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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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des katholischen Glaubens! Der wahre König von Paris! Monsieur, aus Liebe zum Herzog von Guise, tragt Euer Begehr vor, ich bitte Euch. Es gibt nichts, was ich nicht für Euch täte!«
    »Madame«, sprach ich, »ich begehre einzig und allein zu wissen, wo Monsieur de Nançay wohnt.«
    »Ei, das ist eine heikle Angelegenheit, mein Herr. Hier kann ich nicht allein entscheiden. Ich bitte Euch um ein wenig Geduld (gerechter Gott! hatte ich nicht schon genug davon aufbringen müssen?), mit Eurer Erlaubnis werde ich ungesäumt meinen Mann holen.«
    Und sie ging ihn holen, indes Miroul das Gesicht in die Mähne meiner Pompea drückte, um nicht vor Lachen herauszuplatzen. An der Statt der verschwundenen Mutter war die Tochter wieder erschienen und betrachtete uns schweigend von der Türschwelle aus, als wären wir Bewohner eines anderen Sternes, obgleich doch zu Paris – allerdings, wie es schien, nicht in der Rue des Sablons – eine Menge anderer hugenottischer oder katholischer Edelleute aus den entferntesten Teilen des Königreiches zur Hochzeit der Prinzessin Margot zusammengeströmt waren.
    Endlich kam der Mann, welcher, wie mir deuchte, ein reicherKaufmann war, in nüchternes Braun gekleidet, mit einer Halskrause angetan, kahlköpfig und schmerbäuchig, wachen Auges, welcher mir seinerseits nicht enden wollende Fragen stellte, so daß ich mich schließlich genötigt sah – da ich einen Mann, der wie seine Frau von sich behauptete, »auf höchst freundschaftlichem Fuße mit Monsieur de Nançay zu stehen« (womit sie alle beide logen), nicht beleidigen wollte –, ihm meine Sache zu berichten, welchselbe er mit der größten Begierde anhörte und, seine Frau herbeirufend, sie ihr in aller Ausführlichkeit wiederholte und nicht aufhören wollte, über Duelle zu diskutieren, welches Thema ihm offensichtlich sehr am Herzen lag.
    Nach solcher Rede, die wohl eine Viertelstunde währte, ließ er sich endlich herab, mir zu sagen, daß Monsieur de Nançay in dem Hause rechts neben dem seinen wohnte. O Gott! dachte ich, hätte ich doch gleich an jene Tür und nicht an diese hier geklopft!
    »Aber«, fügte er hinzu, »Ihr könnt zur Stunde noch keinen Besuch bei Monsieur de Nançay machen. Dazu ist es zu früh.«
    »Das dünkt mich auch«, erwiderte ich. »Ich werde mich erst nach Notre-Dame begeben und dort die kommende Stunde verbringen.«
    »Oh, Herr!« rief er aus, überzeugt, daß ich an einem Dienstag zur Messe gehen wolle, »wie froh bin ich, zu sehen, daß Ihr trotz Eures jungen Alters so fromm und gottesfürchtig seid, wo doch zu Paris und leider sogar am Hofe des Königs das satanische Ketzertum Calvins um sich greift!«
    Nach welchen Worten ich mich schweigend vor den beiden verbeugte oder vielmehr vor den dreien, denn hinter dem Rücken ihrer Mutter hervor warf mir jetzt die Tochter des Hauses trotz meines Wamses, das nicht der gängigen Mode entsprach, gar liebreizende Blicke zu, und mich in den Sattel schwang, indes mich Miroul mit seinem braunen Auge höchst belustigt anblickte, so daß ich um ein Haar diesen guten, jedoch zudringlichen Leuten unhöflich ins Gesicht gelacht hätte.
    Als ich dann die Kathedrale Notre-Dame beschaute, wurde ich von allerhöchstem Erstaunen erfaßt, doch will ich es hier nicht beschreiben, denn das würde ein ganzes Buch füllen. Und wiewohl es meinem hugenottischen Glauben widerstrebte, so viele Götzenbilder zu sehen, sei es auf den bemalten Kirchenfenstern,sei es als behauene Statuen, mußte ich sie dennoch bewundern und hätte nicht gewollt, daß sie – wie in so vielen Kirchen – von den blinden Eiferern meines Lagers zerstört, sondern im Gegenteil bewahrt würden, auf daß auch unsere Söhne sie bewundern können, ohne ihnen jedoch eine Verehrung entgegenzubringen, die allein Gott gebührt. Im übrigen scheint mir, daß sie, wenn man sie nicht als Heiligtümer, sondern einfach als Darstellungen des Menschen betrachtet und also nicht verehrt, dann höher geschätzt werden.
    Das wunderbarste dieser Götzenbilder oder zumindest dasjenige, welches mir am besten gefiel, war eine Marienstatue am Stiftsportal. Sie hatte ein gar liebliches Angesicht mit einer geraden, feingeschnittenen Nase und wie in neugierigem Erstaunen weit geöffnete Augen, so daß mir beim Betrachten ihres liebreizenden, munteren Gesichts der Gedanke kam, daß der Bildhauer als Modell wohl eine Pariserin erwählt haben müsse, und wer weiß, vielleicht gar diejenige, welche sein Lager teilte! Und daß er sie

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