fahren, sondern zu Fuß geht, bringen Euch diese Perlen da in Gefahr, bestohlen zu werden. Ihr solltet sie zu einem guten Preis an einen Goldschmied verkaufen, den ich wohl kenne, und durch falsche ersetzen, welche so trefflich nachgebildet sind, daß ein jeder sie für echt hält.«
    »Aber dann werden doch auch die Diebe sie für echt halten und mir abzwacken wollen.«
    »O nein!« sprach Meister Recroche, »so leicht läßt sich das Gaunervolk nicht täuschen!«
    Worauf ich lachend Meister Recroche versicherte, ich würde in aller Muße über seinen Ratschlag nachdenken; in meinem Sinn jedoch mutmaßte ich, daß der Goldschmied, an welchen ich meine Perlen verkaufen sollte, ihn gewißlich mehr oder weniger an diesem Geschäfte beteiligen würde. ›Potz Blitz!‹, dachte ich, ihm nachsehend, wie er sich entfernte, ›Alizon hat recht. Dieser Geizkragen schindet noch die Laus um den Balg und versucht, aus allem Geld zu pressen, und wenn’s ein Pflasterstein wär.‹
    Alizon, welche ich den nächsten Morgen wieder heiter und frisch, wenn auch mit roten Augen wegen der zu kurzen Nacht, in der Werkstatt über ihrer Arbeit sitzen sah, fragte mich, ob es mich noch verdrieße, daß Madame des Tourelles mich sitzengelassen, und machte mir gar artige Komplimente ob meines Wamses, was ihr am Abend zuvor nicht in den Sinn gekommen vor Freude, mich so zeitig zurückkehren zu sehen. Dabei setzte meine kleine Teufelswespe errötend hinzu, daß ich eigentlich nicht nur ein so prächtiges Wams, sondern ihrer dreißig brauchte, denn die Elegants vom Hofe rechneten es sich zur Ehre an, jeden Tag ein anderes zu tragen.
    »Nun, Alizon«, sprach ich darauf, »was die besagte Dame anbetrifft: ich fasse wenig Zuneigung, wenn es an Zärtlichkeitfehlt. Diese Erzkoketten sind wie die Schildkröten: man findet nirgends eine Stelle zum Kosen, und wenn man in seiner Verzweiflung darauf verfällt, sie auf den Rücken zu drehen, ist auch da nur harter Panzer und nichts, was der Hand angenehm wäre und das Herz erfreute.«
    Worüber Alizon glucksend lachte und mir viel Glück wünschte bei meinem Gang zum Louvre. Doch eingedenk dessen, was mir Fogacer gesagt, machte ich mich mit nur geringer Hoffnung auf den Weg, daß der König mich empfinge, nachdem Anjou mir seine Gunst und Gnade erwiesen. Und in der Tat, als ich Monsieur de Nançay (welchen ich im
Ballhaus zu den fünf Jungfern
fand, allwo er den Bankert von Angoulême zu einer Partie erwartete) meine Absicht kundgetan, antwortete er mir sogleich, daß gegenwärtig nicht an einen Empfang beim König zu denken sei, denn selbiger habe vernommen, daß ich mich trotz meines hugenottischen Glaubens mit seinem Bruder eingelassen hätte; und wenn ich diesem so zugetan sei, dann möge ich ihm nach Polen folgen, wenn der Herzog dort zum König gewählt würde, was der Herrgott – Gottsblitz – bald geschehen lassen möge.
    »Monsieur de Nançay«, sprach ich, »habt Ihr dem König auch berichtet, daß alles nur ein Werk des Zufalls war und ohne meinen Willen aus einem nichtigen Streit mit Monsieur de Quéribus erwuchs?«
    »Gewiß! Doch in seinem Zorn verschließt sich der König wie eine Muschel und will nichts hören.«
    »Dann bleibt mir wohl nichts anderes«, sprach

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