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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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der Leser wohl vorstellen mag. Die Wegbiegung um den Felsen, welchen Miroul erstiegen, zog sich Gott weiß wie lang dahin. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis wir sie hinter uns gebracht und – wie überrascht – plötzlich unsere Feinde vor uns sahen, obgleich uns ihre Anwesenheit doch gewärtig war.
    Es waren nicht sieben, wie Miroul vermeldet hatte, sondern acht, und der achte hinter den reiterlosen Pferden war der Pfarrer von Marcuays, welcher von den Bauersleuten nur »Pincet tes « (das ist: Feuerzange) geheißen ward, da eine Feuerzange eines Tages seine heimlich getriebene Unzucht an den Tag gebracht.
    »Ho ho, Herr Pfarrer«, rief ich, »was treibt Ihr da?«
    Doch er konnte nicht antworten, da in diesem Augenblick unsere Pferde wie toll zu wiehern begannen, vielleicht weil sich unter denen der gegnerischen Seite ein unbeschnittener Hengst befand, welcher unsere Stuten in Erregung versetzte. Die Tiere gegenüber ließen ebenfalls ihr Gewieher ertönen, was ein erschröckliches Konzert abgab, begleitet von heftigem Hufgestampf und unruhigem Getänzel, welches gezügelt und beruhigt werden mußte, ehe der Mensch wieder zu Wort kommen konnte. Ich sage: zu Wort, und wage nicht zu sagen: zur Vernunft; denn wenn man es recht bedenkt, ist der Mensch weniger vernünftig als sein Reittier und tausendmal grausamer.
    Während dieser Zeit, da wir wegen des gar großen Lärms kein Wort zu wechseln vermochten, musterten wir uns gegenseitig, was ich mit höchster Neugier tat, denn diesen Fontenac, welcher ein geschworener Feind unserer Familie war (wie schon vor ihm sein Vater), hatte ich noch niemals zu Gesicht bekommen, da der Räuberbaron bei den hinterhältigen Unternehmungen gegen uns nie in Erscheinung trat, ausgenommen in diesem Fall, was mich erstaunte und zugleich meinen Argwohn weckte. Obgleich er der größte Erzschurke der ganzen Schöpfung war, wußte ich ihn doch zu bewundern, wie er so steif und gerade auf seinem Pferd saß, welches er zu zügeln suchte. Denn rein äußerlich betrachtet, hatte er das Aussehen eines gar stattlichen Edelmannes von hoher und kräftiger Gestalt, die jedoch ein wenig zur Dickleibigkeit neigte, wie mirschien. Auch von Angesicht war er schön: die Gesichtszüge stolz und edel, Haupt- und Barthaar gelockt, die Augen feurig. Wenn er jedoch den Kopf drehte, bekam dies Gesicht wegen seiner Hakennase unversehens ein raubvogelartiges Aussehen, von welchem eine unangenehme und zugleich beunruhigende Wirkung ausging. Die Kleidung Fontenacs entsprach seiner äußerlichen Natur: er trug ein herrliches Wams von karmesinroter Farbe und ebensolche Kniehosen mit schwarzunterfütterten Schlitzen, nicht von Samt wie bei meinem Giacomi, sondern aus Atlas.
    Neben dem Baron saß auf einem untersetzten Pferd ein Kerl von kleinem, gedrungenem Wuchs mit breiten Schultern, gewölbtem Brustkorb und einer abscheulichen, schurkischen, brutalen Visage. Ich erkannte ihn (da ich ihn schon kurz in Sarlat gesehen, wo er sich im übrigen nur wenig zeigte, da er überall in sehr üblem Ruf stand): er galt als Fontenacs Haushofmeister und auch als dessen außerehelich geborener Halbbruder, war jedoch nicht – wie Samson – von seinem Vater anerkannt und ließ sich seltsamerweise Junker von Malvézie nennen, obgleich es keinen Besitz solchen Namens im Sarladischen Land gab. Bekannt als Mann, dem kein Geschäft zu schmutzig ist, hatte er seine Hände bei allen ruchlosen Unterfangen im Spiel, in welche der Baron, der gleichwohl der Anstifter war, sich niemals auch nur mit einem Fingerzipfel seines Handschuhs einzulassen pflegte. Denn dieser Fontenac war über alle Maßen falsch und heuchlerisch, gab sich als eifriger Papist und fleißiger Kirchgänger, hofierte den Bischof und war bei diesem wohlangesehen, weil er in seiner Verschlagenheit auch nicht mit Gaben und Spenden geizte.
    Als der Lärm, welchen die Rösser verursacht, geendet, sprach Fontenac, welcher seinerseits nicht verfehlt hatte, mich von Kopf bis Fuß zu mustern, mit ernster Stimme, jedoch ohne Groll zu mir:
    »Mein Herr, was tut Ihr hier mit gezogener Pistole und blankem Degen auf einem Wege, welcher zu meinem Besitz gehört?«
    Worauf ich zunächst schwieg, höchstlich erstaunt über die unverschämte Behauptung dieses Banditen, der Weg im Beunes-Grund gehöre ihm. »Mein Bruder«, flüsterte mir Giacomi zu, »dieser Riese von Mann ist auf ein Duell aus, und der Pfarrersoll, ob er will oder nicht, als Zeuge dienen. Seid also maßvoll in Eurer

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