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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ließ, denn sein plötzlicher Wandel schien mir nichts Gutes zu verheißen. Und in der Tat erschien nach einem kleinen Weilchen Herr von Montcalm zwar mit einem Lächeln auf den Lippen, doch mit recht kühlem Blick. Er schien in Eile, und ohne Anstalten, sich setzen zu wollen, sprach er zu mir, der ich mich erhoben hatte:
    »Oh, Monsieur de Siorac! Wie freut es mich, Euch zu sehen! (Aber potz Blitz, wie wenig war davon zu merken!) Ich habe nicht vergessen, welch großen Dank ich Euch schulde (doch niemals wurde Dank mit weniger Gefälligkeit gezollt), und kämet Ihr nicht just im Augenblicke meines Aufbruchs, nachdem ich meinen Rechtshandel glücklich gewonnen, dann hätte ich Euch gern bei mir zu Tische gesehen und Euch mehr Zeit gewidmet, als mir jetzt möglich ist.«
    »Herr Graf«, erwiderte ich, »ich wäre untröstlich, würde ich Eure Abreise verzögern. Doch da ich durch günstigen Zufall erfuhr, wo Ihr Quartier genommen, wollte ich nicht verabsäumen, Euch meine Aufwartung zu machen, da auch ich seit Beginn des Monats zu Paris weile, die Gnade des Königs zu erwirken.«
    »Ich habe es von Nançay erfahren, als ich das erstemal in den Louvre kam«, sprach Herr von Montcalm, »und ich wünsche aufrichtig, daß Euer Beginnen einen glücklichen Ausgang nehmen möge.«
    ›Ha!‹ dachte ich, ›dieser
aufrichtige Wunsch
scheint indes nicht so weit zu gehen, daß der Herr Graf sich nach dem Quartier desjenigen erkundigt hätte, welcher ihn vor fünf Jahren aus der Hand der Strauchritter im Wald von Barbentane gerettet und ihn so vor dem Tode (und sein Weib nebst Tochter vor der Entehrung) bewahrt hatte.‹ Diese bitteren Gedanken ließen mir kein Wort von den Lippen kommen, und so betrachtete ich Monsieur de Montcalm schweigend; auch er schien einige Verlegenheit zu verspüren, denn sein beeindruckendes Äußeres, an dem insbesondere sein hoher Wuchs, seine dichten Brauen, sein waches Auge und sein ernstes Gesicht auffielen, konnte eine gewisse innere Unsicherheit nicht überdecken, welche augenscheinlich dadurch genähret ward, daß sein Gewissen ihn zwickte und stach, weil er den Dank, den er mir zu schulden laut verkündete, so schlecht lohnte. Und da er sich also nicht entschließen konnte, mich hinauszukomplimentieren – sosehr er dies wünschte –, und ich meinerseits mich nicht verabschiedete, weil ich seine Tochter sehen wollte – was er verständlicherweise zu verhindern suchte, da er unsere Heiratspläne nicht billigte –, standen wir uns stumm und höflich gegenüber, ein jeder zögernd, das entscheidende Wort zu sprechen. Und ich weiß nicht, wie lange wir dergestalt noch verharret hätten, wäre nicht plötzlich ein vornehm gekleideter Edelmann, von recht trefflichem Aussehen trotz seiner Leibesfülle, in das Gemach getreten.
    »Mein Herr Vater«, sprach er, »es ist Zeit. Madame de Montcalm und Angelina erwarten Euch bereits in der Kutsche.«
    »Monsieur de Siorac«, sprach da Herr von Montcalm, die Gelegenheit beim Schopfe packend, »dieser Edelmann ist Monsieur de la Condomine, welcher uns nach Barbentane begleitet, wo er meine Tochter heiraten wird.«
    Diese entsetzliche Kunde, so gelassen verkündet, verschlug mir die Sprache, und ich fühlte alles Blut aus meinem Antlitz weichen; stumm verbeugte ich mich vor Herrn de la Condomine, viel tiefer, als die Höflichkeit gebot, was zumindest den Vorteil hatte, mir wieder etwas Blut ins Angesicht zu bringen.
    »Monsieur«, brachte ich schließlich hervor, indes ich meiner Stimme Festigkeit zu geben suchte, »Euer ergebenster Diener.«
    Worauf Herr de la Condomine, welcher den Eindruck eines eitlen Laffen machte und vielleicht wußte, wie es um Angelina und mich stand, mit keiner Silbe antwortete, sondern nur stumm grüßte. So entschied ich mich, alles auf eine Karte zu setzen, denn ich sah wohl, daß man mich unverrichteterdinge wieder abziehen lassen wollte, und sprach, Herrn von Montcalm ins Auge blickend und in jedes meiner Worte eine solch übertriebene Höflichkeit legend, daß es fast wie eine Herausforderung klang:
    »Herr Graf, ich wäre Euch unendlich verbunden, wenn Ihr mir erlaubtet, vor Eurer Abreise Madame de Montcalm und Eurer Tochter meine Aufwartung zu machen.«
    Herrn von Montcalm, welcher von cholerischer Wesensart war, stieg die Zornesröte ins Gesicht, als ich ihm solcherart das Messer auf die Brust setzte, denn er konnte anständigerweise dem Manne, welcher ihm das Leben gerettet, nicht die Höflichkeit eines Abschiedsgrußes

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