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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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um uns bildeten, welcher einen zweiten Angriff erschwerte.
    »Herr Medicus«, flüsterte Giacomi, »entledigt Euch des Spießes, welcher zu beschwerlich ist. Ladet vielmehr Eure Pistole wieder. Sie wird Euch bessere Dienste leisten, sollte dieses Lumpenpack sich erneut heranwagen.«
    Ich tat, wie er geraten, und gedachte dabei, mit den Spießgesellen Sprache zu halten, was uns doch wenigstens Zeit gewinnen ließ, selbst wenn es sonst keinen Vorteil brachte.
    »Ihr Gesellen«, rief ich auf Okzitanisch, wie man es zu Montpellier spricht, »wäre es nicht besser, sich gütlich zu einigen? Was begehrt ihr? Meinen Beutel? Oder mein Herzblut?«
    »Nachdem wir gesehen, daß Ihr Eure Freunde zum Festschmaus in die
Drei Könige
geladen, stand uns der Sinn nur nach dem ersteren«, rief ein kräftiger, auch ziemlich feister Bandit mit einer schwarzen Augenklappe, »doch nun wollen wir auch das zweite. Ihr habt zu viele der Unseren niedergemacht!«
    »Ha, ihr guten Leute!« rief ich, »wir taten solches nicht aus Bosheit noch Tücke, sondern aus statthafter Notwehr! Und wie viele werden noch steif und starr auf dem Pflaster liegen, ehe ich mein Eingeweid darauf lassen muß! Ist es da nicht besser, ich händige euch meine Dukaten aus und ihr gebt mir den Weg frei?«
    »Nichts da!« schrie der Kerl mit der Augenklappe, »das Geld werden wir gleichwohl bekommen! Ihr sollt alle drei euer Leben lassen! Das ist ein Gebot der Ehre!«
    »Giacomi«, sprach ich mit leiser Stimme, hast du den Schurken gehört? Ist die Ehre etwa ein goldener Ring im Rüssel eines Schweins?«
    »Wir werden ihm schon begreiflich machen, daß dem nicht so ist«, sprach Giacomi mit einem feinen Lächeln.
    Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als die Banditen mit dem Schrei »Macht sie nieder« uns erneut angriffen, jedoch mit weniger Heftigkeit als beim ersten Male und auch mit weniger Mut, da ihre Füße allerorten an die Niedergemachten stießen und ihre Waffen überall auf die Klingen unserer Degen trafen. Obgleich sie sich nicht mehr so weit vorwagten und uns mit weniger Ungestüm auf die Haut rückten, hatte sie der Mut nicht vollends verlassen, und ich begriff nach einigen Minuten Plänkelei, daß sie auf Geheiß des Einäugigen unsere Kräfte zu erschöpfen suchten, ein Vorgehen, welches sicherlich zum Erfolg führen würde, wenn nicht bald die Wache käme. Nun wußte ich jedoch ebensogut wie jeder andere in Montpellier, daß die Stadtwache, so die Schützen des Hauptmanns Cossolat ihr nicht Unterstützung gewährten, sich nicht zu beeilen pflegte, da sie weit mehr Angst vor den Spitzbuben hatte als diese vor ihr, denn die Wachsoldaten waren weder jung noch geübt noch tapfer.
    »Giacomi«, sprach ich leise, »ich kann diesen Ehrenmann nirgends erblicken. Siehst du ihn?«
    »Nein, Herr Medicus«, antwortete der Italiener, welcher selbst im Angesicht des Todes seine artige Manier bewahrte. »Er befiehlt, doch er legt nicht mit Hand an. Seine Ehre verbietet ihm das.«
    »Ich sehe ihn wohl«, sprach Miroul.
    »Vermag dein Messer ihn zu erreichen?«
    »Gewiß!«
    »Gib mir die Fackel, damit du deine rechte Hand gebrauchen kannst«, sprach ich, nahm den Dolch zwischen die Zähne und hielt ihm die linke Hand hin.
    Diese Bewegung wäre mir um ein Haar teuer zu stehen gekommen, denn eine spitze Klinge traf meinen Unterarm und hätte ihn sicherlich durchbohrt, wäre sie nicht abgehalten worden von dem darumgewickelten Umhang und von einer starken kupfernen Schließe darinnen, auf welcher sie abglitt, einen Kratzer hinterließ – wie ich am folgenden Morgen sah – undmeine Haut nur leicht ritzte, was ich im Augenblick jedoch nicht verspürte.
    Es gelang mir trotzdem, die Fackel zu ergreifen und hochzuhalten, höchstlich erstaunt, daß Miroul in seiner so unbequemen Lage sich so trefflich zu halten vermocht, indes ich nun meinerseits, ohne den Dolch in meiner Linken, den Angreifern entblößt und verwundbar gegenüberstand. Die Augen ständig auf die Klingen mit ihren todbringenden Spitzen vor meiner Brust gerichtet, sah ich nur mit halbem Auge, wie Miroul nach seinem Messer griff und es warf. Hingegen vernahm ich sehr deutlich im metallischen Klirren der Degen den dumpfen Schrei, welchen der Einäugige ausstieß, als ihm das Messer in die Brust fuhr.
    Worauf mehrere unter den Banditen schrien:
    »Den Einäugigen hat es erwischt!«
    Das Wanken, welches darauf unter den Angreifern eintrat, machten wir uns nach Kräften zunutze und hieben mit unseren treuen Degen

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