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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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an Üblem von dieser »vermaledeiten Stadt« vermeldet: Gestank und Unbeschwerlichkeiten, ein Gedränge, das einen schier erdrückt, der unerträgliche Lärm der Kutschen und Wagen, der unglaubliche Hochmut ihrer Bewohner.
    »Monsieur de Montaigne«, sprach ich, »dies ist ein ganz anderer Ton als jener, den ich so oft im Languedoc gehört.«
    »Nichts als Vorurteile!« entgegnete Montaigne. »Ich selbst erzürne mich nie so sehr gegen Frankreich, daß ich auch Paris mit bösen Augen betrachte. Dieser Stadt gehört meine Liebe von Jugend an … Je mehr schöne Städte ich seitdem gesehen, desto mehr ist mir ihre Schönheit ans Herz gewachsen. Ich liebe sie um ihrer selbst willen und mehr in ihrem eigentlichen Wesen als mit fremdem Putz geschmückt. Ich liebe sie von Herzen einschließlich ihrer Makel und Schandmale, denn ich bin Franzose nur vermöge dieser großen Stadt, welche groß ist an Völkerschaft, groß an Glückseligkeit ihres Dunstkreises, vor allem aber groß und unvergleichlich an Fülle und Vielfalt ihrer Annehmlichkeiten, und so ist sie der Ruhm Frankreichs und eine der edelsten Zierden der Welt.«
    Während dieser Rede sahen wir drei mit großem Entzücken einander an und erfaßte uns eine so große Begeisterung für die Schönheiten, denen wir den kommenden Morgen auf den Straßen des Königreiches entgegenreiten würden, daß ich fast die Ursache meines Besuches vergaß. Und ich erinnerte mich erst wieder daran, als Monsieur de Montaigne, nachdem er seine Rede noch ein Weilchen fortgesetzt, sich erhob und sichentschuldigte, daß er uns wegen einer Verrichtung, welche er noch vor dem Schlafengehen zu erledigen hätte, verlassen müsse, wobei er hinzufügte, so wir entschlossen wären, den kommenden Tag bereits im Morgengrauen aufzubrechen, dann müßten wir jetzt schon Abschied nehmen, denn er sei gewöhnt, da er bejahrt und verheiratet, sich erst spät zu erheben. Und indes ich – ungewiß, ob er mein Gesuch vollends vergessen hatte oder ob sein Schweigen dazu eine Ablehnung bedeutete – in meinem Sinne schwankte, ob ich die Sache noch einmal aufs Tapet bringen sollte, sprach er zu mir:
    »Monsieur de Siorac, ich werde meinem Secretario unverweilt Euer Gesuch an den König diktieren. Er wird es Euch morgen bei Euerm Aufbruch einhändigen. Ihr braucht es dann nur noch zu unterzeichnen.«
    »Oh, Monsieur!« rief ich aus, »wieviel Dank schulde ich Euch!«
    »Keinen. Ein Unrecht, das einem einzelnen angetan wird, ist ein Unrecht für das ganze Menschengeschlecht. Und ein jeder strebe danach, es wiedergutzumachen, so er sich nicht mitschuldig machen will.«
    »Monsieur«, sprach ich, »ein letztes Wort: verstattet Ihr mir, zu offenbaren, daß mein Gesuch an den König von Eurer Hand aufgesetzt ist?«
    Worauf Montaigne mit gerunzelter Stirn und bedächtiger Miene zu zögern schien, ob er ja oder nein sagen solle; aber schließlich siegte seine Großherzigkeit über seine Vorsicht, so daß er sich für einen Mittelweg entschied und lächelnd sprach:
    »So man Euch fragt oder Ihr es als nützlich für den Zweck erachtet, welchen Ihr Euch davon erwartet, dann sagt es. Ansonsten saget nichts.«

VIERTES KAPITEL
     
    Wir erreichten Montfort-l’Amaury ohne Hinderung noch Hinterhalt am Abend des 1sten August, und da es noch ein guter Tagesritt bis Paris war, beschloß ich, daß wir die Nacht in diesem schönen Städtchen verbringen sollten, das im Schutze seiner alten Türme am Rande des gleichnamigen Waldes gelegen ist. Allein, in den beiden Herbergen des Ortes wies man uns ab, denn es war kein Platz mehr, auch nur eine Stecknadel unterzubringen, so viele Edelleute aus der Normandie und der Bretagne hatten allhier haltgemacht auf ihrem Wege nach Paris, wo sie auf Einladung des Königs an der Hochzeit der Prinzessin Margot teilnehmen wollten. Und wir hätten uns in gar arger Verlegenheit befunden (denn an diesem 1sten August war das Wetter kalt und regnerisch, so daß man nicht im Freien nächtigen konnte), wenn nicht die Wirtin der zweiten Herberge, aus Mitleid mit unserer Lage und angetan von unserem guten Aussehen (und der Schönheit meines Samson), uns geraten hätte, an die Tür von Meister Béqueret zu klopfen, welcher eine Apotheke auf der linken Seite der Kirche betrieb und ein sehr geräumiges Haus besaß, worinnen er uns aufnehmen könne, wenn es ihm beliebte.
    Wir begaben uns dorthin, und obwohl der Hausdiener uns die Tür gleich wieder vor der Nase zuschlagen wollte – denn Monsieur Béqueret

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