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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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üblen Visage, ausrief:
    »Aber nein, mein Herr, ich bin gar nicht bewaffnet, wie Ihr wohl seht!«
    Und Samson, noch immer nicht des hinterhältigen Anschlages gewahr, vor dem ihn meine arme Accla gerettet – denn er hatte zu den Menschen, ob Mann oder Weib, ein rührendes Zutrauen, wie ich bereits vermeldet –, vermochte sich nicht zu entschließen, auf den Schurken zu feuern, womit er gar schlecht beraten war, wie man noch sehen wird. Trotz seiner Unentschlossenheit hielt er indes seine Waffe weiterhin auf ihn gerichtet, was wenigstens Giacomi die Zeit gab, seine Pistole aus der Satteltasche zu ziehen und Malvézie mit schneidender Stimme zuzurufen:
    »Mein Herr, sobald einer Eurer Männer auch nur den kleinen Finger rührt, seid Ihr ein toter Mann.«
    Freilich dachte keiner von ihnen auch nur im geringsten daran, sahen sie doch die Leichen ihrer Spießgesellen vor den Füßen ihrer Gäule liegen und meinen Kampf mit ihrem Herrn keinen für ihn günstigen Verlauf nehmen.
    Denn das Blut floß nunmehr heftig aus der Wadenwunde des Barons, welcher auch ganz außer Atem schien von all der Anstrengung, die es ihn gekostet, mir ständig nachzusetzen, so daß er, bestrebt, seinen Atem zu sparen, mir keine Beleidigungen mehr zuschrie, sondern schwieg und nur noch furchterregend das Gesicht verzog, wobei er in seinem finsteren Sinn unaufhörlich nach einer verräterischen List zu suchen schien, mich zu Fall zu bringen.
    Ich spürte genau, welch heimtückische Regsamkeit in seiner Zirbeldrüse (von welcher es heißt, sie sei der Sitz der Gedanken) herrschte, so daß ich ihn mit gespannten Muskeln und wachen Nerven belauerte wie die Katze die Maus und, keinWagnis mehr eingehend, seiner Klinge keinen großen Spielraum ließ, indes meinem Auge auch keine Bewegung seiner linken Hand entging. Und das war gut so, denn als diese sich unversehens nach hinten bewegte, begriff ich sogleich, daß er mir seinen Dolch ins Gesicht schleudern wolle, und duckte mich so schnell, ein Knie bis zur Erde beugend, daß er zischend über meinen Kopf hinwegflog. Fontenac war derart verblüfft über meine Schnelligkeit und derart betroffen, daß er seinen Dolch vergebens geopfert hatte (welcher ihm auch zum Abwehren meiner Stiche diente), daß ihn der Mut zu verlassen schien und er mehrere Schritte zurückwich, die Klinge senkte und in höflichem Tone zu mir sprach:
    »Monsieur, dieser Kampf zieht sich nutzlos in die Länge. Lasset uns abbrechen, wir kommen zu keinem Ende.«
    »Herr Baron«, sprach ich, nun meinerseits die Waffe senkend, »Ihr habt meinen Vater eine Knechtsseele, meinen Großvater einen Lakaien und mich selbst einen Feigling geheißen. Nehmt Ihr diese beleidigenden Worte zurück?«
    »Ich nehme sie zurück«, sprach Fontenac höchst edelmütig. »Ich tue dies um Eurer Tapferkeit und meiner Milde willen. Und was das Recht der Benutzung meines Weges angehet, so gewähre ich es Euch großherzig. Stecket also, ich bitt Euch, Euern Degen wieder zurück.«
    Wütend über soviel blanke Unverfrorenheit und sehr wohl wissend, daß sein Einlenken nur das schändliche Vorspiel zu einem erneuten Bubenstück war – ich fand dieses ganze Blendwerk so widerlich, daß mir speiübel hätte werden können –, stemmte ich beide Beine fest auf den Boden und umschloß wieder fest den Griff meines vibrierenden Degens.
    »Mein Herr«, sprach ich, entschlossen, der schmutzigen Komödie dieses Schurken je eher je lieber ein Ende zu setzen, »ich werde in der Tat meines Weges ziehen, aber erst soll es Euch an den Kragen gehen!«
    Kaum hatte Fontenac meine Worte vernommen, da stürzte er auch schon, wortlos und ohne mir die Zeit zu lassen, wieder Fechtstellung einzunehmen, wie ein toller Hund auf mich los, im Laufen den Degen vorstreckend und ein fürchterliches Gebrüll ausstoßend. Darauf eingestellt, gelang es mir, seine Klinge abzuwehren und dabei die meine nach oben zu führen, so daß ich sein Gesicht bedrohte und er, noch in vollem Laufbegriffen, direkt in meine Klinge rannte, welche ihm zwei Zoll tief in das linke Auge hineinfuhr und in seinem Hirn so viel Schaden und Verwundung verursachte, daß er unversehens zu Boden stürzte wie ein Ochs im Schlachthaus unter dem Schlageisen des Metzgers.
    Ich war maßlos verblüfft über diesen Treffer, welcher mir ohne besondere Absicht gelungen, so daß der Stolz darauf sich nur zögernd einstellen wollte und ich nicht recht glauben konnte, daß der Feind meiner Familie entseelt zu meinen Füßen lag, durch

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