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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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mein Vater nach der Pest zu Sarlat mit ihm die Gauner von Lendrevie vernichtet hatte. Puymartin willigte ein, ihn gemäß seinem Stande als Korbmacher zu beschäftigen, da der Zigeuner, nachdem er vor dem Notario Ricou ausgesagt, was er auf dem Wege im Beunes-Grund gesehen, kein großes Gelüst verspürte, sich wieder auf Fontenac in die Klauen des Malvézie zu begeben.
    Monsieur de la Porte, Kriminalleutnant zu Sarlat, den die Herren Brüder gleich am Tage nach dem Duell rufen ließen, erschien in Begleitung eines Gerichtsschreibers und eines Arztes ungesäumt auf Mespech, untersuchte auf Bitten meines Vaters den Leichnam Fontenacs, welcher unter seinem Wams wirklich ein Kettenhemd trug, wie Giacomi gemutmaßt, und kam, nachdem er von dem Arzte die tiefe Wunde an dessen linkem Auge hatte ausforschen lassen, um in Erfahrung zu bringen, ob sie von einer Kugel oder einem Degen verursacht wäre, zu dem Schluß, daß solche Geschädigung nur von einer Stichwaffe herrühren könne. Mein Vater zeigte ihm dann die toten Spießgesellen Fontenacs sowie die beiden Arkebusen, mit welchen die Schützen vom Hang geschossen und in deren Kolben der Name eines Handwerkers zu Sarlat eingraviert stand, welcher sie verfertigt und welcher sich erinnerte, als Monsieur de la Porte sie ihm bringen ließ, sie zu Pfingsten dem Räuberbaron verkauft zu haben.
    Allein, dies genügte Monsieur de la Porte noch nicht, welcher höchst besonnen und umsichtig in diesen Dingen zu Werke ging; er wollte auch die Teilnehmer und Zeugen des Geschehens einen nach dem anderen und getrennt voneinander anhören, das heißt: Samson, Giacomi und mich selbst. Kaum war er damit fertig, als auch schon Puymartin, welcher erfahrenhatte, daß der Kriminalleutnant sich in unseren Mauern aufhielte, mit dem Notario Ricou und dreien seiner Leute eintraf und ihm das Zeugnis überreichte, welches der Notarius gemäß dem Berichte des Zigeuners auf Okzitanisch ausgefertigt hatte. Jedoch nahm Monsieur de la Porte es erst entgegen, nachdem der Notarius den Text ins Französische gebracht, denn ein königlicher Erlaß besagte, daß alle Schriftstücke eines Rechtsstreits in der Sprache des Nordens abgefaßt sein müßten. Indes der Notarius mit der Textübertragung beschäftigt war, ersuchte Monsieur de la Porte mich, den Bericht von meinem Duell mit dem Baron de Fontenac, welchen ich ihm mündlich gegeben, nunmehr zu Papier zu bringen. Als ich mein Werk und der Notarius das seine zu Ende gebracht, schickte er sich zum Gehen an, höflich, wie es seine Gewohnheit, mit kühlem Blick und ohne sich in irgendeiner Weise zu der Sache zu äußern oder gar ein Urteil abzugeben, so streng hielt er sich an die Gebote seines Amtes. Die Art freilich, in der er dann unversehens meinem Vater beim Abschied zulächelte, ließ erkennen, zu welchem Schluß er gekommen.
    Die Richter jedoch sahen die Sache anders, wie Monsieur de la Porte uns vermeldete, da er uns acht Tage später im Abendgrauen ohne jede Begleitung aufsuchte (was gegebenenfalls damit hätte erklärt werden können, daß sein Sommerhaus sich nicht weit von Mespech entfernt befand). Es waren nur die Herren Brüder, Samson und ich zugegen. Die fünf Kerzen des Leuchters, welche trotz unserer hugenottischen Sparsamkeit alle angezündet waren, erhellten von der Seite sein aus der weißen Halskrause aufragendes gerötetes, kantiges Gesicht, welches das eines aufrechten südfranzösischen Edelmannes war.
    »Herr Baron«, sprach er, »ich habe Eure tapfere Verhaltensweise während der Pest zu Sarlat nicht vergessen, und erst recht nicht, daß Ihr nicht nur den Hunger der Stadt mit jenem halben Rind gelindert, sondern auch mit Puymartin der einzige waret, welcher dem Schlächter von Lendrevie und seinen Halsabschneidern entgegenzutreten wagte. Aus dieser Ursache habe ich mich heute nicht in meiner Eigenschaft als Kriminalleutnant zu Euch begeben, sondern in privatim, Euch zu vermelden, welche Ränke gegen Euer Haus geschmiedet werden. Die Angelegenheit mit Euern beiden Jüngsten hat eine Wende genommen, welche mir gar sehr mißfällt.«
    »Was!« rief mein Vater, »obgleich der Räuberbaron meinen Söhnen diesen feigen Hinterhalt gelegt, will man jetzt ihnen am Zeuge flicken?«
    »Man will es nicht nur, man tut es sogar!« sprach Monsieur de la Porte und hob die Hände, »und zwar um einer Ursach willen, welche Ihr Euch wohl denken könnt. Man verzeiht Mespech nicht, ein Ketzernest zu sein, und wenngleich Frieden herrscht und Euer

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