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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Aufenthalt nutzen mögen, die Gnade des Königs in dieser Angelegenheit zu erflehen.«
    Zu welcher Rede er ebenso leise mit abgewendetem Gesicht hinzufügte: »Sie sollten sich morgen bei Tagesanbruch auf den Weg begeben. Es würde mir gar große Verzweiflung bereiten, sie mittags noch hier anzutreffen.«
    »Morgen schon, mittags!« rief mein Vater, nun seinerseits die Arme hebend.
    »So bald!«
    »Habe ich ›mittags‹ gesagt? Das ist mir so entschlüpft«, sprach Monsieur de la Porte, und als käme ihm eine Einzelheit von geringer Bedeutung ins Gedächtnis, fügte er hinzu: »Eure Söhne sollten nicht über Périgueux reiten, wo ich sie verfolgen könnte, sondern über Bordeaux und einen gar nützlichen Umweg über das Schloß von Michel de Montaigne machen und diesen ersuchen, ihre Bittschrift an den König zu verfassen, was Herr de Montaigne gewiß tun wird; denn Ungerechtigkeit, welche aus selbstsüchtiger Voreingenommenheit entspringt, ist ihm verhaßt, und er hat Euch in gutem Angedenken als einen der treuesten Freunde des seligen Herrn de la Boétie, an den er noch immer in großer Trauer denkt.«
    »Oh, mein Herr!« sprach mein Vater bewegt, »wie soll ich Euch danken? …«
    »Ihr habt mir nicht zu danken«, entgegnete lächelnd Monsieur de la Porte, »denn ich habe Euch in privatim aufgesucht, um über mein Heu zu sprechen und die mißliche Lage, in der ich bin, daß nämlich mein Vorrat nicht für den ganzen Winter reichen wird.«
    Nach welchen Worten er sich zu Sauveterre hin verbeugte, welcher aus Ursach der Schmerzen in seinem verwundeten Bein sich nicht rühren konnte, meinen Vater herzlich umarmte und uns verließ.
    Als Miroul mich am folgenden Morgen noch vor Sonnenaufgang wachrüttelte, schlief ich gar fest, beide Hände auf den liebreizenden Brüsten meiner Gavachette, an ihren schlanken weichen Körper geschmiegt, das Gesicht in ihr langes schwarzes Haar vergraben, welches allezeit höchst sauber war, denn sie wusch es täglich und trocknete es danach in der Sonne, damit ihre Strahlen in die Rabenschwärze etwas rötlichen Kupferschimmer hineinbrächten. Ich weiß nicht, welches der Frauenzimmer von Mespech ihr dies geraten, die gewünschte Wirkung zeigte sich jedenfalls noch nicht, denn ihr Haar war so pechschwarz wie immer. Ich meinerseits liebte diese Nachtschwärze in ihrem bläulichen Schimmer, wurde aber gleichwohl nicht müde, die Neigung der holden Frauenzimmer zu bewundern, das Aussehen, welches ihnen der Herrgott verliehen, verändern zu wollen, indem sie sich das Angesicht bemalen oder ihrem Haar eine andere Farbe geben. So sehr steht ihnen der Sinn danach, anders zu sein, als sie von Natur aus beschaffen.
    Um Mißverständnissen vorzubeugen: ich will sie mitnichten darob tadeln. Was tue ich denn anderes in diesen Memoiren, wenn ich ein Wort ausstreiche, weil es mir zu dürr erscheint, und an seine Stelle zwei andere setze, welche ich praller und bestrickender finde? Tue ich damit anderes als unsere Pariserinnen, von welchen man sagt, daß sie sich – vermeinend, jener Körperteil, welcher gleich genannt sein wird, sei zu wenig fleischig – den Hintern polstern und Turnüren unter ihren Kleidern tragen? Die Koketterie unserer Frauenzimmer, dieser teuren und liebreizenden Hälfte der Menschheit, ist nichts als der Natur hinzugefügte Kunst. Es geziemt sich, sie – im Gegensatz zur Meinung der Pfaffen (und unserer Pastoren) – hoch zu schätzen ob der unendlichen Mühen, welche sie aufwenden, damit ihnen ihr Spiegelbild gefalle. Das Weib soll um seiner Weiblichkeit willen geliebt werden und nicht gemessen an einem törichten Modell, wie es die Mönche und Prediger in ihrer Narrheit sich ausdenken.
    Im Scheine des Leuchters, welchen Miroul herangetragen hatte, erhob ich mich, benetzte mir Gesicht und Leib mit klaremWasser und säuberte mit einem angefeuchteten Zipfel des Handtuches meine Zähne, welche ich bis ans Ende meiner Tage in ihrem makellosen Zustand erhalten wollte. Indessen wartete Miroul mit meinen Beinkleidern in der Hand, um sie mir zu reichen, mit seinem braunen Auge verstohlen meine Gavachette betrachtend, welche ohne alle Scham nackt auf dem Bett saß und sich über die Brüste strich, zwei Kleinodien, fest und wohlgerundet, auf welche sie unendlich stolz war, alsdann die Knie anzog, ihre Arme darauf stützte und, ihre zarten Hände an die Schläfen legend, ihre glänzenden pechschwarzen Augen schräg nach oben zog, um solcherart deren Mandelform, welche ich gar sehr

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