Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
er mit Euch nur gewinnen könne, die Partie als auch die zweihundert Dukaten, welche der Herzog von Guise und Téligny gesetzt. Laßt uns eilen, mein Freund, der König ist schon ungeduldig wie ein Teufel im Weihwasserkessel!«
Er war es in der Tat, denn sein Rakett schwenkend und unruhig auf der Stelle hüpfend, erwiderte er kaum meine tiefe, ehrerbietige Verbeugung, so sehr drängte es ihn, mich im Hemd neben sich auf dem Spielfeld zu sehen. Noch niemals hatte ich mein Wams so schnell abgelegt wie an jenem Tage, wobei mir Delay behilflich war und dann mein Kleidungsstück und meinen Säckel mit zur Galerie nahm.
»Vorwärts, laßt uns spielen!« sprach Karl IX. grimmig, »ich will sie beide in den Sack stecken, daß ihnen Hören und Sehen vergeht! Wie heißt du?«
»Pierre de Siorac, Sire. Ich bin der zweitgeborene Sohn des Barons von Mespech aus dem Périgord.«
»Siorac«, hub der König wieder an, in dessen Aufführung nichts von der großen Höflichkeit und Verbindlichkeit des Herzogs von Anjou zu spüren war und der mich sogleich duzte, »schlägst du gut mit verkehrter Hand?«
»Sire, man sagt es mir nach.«
»Dann spiele deine verkehrte Hand auf Téligny, welcher recht schwach ist.«
Was ich auch tat auf sein wiederholtes Geheiß, mit voller Kraft und ohne Unterlaß – welche Hartnäckigkeit ich ansonsten als unhöflich empfunden hätte –, so daß der Sieg in der ersten Partie an uns ging, ohne daß unsere Gegner ein einziges Spiel gewonnen hätten, denn Téligny kam nicht gegen meine verkehrte Hand an, und auch der Herzog spielte minder gut als gewöhnlich: bald schien er in Gedanken verloren, bald musterte er die Umgebung, wobei sein Auge zuweilen verstohlen auf Coligny haftenblieb, als beobachte er dessen Verweilen mit Ungeduld. Doch der Admiral saß auf der Galerie, ruhig und besonnen wie immer, die gelungenen Rakettschläge mit artigen Worten bedenkend, was immer er halten mochte von diesem nutzlosen Spiel sowie von allen anderen Spielen und Wettkämpfen, die er seit dem 18ten über sich ergehen lassen mußte; denn der König wollte, solange das Fest dauerte, nur seinem Vergnügen leben und während dieser Zeit nicht das geringste von den Angelegenheiten des Königreiches, seien sie noch so schwerwiegend, hören.
Als aber der König das Spiel unterbrach, um sein durchnäßtes Hemd zu wechseln (denn es war heiß in diesen Mauern), erhob sich der Admiral, erbat vom König seinen Urlaub und verließ, umgeben von seinen Edelleuten, das Ballhaus (was Guise, wie mich deuchte, mit höchster Erleichterung aufnahm). Während nun ein Bedienter dem König die Haut rieb, trat Delay zu ihm und sprach ohne weitere Umschweife:
»Sire, Monsieur de Siorac erbittet Eure Gnade wegen eines Edelmannes, den er in ehrlichem Duell getötet.«
»Habe ich die Duelle nicht verboten?« fragte der König mit verdrossener Miene, recht ungnädig und scheinbar ungerührt.
»Sire«, sprach ich da, »dieser Hinterhältige hatte mich ineine Falle gelockt und trug ein Kettenhemd unter seinem Wams, als er mich herausforderte.«
»Gottsblitz!« rief der König mit einem Anflug von Anteilnahme auf seinem Gesicht, »und wie hast du es angestellt, ihm den Garaus zu machen?«
»Ich stieß ihm meinen Degen zwei Zoll tief in das rechte Auge.«
»Zwei Zoll!« sprach der König mit einem grausamen Aufblitzen seines Auges, »zwei Zoll! Ein beachtlicher Stoß! Siorac, du sollst meine Gnade haben!«
»Sire«, ließ sich Delay vernehmen, welcher den Wert solcher Versprechen kannte, »wollt Ihr darüber nicht gleich ein Schreiben aufsetzen? Hier ist Schreibzeug, Papier und der Rücken meines Dieners …«
»Du störst mich, Delay«, erwiderte der König, welchem man ein neues Hemd anlegte und der nur darauf bedacht war, weiterzuspielen.
»Sire«, sprach Delay von neuem, nicht im geringsten entmutigt, denn er wußte ebenso wie die Königinmutter, daß eindringliche Hartnäckigkeit den Willen des Königs erweichen konnte. »Sire, Ihr saget selbst: Man muß das Eisen schmieden …«
»Schweig still, Delay!« entgegnete der König, »ich will spielen!«
»Sire«, sprach Delay, »Ihr seid ein zu guter Schmied, um das Eisen nicht zu schlagen, solange es heiß ist.«
»Nun denn«, gab sich der König durch diese Schmeichelei geschlagen, »die Feder, aber schnell!«
Und hastig schrieb er meinen Gnadenbrief auf dem Rücken des Dieners, welchem er gleich danach unversehens einen Tritt in den Hintern versetzte, als wolle er sich für den
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