Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
Antwort.«
»Herr Baron«, sprach ich mit einer Ehrenbezeigung, »es ist mir noch nie zu Ohren gekommen, daß dieser Weg Euch gehöre.«
»Und doch ist es so kraft eines sehr alten Rechtes, welches ich wieder in Anspruch zu nehmen gedenke.«
»Herr Baron«, entgegnete ich höflich, »dazu bedarf es erst der Zustimmung des Seneschalls zu Sarlat und eines Spruches des Provinzialgerichtes. Unterdessen gewährt mir die Gnade, mich weiterziehen zu lassen, damit ich in mein Vaterhaus zurückkehren kann.«
»Mein Herr«, sprach Fontenac, »ich kann kein Ersuchen entgegennehmen, welches mit der Waffe in der Hand gemacht wird.«
»Herr Baron«, erwiderte ich, »wir haben nur blankgezogen, weil vier Eurer Leute uns nachgeritten sind. Sobald wir aber vernahmen, daß sie zu Euch gehören, ließen wir sie vorbeiziehen.«
»Ohne indes Eure Degen wieder in die Scheide zurückzustecken«, sprach Fontenac nunmehr mit grollender Miene. »Und Ihr sprecht mit gezogener Pistole zu mir. Das beleidigt mich.«
Worauf ich, einen leichten Druck von Giacomis Stiefel an dem meinen spürend, mit sanfter Stimme sprach:
»So dies eine Beleidigung ist, Herr Baron, werde ich dem sogleich abhelfen. Der Herr Pfarrer von Marcuays ist Zeuge meiner Bereitwilligkeit, die Waffen wegzustecken, sowie meiner Bitte um Entschuldigung, die ich an Euch richte.«
Mit diesen Worten steckte ich, unverzüglich gefolgt von Samson, Giacomi und Miroul, meine Klinge in die Scheide zurück und meine Pistole in die Satteltasche, froh darüber, den Druck der anderen unter meiner linken Hinterbacke zu verspüren.
Da schrie Junker von Malvézie mit lauter Stimme, das widerwärtige Gesicht rot vor Ärger, die Augen vor Zorn glühend:
»Wozu sich sein dummes Geschwätz noch länger anhören? Erledigen wir ihn endlich, diesen Hund!«
Worauf ich, wieder einen Stiefeldruck Giacomis verspürend, mit unbewegter und undurchdringlicher Miene so tat, als hätteich, um nicht darauf erwidern zu müssen, diese Worte nicht vernommen.
»Schweigt, Malvézie!« sprach Fontenac.
»Herr Baron«, sprach ich, »nachdem nun die Waffen weggesteckt, erneuere ich mein Ersuchen an Euch.«
»Ich will es überdenken«, entgegnete Fontenac.
Und indes er schwieg, nicht wissend (wette ich), was er noch tun solle, um mich herauszufordern, sah ich, wie Giacomi aus den Augenwinkeln heraus die Büsche auf dem Steilhang von Taniès musterte, ob da nicht der Lauf einer Arkebuse zu entdecken wäre. ›Ha!‹ schoß es mir blitzartig durch den Sinn, ›jetzt durchschaue ich dein Spiel, Fontenac! Eine Kugel für meinen Samson und für mich deinen Degen. An ein und demselben Tag die beiden jüngeren Söhne des Barons von Mespech in den Tod befördern, welche Genugtuung für dich! Und keiner erführe je die Wahrheit über diesen verworrenen Streit um das Recht auf Wegbenutzung, da nur ein zweifelhafter und überdies völlig eingeschüchterter Zeuge zugegen ist, nämlich der Pfarrer von Marcuays.‹
»Mein Herr«, hub Fontenac wieder an, »habt Ihr die Worte des Junkers von Malvézie vernommen?«
»Nein, Herr Baron«, sprach ich, »ich habe sie nicht gehört.«
»Soll ich sie wiederholen?«
»Dies wäre vergebliche Mühe. Ich würde sie wiederum nicht hören.«
Worauf der Baron lächelte und in höchst verletzendem und verächtlichem Tone sprach:
»Wo kein Ehrgefühl, ist auch das Ohr taub«.
Worauf ich erwiderte, von neuem Giacomis Stiefel an dem meinen verspürend:
»Herr Baron, überlaßt es bitte den Sioracs selbst, sich um ihre Ehre zu sorgen.«
»Wie, mein Herr!« sprach da der Baron mit schlecht gespieltem Erstaunen, »Ihr seid ein Siorac? So wisset, daß ich gegen diese Familie die allerhöchste Verachtung hege. Sie hat meinem Vater und auch mir nichts als Beleidigungen und Frevel angetan.«
»Die Erklärung dafür müßt Ihr vom Baron de Mespech fordern, nicht aber von seinem zweitgeborenen Sohn.«
»Sein Zweitgeborener!« rief Fontenac voller Verachtung.»Seid Ihr jener Pierre de Siorac, der sein Wappen besudelt hat, indem er zu Montpellier die Medizin studiert?«
»Herr Baron, vermeintet Ihr vor sechs Jahren etwa auch, daß mein Vater sein Wappen beschmutzte, indem er Euer Fräulein Tochter, da sie an der Pest erkrankt war, behandelt und kurieret hat?«
Worauf Fontenac schwieg und mir nur wütende Blicke zuwarf, willens, seine Verlegenheit zu nutzen, sprach ich mit kühler, jedoch sehr höflicher Stimme:
»Herr Baron, ich ersuche Euch nochmals in aller Courtoisie und
Weitere Kostenlose Bücher