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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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nach dieser Seite Schutz und Deckung zu geben, ließ ich ihn an der angezeigten Stelle gehen, indes der Italiener, den Degen ebenfalls in der Hand, zu meiner Rechten ging. Der Mond schien nicht, und um uns war kein Laut zu hören außer unseren Schritten, welche wir zu dämpfen suchten, um besser in die Dunkelheit lauschen zu können. So schritten wir an der linken Seite der Kathedrale Notre-Dame des Tables entlang, besser gesagt: dessen, was von ihr geblieben nach den Zerstörungen, welche die Unseren törichterweise vollbrachten, als sie die Stadt von den Papisten eroberten. Und als wir hinter der Kirche in die Rue de la Caussalerie einbogen, welche, eng und gewunden, zur Place des Cévennes führt, allwo sich mein Quartier befand, sprach Giacomi leise zu mir:
    »Herr Medicus, jemand will uns überfallen. Ich spüre es in einem kleinen Muskel meiner rechten Hand. In solchem Falle rate ich, daß wir drei Rücken an Rücken kämpfen und uns so gegenseitig decken sollten. Herr Medicus, kann ich eine Eurer Pistolen haben?«
    Ich gab sie ihm ohne ein Wort. Er steckte sie sogleich in seinen Gürtel und zog mit der linken Hand seinen langen Dolch. Auch ich zog meinen Dolch und wickelte meinen Umhang um den Arm, indes mir das Herz gar heftig schlug; doch während mir eben noch die Glieder schwer von Müdigkeit gewesen, fühlte ich mich jetzt unversehens leicht und voller Kraft.
    »Moussu«, flüsterte Miroul »ich vermeine ein Rascheln an den Häuserwänden da vor uns zu hören.«
    »Ja«, sprach ich, »mich deucht, wir werden unsere Degen gebrauchen müssen.«
    Die folgenden zehn Schritte taten wir wie die Katzen: die Füße nur mit der Spitze aufsetzend, die Knie hebend und die Ohren gespitzt. Denn obgleich der tanzende Schein der Fackel ein gutes Stück der Straße erhellte, so war doch keine Menschenseele zu erblicken.
    »Rücken an Rücken, Herr Medicus!« flüsterte Giacomi noch einmal.
    Wo die Rue de l’Herberie (so geheißen, weil dort das Heu gelagert wird, welches die Stadt braucht für ihre zwanzigtausend Reit- und Ackerpferde) abzweigt, macht die Rue de la Caussalerie einen Bogen, wie ich bereits vermeldet, und an dieser Stelle geschah der Überfall.
    »Macht sie nieder!« schrie eine kräftige Stimme in der Stille der Nacht.
    Und sogleich stürzte eine Horde Banditen auf uns zu, wie Ratten aus ihren dunklen Verstecken auftauchend, mit Waffen in den Händen und ein gar seltsames Geheul ausstoßend, ohne sich dabei im geringsten ob der Stadtwache zu sorgen, sicherlich vermeinend, daß sie uns erledigt hätten, ehe diese erschien. Wir nahmen Aufstellung mit dem Rücken zueinander, oder besser gesagt: mit den Seiten zueinander, da wir ja drei waren; und ohne ein Wort noch einen Hilferuf (denn wir wußten sehr wohl, daß keiner der Bürger oder Einwohner der Stadt seine Tür auch nur einen Spalt breit öffnen würde, uns Schutz zu bieten) begannen wir, wacker auf die zerlumpten Banditen einzuschlagen, welche noch dazu stanken, daß einem hätte speiübel werden können. Giacomi streckte sogleich zwei davon nieder, indem sein Arm zweimal wie ein Blitz vorschnellte, während er mit dem Dolch die auf ihn gerichteten Stöße abwehrte. Indes verdoppelten sich die Angriffe auf mich, so daß ich nichts als drohende Waffen vor mir sah, davon die Degen, welche ich niederschlug, mich nicht so sehr beunruhigten wie ein langer Spieß, welcher auf meine Brust zielte, ohne daß ich den Kerl zu erreichen vermochte, welcher ihn führte. Doch nachdem ich zwei oder drei der Banditen mit meinem Degen beschädigt, fand ich die Zeit, den Dolch zwischen die Zähne zu nehmen,meine Pistole zu ergreifen und auf den Spießträger abzufeuern. Seine Waffe fiel zur Erde, von wo ich sie, meine Pistole in den Gürtel zurückstoßend, flugs mit der Linken aufhob, was meine Lage höchstlich verbesserte, da ich nun mit meiner Linken jene abwehren konnte, welche sich außer Reichweite meines Degens befanden. Ich wurde nicht gewahr, was Miroul während dieser Zeit tat, doch als der erste Angriff abgeschlagen, sah ich zwei der Kerle vor ihm am Boden liegen, ein Zeichen, daß er wacker gekämpft hatte.
    Ohne uns fürderhin anzugreifen, zogen sich die Banditen jedoch auch nicht zurück, sondern beratschlagten untereinander in einem höchst seltsamen Kauderwelsch, von dem ich kein Wort verstand. Und gewißlich gaben ihnen die Niedergemachten und Beschädigten, welche um uns herum auf den Boden hingestreckt lagen, zu denken, zumal selbige eine Art Wall

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