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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Ruhm in den zärtlichen Armen der höchsten Dame zu Montpellier aus, welche obendrein noch, nachdem sie von meinen Verlusten gehört, selbige ersetzte. Ha! das Leben ist ein Gauklerspiel, des bin ich gewiß, der Tarpejische Fels liegt nahe am Kapitol, und das Schicksal stößt uns nach Belieben zwischen beiden hin und her.
    Allein, zu meinem gegenwärtigen Glück fehlte mir mein geliebter Samson, den jene Circe, welche die Schenkel schneller öffnete denn die Kuh das Maul vor der Futterkrippe, im Nadelhaus in ihren Fängen hielt, ohne daß der Ärmste, von den Banden der Lust gefangen, dem männerverschlingenden Teufelsweib auch nur einen Augenblick in den fünf Tagen entgehen konnte, welche sie auf ihrer Pilgerfahrt zu Montpellier verbrachte, in welcher Zeit sich beide nur erhoben, die Freuden des Bettes mit denen des Tisches zu vertauschen, wie ich den Leser versichern kann, da mir die Thomassine es berichtet hat.
    Aber ach! mehr noch fehlte mir ein Glück, von dem ich in meinem treuen Herzen Wunder erhoffte, wie ich später berichten werde.
    Mit nunmehr wieder wohlgespicktem Beutel verließ ich das Palais, das Herz voller Dankbarkeit für jene Frau, die dessen Seele war, und galoppierte auf meiner Accla nach meinem Quartier, Giacomi und Miroul mit gezogenem Degen an meiner Seite, weil Cossolat mir geraten hatte, ich solle mich nächtens nicht mehr zu Fuß in den Straßen Montpelliers bewegen,denn es stände zu befürchten, daß die Banditen mir aus Rache einen Hinterhalt legen könnten.
    Kaum hatte ich mich in meine Kammer begeben, da klopfte es an der Tür.
    »Ei, Giacomi!« sprach ich, die Tür öffnend, »tritt nur herein! Hast du Balsa befragt, ob einer meinen Doktorhut gebracht?«
    »Ach, Herr Medicus«, sprach Giacomi, »niemand ist gekommen. Ich teile Euern Gram, sowohl ob des Verlustes wie auch der Vorbedeutung.«
    »Vorbedeutung, Giacomi?«
    »Seid Ihr dieser nicht gewahr, Herr Medicus?« sprach Giacomi, eine Hand in die Hüfte gestützt und mit dem rechten Knie federnd, als wolle er gleich einen Degenstoß führen. »Sie ist doch ganz offenbar: wenn Euer Doktorhut noch denselbigen Tag davonfliegt, da Ihr ihn empfangen, dann ist es Euch vom Schicksal nicht bestimmt, eine solche Profession auszuüben.«
    »Ho ho! Giacomi!« sprach ich, gar sehr verdrossen ob solcher Rede. »Was du da sprichst, ist nichts als Narretei und Aberglaube! Das Schicksal sendet uns keine Zeichen, Auskunft zu geben über das Kommende. Ich liebe meine Heilkunst aus ganzem Herzen, und ich werde sie ausüben, ob mit oder ohne Doktorhut. Denn von Belang ist nicht der Hut, sondern der Kopf darunter, und der ist, wie ich vermeine, aufs beste geübt, die Gebrechen der Menschen zu kurieren.«
    »Herr Medicus«, erwiderte Giacomi mit einer seiner italienischen Verbeugungen, welche zwar tief und gebührlich, aber ohne jede Unterwürfigkeit, sondern vielmehr mit Stolz und Vornehmheit vollführet werden, »ein Vorzeichen, so es ein solches ist, kann gut oder bös sein, wer vermag das zu sagen?
Che sarà, sarà!
1 Und ich wäre tief bekümmert, hätte ich Euch eine Kränkung zugefügt, noch dazu in dem Augenblick, da ich Abschied nehmen muß.«
    »Abschied nehmen, Giacomi? Und wohin willst du ziehen?« fragte ich höchstlich erstaunt.
    »Offen gesagt: ich weiß es nicht«, entgegnete Giacomi mit fröhlicher Miene, als ob ihm Kost und Logis für seinen langen Leib nichts bedeuteten.
    »Weshalb willst du mich dann verlassen?« sprach ich mit Wärme in der Stimme. »Ohne dich, Giacomi, ohne deine treffliche Kunst im Umgang mit dem Degen und ohne deine meisterlichen Ratschläge im Angesicht tödlicher Gefahr wäre ich gewiß nicht lebendig davongekommen.«
    »Und ohne Euch, Herr Medicus«, erwiderte Giacomi, indes seine Augen noch ein wenig mehr aus ihren Höhlen traten und sich sein ganzes Gesicht auf possierliche Weise nach oben verzog, »säße ich jetzt gefangen im Kerker. Aber …«
    »Aber, Giacomi?«
    »Herr Medicus, ich möchte nicht, daß Ihr vermeinet, ich schätzte Miroul nicht, welchen ich, ganz im Gegenteil, für den wackersten Burschen der Schöpfung halte.«
    »Aber, Giacomi?«
    »Aber es behagt mir mitnichten, das Lager mit einem Diener zu teilen. Herr Medicus, sehet mich, ich bitt Euch, nicht als hochmütig an. In Italien kann nur Fechtmeister werden, wer von vornehmem Stand ist, und also ward ich in meiner Vaterstadt von einem jeden als ein edler Mann, wenn nicht gar als Edelmann angesehen und geschätzt.«
    »Oh, Maestro!«

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