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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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führte, blieb dann unversehens stehen, kreuzte die Arme und sah mich mit einem verständnisvollen und vergnügten Lächeln an.
    »Mi fili«
, sprach er, »wenn es zutrifft, daß
amare est gaudere felicitate alterius
1 , dann liebe ich Euch gar sehr, denn es erfreut mich höchstlich, Euch Glück vermelden zu können.«
    »Oh!« erwiderte ich, »wenn Ihr mich glücklich machen könnt – nur zu und nicht gezögert! Ein wenig Glück kann ich wohl brauchen, denn seit meiner Ankunft in Paris begegnete mir nur Unheil und Ärgernis. Nirgends habe ich Glück, nicht einmal bei den Weibern!«
    »Siorac«, fuhr Fogacer fort, wobei er sich der Bedeutung seiner Neuigkeit bewußt zu sein schien, »erinnert Ihr Euch jenes Richters zu Montpellier, der mein Freund war und dank welchem ich Euch warnen konnte, als das Gericht Euch in den Kerker sperren wollte?«
    »Sehr wohl. Und ich bin ihm ebenso dankbar wie Euch.«
    »Ihr werdet dazu erneute Gelegenheit haben. Dieser Freund aus Montpellier, welcher die Stadt zur gleichen Zeit wie ich verließ, wohnet gegenwärtig in der Hauptstadt, und wiewohl er sein altes Amt und Geschäft aufgegeben, ist er wohlbekannt mit einem hiesigen Richter.
Asinus asinum fricat
2 , sofern man hier von ›Eseln‹ sprechen darf, denn beide sind hochgelehrt.«
    »Moussu«, rief da Miroul, welcher unbekümmert in die Werkstatt trat und Fogacer gar nicht wahrnahm, »soll ich Euer Roß satteln, oder gehen wir wieder zu Fuß?«
    »Sattle es, Miroul!« sprach Fogacer zu ihm mit einer weitausholenden Bewegung seiner langen Arme, »und auch das deine, und lege ihnen Flügel an, wie Pegasus sie hatte, damit Ihr eilen könnt wie der Wind! Ihr werdet bald Gelegenheit dazu haben.«
    »Und dieser Richter?« sprach ich, ganz erstaunt, daß Fogacer an meiner Statt meinem Diener Befehle gab; Miroul rührte sich im übrigen nicht von der Stelle, sondern stand mit weit aufgerissenen Augen wie angenagelt da.
    »Dieser Richter hat sein Urteil gesprochen in einem Rechtsstreit um eine Mühle, welches Urteil zugunsten des Beklagten, eines gewissen Edelmannes, ausgefallen ist, doch zum Teufel, ich kann mich seines Namens nicht erinnern! Helft meinem Gedächtnis etwas nach, Siorac, ich bitt Euch!«
    »Wie soll ich das können?«
    »Aber Ihr müßt doch von dieser Mühle gehört haben, welche in einem Flecken nördlich von Paris gelegen und sehr berühmt ist wegen ihres guten Mehles und der goldbraunen Brote, die man daraus bäckt und dann in der Hauptstadt verkauft. Doch zum Teufel, ich kann mich des Namens dieses Fleckens nicht erinnern!«
    »Ihr wollt mich foppen, Fogacer!« erwiderte ich, verdrossen, daß er mich von neuem hinhielt. »Was habe ich mit dieser Mühle zu schaffen?«
    »Sehr viel! Denn jener Edelmann, von dem ich spreche und welcher – so ich mich nicht irre – ein Schloß in den südlichen Provinzen des Königreiches besitzet, hatte die Mühle von einem seiner Vettern geerbt, welche Erbschaft der Sohn des besagten Vetters gar heftig anfocht, was zu dem nicht enden wollenden Rechtsstreit und schließlich zu dessen glücklichem Ausgang für Euern Freund führte.«
    »Mein Freund! Was für ein Freund? Sapperment, Fogacer, Ihr macht mich wütend mit Euren schlechten Scherzen!«
    »Ah!« ließ sich Fogacer vernehmen, »langsam kommt mir die Erinnerung wieder: der Flecken, allwo jene Mühle ihre hübschen Flügel dreht, welche etwas mit denen zu tun haben, die Eure schönsten Erwartungen tragen, nennt sich Gonesse.«
    »Gonesse?« wiederholte ich, »Gonesse? Diesen Namen kenne ich doch!«
    »Moussu«, sprach da Miroul, »ist dies nicht jene Mühle, von welcher Ihr mir erzähltet, daß man sie Monsieur de Montcalm streitig mache?«
    »Montcalm!« schrie ich aufgeregt. »Fogacer! Ihr wißt, wo er Quartier genommen zu Paris, und sagt es nicht!«
    »Ich wußte es«, erwiderte Fogacer, seine mephistophelischen Augenbrauen hochziehend, »doch jetzt habe ich den Namen der Straße vergessen. Mein Gedächtnis ist nicht mehr, wie es früher war!«
    »Ha, Fogacer!« rief ich, ihn an der Schulter packend, »Ihr wollt mich foppen! Sprecht, heiliger Himmel! Sprecht!«
    »Sapperment!« entgegnete Fogacer, »was für ein Benehmen!« Und indes er lachend meine Handgelenke ergriff, befreite er sich aus meinem Griff mit einer Kraft und Gewandtheit, die ich von ihm nicht erwartet hätte. »Wie undankbar können die Liebenden sein!
Ingratis servire nefas!
1 «
    »Das Quartier, Fogacer, das Quartier!«
    »Wie soll ich nur, undankbarer

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