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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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hat etwas von einem Edelmann in sich. Im großen wie im kleinen zeigt er sich als Mann von großer Eleganz.«
    Diese Worte vernahm ich mit großem Vergnügen, und errötend ob der Freude, welche ich empfand (obgleich mir noch der vermaledeite Ring auf der Seele lag, dessentwegen Miroul mir Vorhaltungen gemacht), sprach ich:
    »Vermeinet Ihr, daß es schwer sein wird, die Gnade des Königs zu erwirken?«
    »Ich weiß es nicht zu sagen. Coligny soll bei Karl IX. in hoher Gunst stehen, allein ich habe wenig Vertrauen zu einem so kläglichen König, welcher sich von diesem Weibsbild von Mutter befehligen läßt, und noch weniger Vertrauen zu Katharina selbst. Mein Pierre, beweget Euch am Hofe nur mit vorsichtigem Fuße, die Ferse stets bereit zum Kehrtmachen! Die Medici ist die Seele des Staates – sie, die selbst keine Seele besitzt! Und um die Wahrheit zu sagen: die angebliche Gunst der Unseren beim König kommt mir verdächtig vor! Paris haßt uns! Der Guise schmiedet neue Ränke! Die papistischen Pfaffen fordern unser Fell und möchten uns am liebsten ausrotten lassen. Ich hätte Euch und Samson nie in dieses gefährliche Babylon geschickt, wenn es die Notwendigkeit nicht geböte.«
    »Mein Herr Vater«, sprach ich, »ich werde ungesäumt noch am selbigen Tag zu Euch zurückkehren, da ich die königliche Gnade erhalten.«
    Bei diesen Worten blickte er mir ins Auge und seufzte.
    »O mein Pierre!« sprach er, »Eure Abreise verdoppelt die Last meiner Jahre. Ich fühle mich jetzt schon ganz abgelebt, welk und bedrückt. Euch und Samson in diesen Mauern in Eurer jugendlichen Kraft zu sehen, kräftige Ableger meines Stammes – das hilft mir, jung zu bleiben! Doch seid ihr fern, dann will der Gedanke an die wenigen Jahre, die mir noch zu leben bleiben, nicht aus meinem Sinn und nährt die Vorstellung von Alter und Tod. Acht Tage! Wie wenig habe ich von diesem Jungbrunnen trinken können! Adieu! Gehabt Euch wohl! Und da Euch Eure Accla getötet worden, so nehmet im Stall meine schöne Pompea! Ich verehre sie Euch!«
    »Wie, mein Herr Vater, Ihr wollt mir Eure Leibstute schenken?«
    »Nehmt sie, nehmt sie! Keinen Dank! Sie gehört Euch!«
    Allein, ich hätte vorgezogen, daß er sie mir nicht geschenkt hätte, denn es schmerzte mich, daß er sich um meinetwillen von seinem geliebten Pferd trennte, sah ich doch darin ein Zeichen von Gleichgültigkeit gegen sich selbst, welche ebenso wie der Geiz eine der Auswirkungen des Alterns ist, dessen Spuren waren nur allzu deutlich bei Oheim Sauveterre sichtbar, welcher, immer hagerer geworden und stets in Schwarz gekleidet, mir vorkam wie ein hinkender Rabe in der Ackerfurche. Und so zeigte auch mein Vater, der doch noch munter und kräftig war, sich ständig bewegte, auch manche Nacht mit seiner Franchou sich ergötzte (ohne die gelegentlichen Beilager in den Bauernhäusern des Burgbanns zu zählen), Anzeichen einer Hinfälligkeit mehr des Geistes als des Körpers, sein fröhlicher Sinn schien zu schwinden.
    Nachdem wir auf dem alternden Mespech (wo es dennoch gottlob nicht an Kindern fehlte, dafür sorgte mein Vater) von allen Abschied genommen und meine Gefährten schon im Sattel saßen, schwang ich mich auf die schöne Pompea, welche in ihrer Lebhaftigkeit und ihrem Ungestüm sogleich meine Sattelfestigkeit erproben wollte und ihr Hinterteil hob, mich abzuwerfen. Ich aber, ohne ihr die Peitsche zu geben, denn unsere Ehe sollte nicht mit Schlägen beginnen, ließ sie durch meinen Schenkeldruck und meine Hand fühlen, daß meine Unerschrockenheit der meines Vaters in nichts nachstand. Sobald sie, noch etwas zitternd von dem Kräftemessen, besänftigt war,klopfte ich ihr auf den Hals, indes ich im Lichte des beginnenden Tages ihr fuchsrotes, fast goldschimmerndes Fell mit der fahlgelben Mähne bewunderte. Und sie streichelnd, sprach ich sanft zu ihr:
    »Ho! schöne Pompea, ich bin es wohl zufrieden, daß du soviel Feuer in den Adern hast, denn wir haben gar etliche Meilen hinter uns zu bringen, ehe dir der Hafersack auf Montaigne winkt, und nochmals Meilen um Meilen bis nach Paris.«
     
    In einiger Entfernung von Schloß Montaigne ließ ich meine Schar an einer kleinen Herberge, welche keinen schlechten Eindruck machte, halten und schickte Miroul voraus zum Schloßherrn, ihn zu fragen, ob er uns aufzunehmen gewillt; wir seien von den Ereignissen überrascht worden, so daß es unmöglich war, ihm eher von unserem Kommen Kunde zuteil werden zu lassen. Wonach wir absaßen, unsere

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