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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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zusätzlich.
    Don Alberto beugte sich über den Tisch und begann leise zu sprechen. Das Theatralische verschwand aus seiner Wortwahl, und mit dem etwas gekünstelten amerikanischen Akzent klang er beinahe wie ein ganz normaler Geschäftsmann.
    »In den letzten fünf Jahren hat sich Ihre Schwester meistens in Budapest aufgehalten. Von dort hat sie eines der besten Geschäfte organisiert, die in der postkommunistischen Wirklichkeit getätigt worden sind. In Ungarn ist es als der große Ölschwindel bekannt. Wir waren viele, die sich darüber sehr gefreut haben. Das ist ein weiterer Grund, warum ich gerne helfe, Signor Teddy. Alles hat seine Zeit, und die Zeit dieses Ölgeschäfts ist vorbei, aber was soll’s – sogar heutzutage sind vierhundert Millionen Dollar Gewinn ein nettes Sümmchen, nicht wahr? Der Gewinn wurde in neue Technologien gesteckt und in die Etablierung einer Zusammenarbeit zwischen sogenannten legalen Unternehmen und den etwas geschäftstüchtigeren, wenn ich sie so nennen darf.«
    »Es geht also bei der ganzen Angelegenheit eigentlich um Geld?« sagte Teddy.
    »Es geht meistens um Geld, Signor Teddy«, sagte Don Alberto.
    Wie zu sich selbst sagte Teddy:
    »Vielleicht, aber Irma hat sich nie für Geld interessiert. Das kann nicht ihr Motiv gewesen sein.«
    »Wer ist Irma, Signor Teddy?«
    »Meine andere Schwester.«
    »Wenn sie so ist, ist sie für diese Welt zu gut«, sagte Don Alberto.
    »Also deshalb suchen einige von Ihren, darf man sagen, Konkurrenten nach Mira?« fragte Toftlund.
    »Das tun sie, Mr. Toftlund. Sie suchen sie, weil sie glauben, sie könne auf die Landkarte zeigen und ihnen erzählen, wo der Schatz begraben liegt. Das ganze schöne Geld, das sie mitgenommen hat, als die Erde unter ihren Füßen zu brennen anfing und sich alles nur darum drehte, sich eine Lebensversicherung zu verschaffen.«
    »Warum können die sie denn nicht finden, wenn es Ihnen, wie Sie sagen, gelungen ist, Don Alberto?«
    Don Alberto lächelte und setzte wieder seine theatralische Maske auf.
    »Das hier ist mein Territorium. Ich bin wie ein alter Kater. Ich erlaube es anderen Katern nicht, dort zu pinkeln, wo ich meinen Abendspaziergang mache.«
    Seine Miene wurde kalt, und seine Lippen wurden wieder schmal.
    »Mira Majola ist in einem Flüchtlingslager in einer stillgelegten Tabakfabrik in Shkodër. Sie steht unter meinem Schutz, hat aber darin eingewilligt, mit euch zu sprechen. Mit ihrem Bruder und dem Mann vom dänischen Sicherheitsdienst. Aber, liebe Freunde – darf ich euch so nennen, nun, da wir einander unsere Herzen ausgeschüttet haben –, meine lieben Freunde, die gute Schwester steht unter meinem Schutz, also laßt uns zum Schluß darauf anstoßen, daß sie weiterhin bei guter Gesundheit bleiben möge.«
    Damit war die Audienz zu Ende. Toftlund und Teddy stolperten im Zwielicht der wenigen erleuchteten Straßenlaternen nach Hause. Es waren kaum noch Menschen draußen, nur auf der Hauptstraße sahen sie ein paar Polizisten auf Streife und einige wenige Passanten. Die Hauptstraße war auch stärker beleuchtet. Bislang waren sie schweigend nebeneinanderher gegangen, aber hier im Licht fühlte sich Toftlund auf sichererem Boden als auf der dunklen Strandpromenade.
    »Das ergibt einen Sinn«, sagte er.
    »Was?«
    »Die Mafia, oder wie auch immer wir sie nennen sollen, hat geglaubt, daß dir deine Halbschwester Informationen darüber hat zukommen lassen, wo sich das von ihr gestohlene Vermögen befindet. Sie haben geglaubt, sie seien in den Papieren versteckt gewesen, die dann verschwunden sind.«
    »Es war kein Geld in dem Umschlag. Ein Vermögen schon gar nicht.«
    »So versteckt man heutzutage auch kein Geld mehr. Das liegt auf Geheimkonten auf den Cayman Islands oder entsprechenden Orten. Du mußt die Depotnummer haben. Und ein Kodewort. Dann kannst du das Geld woandershin überweisen. Das war es, was sie dir gegeben hat. Als Sicherheit. Versteckt in den Papieren über deinen Vater. Alte, gleichgültige Unterlagen aus dem Krieg. Ihr Werkzeug waren ein Computer und das Internet. Das Geld liegt sicher auf mehreren Konten, bei verschiedenen Banken. In den Papieren hatte sie die Nummern, die Kodes und die Decknamen der Konten versteckt. Trust me.«
    »Clever. Wenn man Räuber bestiehlt, bei wem sollen die Räuber dann Anzeige erstatten?« sagte Teddy.
    Sie schwiegen wieder. Sie konnten immer noch das Meer riechen, und wie gewöhnlich war ein Donnern am Horizont zu hören, bald würden dicke

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