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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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und diese war so leichtgläubig …«
    Daß er von der Maligou, welche heutigentags mit dickem Bauch, fettem Hinterteil und unförmigen Brüsten herumlief, als von einer schönen Jungfer sprach, erheiterte mich so sehr, daß ich, die linke Hand auf den Sattelknopf stützend, aus vollem Halse zu lachen anfing. Worauf der arme Zigeuner, höchstlich erleichtert, auch zu lachen begann, denn er merkte wohl, daß ich ihn nun nicht mehr töten würde.
    »Aber«, sprach ich, noch immer Lachtränen in den Augen, »die schöne Jungfer, von welcher du sprichst, beklagt sich, du hättest ihr während jener Nacht in ihrer Scheune fünfzehnmal Gewalt angetan.«
    »Fünfzehnmal!« sprach der Zigeuner, »das sind zwölfmal zuviel. Das arme Frauenzimmer leidet zuweilen an Einbildungen. Auch war die Gewalt nur klein und gering.«
    Worauf ich von neuem in Lachen ausbrach. Mögen sich hier die zartbesaiteten Damen, welche mich lesen, daran erinnern, welch großes Vergnügen die animalischen Geister in mir daran fanden, sich wieder frei zu tummeln, nachdem sie im übergroßen Schrecken des Kampfes schier erstarrt und erstickt waren.
    »Sei’s drum, Zigeuner!« sprach ich schließlich, »du hast mich trefflich erheitert! Ich gewähre dir Gnade!«
    »Ich kann mich also davonmachen?« fragte der Zigeuner.
    »Mitnichten! Du bist mein Gefangener. So hat es das
    Kriegsglück gewollt. Wirf Dolch und Degen zur Erde, ich werde sie später holen lassen. Und nun geh vor mir her zum Weg.«
    Als wir dort anlangten, kamen Samson, Giacomi und Miroul zurückgeritten, bekümmert, wie mir schien, daß sie Fontenacs Leute nicht einzuholen vermocht, ehe diese in der Burg des Banditen verschwanden, so daß ich als Nachzügler der einzige war, welcher einen Gefangenen gemacht, dessen Zeugnis – wie man sich wohl denken mag – in der Zukunft von großem Nutz und Frommen sein könnte.
    Da Miroul unser Reisegut wieder aufnehmen wollte, mußten wir uns an den Ort meines Kampfes mit dem Baron zurückbegeben, und als ich dort meine Accla auf den Boden hingestreckt sah, ergriff mich eine große Reue darüber, daß ich so lauthals über des Zigeuners Erzählung von seinem Schelmenstreich gelacht, wo ich doch vielmehr hätte weinen sollen über den Tod meines armen Pferdes.
    Nach einiger Überlegung befahl ich Miroul, das Reisegut nebst dem Gefangenen an Ort und Stelle zu belassen, nach Mespech zu sprengen und die Herren Brüder zu benachrichtigen, welche wohl mit all unserem Gesinde auf einer unserer großen Wiesen in Marcuays beim Heumachen waren, da unsere Mühle so vollständig verlassen und niemand unsere Pistolenschüsse gehört, außer den Einwohnern von Taniès, deren erschreckte Gesichter über der Mauer, welche ihr Dorf umschloß, auftauchten, ohne daß sie herunterzusteigen wagten, wohl wissend, daß es einem Bauersmann nicht frommte, seine Nase in die Händel der Barone zu stecken.
    Auch sagte ich Miroul, daß ein Karren mitzubringen sei zum Fortschaffen der Leichen des Barons und seiner Leute, denn es war nicht geziemlich, daß sie des Nachts der plündernden Hand des Menschen oder den entwürdigenden Angriffen der Tiere ausgesetzt blieben.
    Nachdem Miroul davongesprengt, schickte ich Giacomi und Samson auf die Wiese, nachzuschauen, ob Fontenac wirklich und wahrhaftig tot war, wie ich vermeinte. Allein mit meiner Accla geblieben, setzte ich mich auf den Hang nieder, und mir kam all das in den Sinn, was wir zusammen erlebt hatten seit dem Tage, da dieser gleiche Fontenac – welcher fast im gleichen Augenblick wie sie den Tod finden sollte – sie meinem Vater geschenkt hatte zum Dank, daß er seine Tochter Diane von der Pest kurieret hatte. Da mein Vater sie dann mir geschenkt, wurde ich ihr Herr, doch ist es vielleicht zuviel gesagt,daß ich ihr Herr gewesen, denn wir waren mit der Zeit eins geworden, und ich beherrschte sie nur, indem ich ihrer Natur gehorchte.
    Meine Accla hatte mit mir all die unerhörten Gefahren bestanden, in welche ich in den vergangenen sieben Jahren geraten: den Kampf zu Lendrevie nach der Pest in Sarlat, den in den Bergen der Corbières mit den dortigen Strauchrittern, die Michelade zu Nismes und den Kampf in den Wäldern von Barbentane, da ich die Montcalms und meine Angelina vor den blutrünstigen Banditen rettete. Oh, gewiß! Sie hatte auch ihre kleinen weiblichen Launen, war zuweilen über die Maßen störrisch und widerspenstig, war stets bereit, nach anderen Pferden zu beißen und auszuschlagen, wollte sich von ihnen

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