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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Hugenottenhöhle endlich Leuten zu begegnen, welche sie mit Achtung behandelten, und fragte sogleich Herrn von Mazille, ob Paré die Kugel entfernt habe. Da nun Mazille dies bejahte, ließ sie sich die Kugel zeigen, welche von Kupfer war. Indem sie sie in ihren mit den schönsten Edelsteinen der Welt geschmückten Fingern hin und her wendete (in ihrem Innern vielleicht bedauernd, daß die Kugel nicht das Herz ihres Feindes getroffen), sprach sie mit öliger Stimme:
    »Eine sehr große Kugel! Hat der Admiral arg leiden müssen bei ihrer Entfernung?«
    »Oh, ja!« erwiderte Monsieur de Mazille, »doch er ertrug es, ohne zu klagen und ohne die Sinne zu verlieren.«
    »Daran erkenne ich ihn wohl«, entgegnete Katharina. »Es gibt auf der Welt keinen starkmütigeren Mann als Monsieur de Coligny.«
    Welche Worte Herr von Mazille und ich schweigend anhörten, so sehr verwunderte uns dieses falsche Lob.
    »Ich bin sehr froh«, fuhr Katharina fort, ihre Froschaugen auf uns richtend, ohne uns zu sehen, »daß die Kugel nicht in der Wunde verblieben ist, denn sie hätte vergiftet sein können.«
    Mir stockte der Atem bei diesen unheimlichen Worten, denn Gerüchte hatten die Florentinerin immer wieder mit dem Wort Gift in Zusammenhang gebracht, so bei dem rätselhaften Tod der beiden Brüder Colignys, Odet de Chatillon und d’Andelot, ganz zu schweigen von Jeanne d’Albret, der Königin von Navarra, welche so plötzlich im Louvre hingeschieden, nachdem sie den Heiratskontrakt für Heinrich und Margot unterschrieben, und auch von dem Anschlag auf Coligny selbst vor einigen Jahren, bei dem der Mordbube dem Admiral ein weißes Pulver verabreichen wollte. Monsieur de Mazille, welcher, obgleich Papist, ein ehrlicher und aufrechter Mann war, schien ebenfalls bestürzt und schwieg betroffen, die Augen zu Boden gerichtet, so daß die Königinmutter ohne die Antwort geblieben wäre, welche sie ohne Zweifel erwartete, hätte nicht der Gelbschnabel Cornaton, welcher sich vor Ihrer Majestät dienstfertig zeigen wollte, in seiner kindlichen Arglosigkeit ausgerufen:
    »Nun, Madame, dem haben wir vorgebeugt! Wir haben die Wunde mit einer Salbe eingerieben, das Gift auszutreiben, so die Kugel mit einem solchen eingerieben gewesen sein sollte!«
    Worauf die Königinmutter sich auf die Lippe biß und die schweren Lider wieder über ihre Augen herabsanken. Für seine dumme Schwatzhaftigkeit hätte ich dem unbedarften Cornaton alles Unglück der Welt an den Hals wünschen mögen, weil er nicht begriff, welche Gefahr es für den Admiral bedeutete, wenn man ihn für gerettet hielt: es stand zu befürchten, daß die Urheber des Anschlages ihr mißlungenes Beginnen wiederholen könnten.
    Indes blickte Albert de Gondy (ebenfalls ein Florentiner, von welchem Brantôme gesagt, daß er Karl IX., dem er in jungen Jahren als Gefährte beigegeben war, gänzlich verderbt habe) der Königinmutter ins Auge; besser als jeder andere verstehend(denn er war seit langem ihr Vertrauter), was in ihrem Geiste vor sich ging, sprach er sanften Tones:
    »Ich vermeine, Madame, man sollte den Herrn Admiral in den Louvre bringen, wo ihn der König wenigstens vor dem Volkszorn zu schützen vermag.«
    »Oh, Madame!« sagte sogleich Monsieur de Mazille, der vielleicht nicht begriff, worauf Gondy hinauswollte, oder einfach nur als Arzt sprach, »daran ist nicht zu denken! Es wäre sehr gefährlich, den Admiral alljetzt von hier wegzubewegen und der Ansteckung durch die Luft auszusetzen.«
    Die Königinmutter, welche nicht ohne Unbehagen sah, wie sich das vertrauliche Gespräch zwischen dem König und Coligny hinter dem Bettvorhang in die Länge zog, wollte dazu den Admiral selbst befragen und näherte sich dem Bett, dabei dem Leibschützen bedeutend, daß er den Vorhang weiter heben solle. Als erster hinzutretend, befand ich, daß der Admiral gar nicht so angegriffen aussah, wie man es angesichts seines Alters nach der erlittenen Verwundung und den durch die Operation verursachten Leiden hätte befürchten können. So groß war die Macht seiner starken Seele über den Leib.
    Indes ich der Königinmutter voranging, ihr einen Weg durch die Menge zu bahnen, und mich noch vor ihr dem Bett näherte, vernahm ich, wie der Admiral den König vor den »unheilvollen Absichten gewisser Personen« (er meinte die Guisen) gegen seine Krone warnte. Als er die Königinmutter nahen sah, brach er seine Rede sogleich ab, wohl wissend, daß Katharina nicht gedächte, ihren Sohn gegen diese Seite

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