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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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phantastisch aus. Aber ich sage euch lieber dasselbe, was ich meinen Fahrern sage. Die hübschen jungen Mädchen haben alle mindestens drei Brüder, acht Onkel und einen jähzornigen Vater, und die Alternative lautet: Entweder du heiratest die Kleine, oder du landest im Meer. Ehre, Schande und Blutrache werden hier großgeschrieben. Also, Finger weg von den Mädels! Macht es im Kopf und mit der Hand!«
    Sie lachten alle drei.
    Poulsen steuerte den Wagen durch Pfützen und Morast und zwischen gelben abblätternden Häusern hindurch eine enge, nicht asphaltierte Gasse hinauf. Bunte Wäsche hing an ausgespannten Leinen, und ein paar kleine Kinder winkten und machten das V-Zeichen. Unter verrammelten Fenstern waren zwei Parabolantennen an der Hauswand befestigt. Elektrische Leitungen wanden sich wie verfilztes Garn über der Gasse. Auf einem Bauplatz neben einem kleinen Hotel, das sich »Mediterranean« nannte, standen drei weitere weiß lackierte UN-Fahrzeuge. Poulsen hielt und machte den Motor aus. Teddy kroch mühsam von seinem Rücksitz und griff sich seine Tasche.
    »Moment noch«, sagte Poulsen leise und legte Toftlund die Hand auf die Schulter, bevor er auch aussteigen konnte. »Ich wußte nicht, wieviel ich vor dem Herrn Akademiker sagen durfte.«
    »Er ist eingeweiht«, sagte Toftlund.
    »Dann ist es ja gut. Wir haben von höchster Stelle daheim den Befehl bekommen, euch zu helfen. Obwohl wir eigentlich verdammt was anderes zu tun haben. Aber nichts für ungut. Mit unserem System können wir die Frau nicht so ohne weiteres finden. Das muß aber nicht viel heißen. Hier ist sowieso alles ein einziges Chaos. Dann gibt es noch eine andere Möglichkeit. Die Mafia…«
    »Was hast du denn mit der zu schaffen?«
    »Offiziell natürlich nichts. Aber paß auf. Der Hafen hier in Durrës wird von der Mafia kontrolliert. Ich soll für die UNHCR dafür sorgen, daß tagtäglich Tonnen von Vorräten und anderen Lieferungen durch diesen Hafen geschleust werden und nicht aufgrund von Zollproblemen in einem Speicher landen. Das hier ist ja ein souveränes Land, das uns und die NATO eingeladen hat, aber Wert darauf legt, nicht besetzt zu sein. Es ist ein kapitalistisches Land, in dem Spediteure, Zöllner, Beamte und Polizisten in dem Boom, den der Krieg herbeigeführt hat, Kasse machen müssen. So ist es nun mal. Kommen meine Güter nicht ins Land, sterben die Leute vor Hunger oder Kälte. Solange wir nicht so viel Militär haben, daß die NATO einfach den Hafen übernehmen kann, wenn die albanische Regierung in Tirana zustimmt, muß ich leider im Dienste einer besseren Sache die nötigen Maßnahmen ergreifen…«
    »Du brauchst dich mir gegenüber nicht zu rechtfertigen.«
    »Du hast mich gefragt.«
    »War nicht so gemeint.«
    »Wo Not ist, sind auch die Geier der Not«, sagte Poulsen, und Toftlund sah die Erschöpfung in seinen Augen und seiner grauen Gesichtsfarbe. Es war nicht gerade ein einfacher Job, Speerspitze in einer Katastrophensituation zu sein, die den reichen Ländern die Macht zu entreißen drohte.
    »Es war nicht so gemeint.«
    »Schon gut. Ich habe ihnen zu verstehen gegeben, daß du dich gerne mit ihnen treffen würdest. Bestimmte Kontaktpersonen haben die Informationen bekommen, die du mir gegeben hast. Du hast gesagt, es pressiert, so daß…«
    »Sehr gut.«
    »Wir müssen schauen, ob sie sich melden. Aber mit einem gewissen Risiko ist das Ganze schon verbunden.«
    »Ich brauche eine Waffe«, sagte Toftlund und sah Poulsen in die Augen.
    »Ich bin Zivilist und arbeite für die UNO. Das habe ich nicht gehört.«
    »Jetzt mach schon, verflucht noch mal.«
    Poulsen sah ihn forschend an.
    »Ich habe das nicht gehört«, sagte er tonlos. »Aber ich kann dich nicht daran hindern, einen anderen alten Kameraden zu treffen. Major C. S0rensen, Jägerkorps.«
    »Das darf nicht wahr sein, C. ist hier?«
    »Die dänische Vorhut kam vor ein paar Tagen hier an. Nicht weit von hier haben sie ihr Lager aufgeschlagen. Es sind die Vorbereitungen zu einem richtigen Krieg oder zumindest zu einer Besetzung des Kosovo.«
    »Das ist wunderbar, Torsten«, sagte Toftlund.
    »Meinst du? Ich weiß nicht recht. Aber die Vorstellung, daß du ganz nackt mit dem Teufel ins Bett gehst, mag ich auch nicht. Denn darauf läuft das Ganze sonst hinaus.«
    »Was weißt denn du davon?«
    »Ich schlafe mit ihm überall, wo Menschen seinem Gebot folgen, wie zur Zeit in diesem gebeutelten Teil Europas. Ich kenne ihn. Ich sehe ihn jeden Tag. Ich räume

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