Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
ward gar oft inkommodieret von Reisenden auf der Suche nach einem Nachtquartier –, gelang es mir doch durch die Artigkeit meiner Rede (als auch durch einiges Geld, das ich ihm zusteckte), ihn zu bewegen, seinen Herrn zu rufen. Dieser ließ uns nicht in sein Haus, sondern in seine Offizin ein, welche nicht so groß wie die von Meister Sanche zu Montpellier, aber so neu und schön war, daß mein hübscher Samson, höchstlich davon entzückt, mit weit geöffneten Augen überaus begehrlich die mit goldenen Lettern beschrifteten Porzellangefäße betrachtete, welche die Wände von oben bis unten schmückten.
Meister Béqueret, welcher recht groß von Statur war, dunkle Augen und schwarze Haare hatte sowie von verbindlichem Wesen war, hörte höflich meine Worte an, mit denen ich ihm kundtat, welch Standes ich sei und was mein Begehr. Worauf er mein Ansinnen zwar sehr verbindlich doch entschieden ablehnte, denn als Apothekermeister und angesehener Bürger der Stadt hielt er es unter seiner Würde, Geschäft zu treiben mit der Beherbergung von Fremden oder der Vermietung von Kammern, auch nicht an die jüngeren Söhne des Barons von Mespech, welchen er im übrigen die Ehre habe sich zu empfehlen.
Worauf er sich in der Tat, recht steif, vor mir verneigte. Ich tat ein Gleiches, schwatzte jedoch – ohne Miene zum Aufbruch zu machen – lächelnd weiter, als hätte er mich nicht eben abgewiesen, und verfehlte nicht zu erwähnen, daß ich ein Doktor der Medizin aus der Schule zu Montpellier sei. Obgleich ihn dies, wie ich erwartet, etwas milder stimmte, wollte er trotzdem in der Hauptsache nicht nachgeben, und da in diesem Augenblick der Regen mit verstärkter Kraft an die Fenster trommelte, fiel mir schier das Herz in die Hosen, so sehr erschreckte mich der Gedanke, die Nacht mit meinen Gefährten im Freien verbringen zu müssen.
Recht niedergeschlagen schickte ich mich schon an, von Meister Béqueret Abschied zu nehmen, als Samson, welcher ganz versunken war in seine begeisterte Betrachtung und nichts von unserem Gespräch gehört hatte, unversehens mit verklärten Augen ausrief.
»Oh, Meister Béqueret! welch schöne Offizin Ihr habt! Und welch edle Stoffe und Substanzen Ihr in diesen Gefäßen aufbewahret! Man sieht, daß Ihr es nicht am Besten mangeln laßt bei der Verfertigung Eurer Arzeneien!«
»Und woran ersehet Ihr das, mein Herr?« fragte Meister Béqueret mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Daran, daß Euer Senneskraut aus Alexandria kommt und nicht aus Seyde, welch letzteres zwar wohlfeiler ist, doch von meinem Meister Sanche als minderwertig, grob und unrein erachtet ward, so daß es nicht einmal einem Esel verabreicht werden sollte.«
»Wie!« entgegnete Béqueret, »habt Ihr etwa bei dem hochberühmten Meister zu Montpellier in Dienst gestanden?«
»Fünf Jahre lang«, antwortete mein Samson, »ehe ich selbst am 24sten August im Jahre des Herrn 1571 in den Stand eines Apothekermeisters erhoben ward.«
»Was!« sprach Béqueret, »Ihr seid meines Standes! Und ein Schüler von Meister Sanche! Warum habt Ihr dies nicht gleich vermeldet, anstatt Euch mit Euren Adelstiteln zu schmücken? Fühlet Euch hier wie zu Hause, mein Zunftbruder! Und auch Ihr, gelehrter Doktor der Medizin«, fügte er mit einem Blick auf mich hinzu, jedoch mit weniger Herzlichkeit, denn obwohl ich aus einer benachbarten Familie kam, war ich doch nicht ganz von gleichem Geblüt.
Welchen Empfang uns der gute Mann darauf bereitete, überlasse ich deiner Vorstellungskraft, lieber Leser, denn kaum saßen wir an der Tafel, sprach er davon, uns alle vier nebst unseren fünf Gäulen den ganzen Monat August bei sich zu beherbergen, da wir in Paris gewißlich kein Unterkommen fänden, alldieweil in der Hauptstadt eine solch riesige und vielzählige Menge zusammengeströmt wegen der Hochzeit der Prinzessin Margot, welche die gebenedeite Jungfrau Maria schützen möge. Worauf ich amen sprach und so auch Giacomi, nicht aber Samson, denn meinem hübschen Bruder widerstrebte diese götzendienerische Anrufung gar sehr in seiner hugenottischen Strenggläubigkeit. Ich dankte Meister Béqueret über alle Maßen, doch bedeutete ich ihm, daß ich nicht in Montfort verweilen könne, da ich mich in Paris nicht nur am Tage der königlichen Hochzeit aufhalten müsse, sondern den ganzen Monat über, um jeden Tag
in persona
im Louvre vorstellig zu werden, dem König ein Gesuch, von dem meine Zukunft abhänge, zu überreichen.
»Oh, Monsieur«, sprach da Dame
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