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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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sprach, vermeinte ich einen kleinen Stachel in seinen Worten zu verspüren, was mich ein wenig verdroß, und so entgegnete ich:
    »Ho ho, Miroul, es steht dem Herren wohl an, großzügig zu sein. Habe ich dich nicht auch neu ausstaffiert, als wir Montpellier verließen?«
    »Gott möge es Euch, Moussu, und auch Madame de Joyeuse vergelten … Doch in Paris wird niemand sein, der uns das Säckel neu füllt. Daran sollte man denken, Moussu.«
    »Schon gut, Miroul, Samson wird für zwei daran denken!«
    »Aber dieser Ring, Moussu! Und von Gold! Kaum aufgebrochen, sind wir schon ruiniert! Und das alles für ein Frauenzimmer, das sich so wenig dienstfertig erweist im Hause!«
    »Aber mir erweist sie sich dienstfertig, mir! Und um die Wahrheit zu sagen, ich bin ganz verzaubert von ihr!«
    »Oh, Moussu! Wer würde Euch nicht verzaubern? Ihr werdet weich wie Wachs, sobald sich ein Weiberrock zeigt.«
    »Du weißt selbst, wem ich darin nachschlage.«
    »Der aber hätte einer Hausmagd, die im ganzen Jahr nicht für zwei Sols Dienst verrichtet, niemals einen Ring von Gold versprochen!«
    »Genug, Miroul!« rief ich, »hör auf mit diesem Lied, sonst werde ich zornig!«
    Und offen gestanden, zornig war ich bereits, doch über mich selbst, denn mein hugenottisch Gewissen plagte mich schon, daß ich vor der Gavachette in so törichter Weise den großen und freigebigen Herrn gespielt.
    Im großen Saal erwartete mich nur mein Vater, vor sich auf dem Tisch ein gutes Weißbrot, einen Schinken und einen Krug Milch. Sein Gesicht schien gelassen, allein wenn man genauer hinsah, bemerkte man einen Anflug von Traurigkeit. Nachdem er mir bedeutet, ich solle mich setzen und essen, erhob er sich und ging mit schweren Schritten, welche auf dem steinernen Estrich nachhallten, auf und ab. Und indes ich mitten im Essen war, rief er unversehens mit grimmigem Gesicht und tönender Stimme aus:
    »Acht Tage! Ein ganzes Jahr habe ich auf dich und Samson gewartet! Wie hartherzig ist doch das Schicksal, daß es Euch mir für kärgliche acht Tage nur wiedergibt! Acht kurze Tage, und schon müßt Ihr wieder in die Ferne! Als Geächtete! Jederzeit in Gefahr für Leib und Leben! Warum konnte sich Samson nicht entschließen, auf den Hundsfott Malvézie zu feuern! Hätte er ihn über den Haufen geschossen, dann wären wir nicht in dieser vermaledeiten Lage. Auf sich allein gestellt, hätte Madame de Fontenac niemals so gemein gegen uns intrigiert, zum einen weil sie mir Dank weiß, daß ich einst Diane kurieret, und zum anderen weil sie besser als jede andere Menschenseele auf der Welt die Ruchlosigkeit und Verderbtheit ihres verblichenen Mannes kennt, welcher sie in ihrer Jugend entführt, genotzüchtigt und zur Heirat gezwungen. Aber Malvézie ist ein gewissenloser Intrigant und Ränkeschmied. Er will die Güter an sich reißen. Und er spielt den Rächer und Wächter der Gerechtigkeit, um sich Rechte anzumaßen, welche ihm ob seiner Geburt als Bankert nicht zukommen. Es wäre um Diane und ihre Mutter geschehen, wenn ihm niemand Einhalt geböte. Zwei Frauenzimmer! Was vermögen sie auszurichten gegen das Ungeheuer?«
    Doch nachdem er mit einemmal stehengeblieben war, sprach Jean de Siorac, die Hände in die Hüften gestützt, mit gänzlich veränderter Miene und Stimme zu mir:
    »Ich hörte, wie Ihr den Maestro Giacomi mit Bruder anredetet. Habt ihr euch verbrüdert?«
    »Allein durch gegebenes Wort, nicht kraft einer vom Notarius verfertigten Urkunde, da wir keine Güter besitzen, welche wir uns gegenseitig zu überschreiben vermöchten.«
    Worauf mein Vater ein kurzes Weilchen schwieg und dann mit seinem munteren, schalkhaften Lächeln sprach:
    »Ihr, welche ihr in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts geboren, tut die Dinge auf eine viel eilfertigere und raschere Art denn wir, die wir in der ersten Hälfte auf diese Welt gekommen. Ihr habt zwei Tage gebraucht, euch zu verbrüdern, Sauveterre und ich hingegen zwei Jahre.«
    »Doch Ihr hattet Sauveterre vom ersten Augenblick an in Euer Herz geschlossen?«
    »Vom ersten Augenblick an! Mit der ersten Gefühlsregung! Und vom ersten Kampf an! Gleich als ich sah, was für ein Kerl in ihm steckte, von welch edlem Charakter er war!«
    Hierauf setzte er sich, wiederum lächelnd, mir gegenüber und sprach:
    »Was Maestro Giacomi betrifft, beruhigt es mich nicht nur, Euch von einem so meisterlichen Fechter begleitet zu wissen, sondern er gefällt mir auch gar sehr. Ob er adelig ist oder nicht, ficht mich wenig an. Er

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