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Die Haarteppichknüpfer - Roman

Die Haarteppichknüpfer - Roman

Titel: Die Haarteppichknüpfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Erforschung des kaiserlichen Archivs. Sie durften kommen und gehen, wie sie wollten, in allen Unterlagen und Archivschränken wühlen und die Stille der Jahrtausende mit ihrem keifenden Geschwätz verunreinigen. Nichts war ihnen heilig. Und wenn sie mit ihm sprachen, dann immer in einer Art, mit der sie klarstellten, dass sie jung und schön und mächtig waren und er alt, hässlich und rechtlos.
    Natürlich war es Absicht gewesen, ihm zwei Frauen vor die Nase zu setzen. Sie wollten ihn demütigen. Die Frauen trugen die neue Mode, die Mode der Rebellen, die viel zeigte und noch mehr ahnen ließ, und sie rückten ihm immer dicht genug auf den Leib, dass selbst er mit seinen kurzsichtigen alten Augen ihre verlockenden, kurvenreichen Körper sehen musste, zum Greifen nahe und doch unerreichbar für einen humpelnden alten Krüppel wie ihn.
    Vorhin waren sie gekommen, unangekündigt wie gewöhnlich, und hatten sich im Großen Lesesaal, dem Mittelpunkt des Archivs, breitgemacht. Emparak stand im Schatten der Säulen des Eingangsbereiches und beobachtete sie. Die rothaarige Frau saß in der Mitte. Rhuna Orlona Pernautan. Wie sie sich immer großtaten mit ihren dreifachen Namen, diese Rebellen! Neben ihr stand die Frau mit dem endlosen blonden Haar; soweit er wusste, war sie die Assistentin der Rothaarigen. Lamita Terget Utmanasalen. Und sie hatten einen Mann mitgebracht, dem Emparak noch nie vorher begegnet war. Aber er kannte ihn aus Regierungsunterlagen. Borlid Ewo Kenneken, Mitglied des Ausschusses für die Verwaltung des imperialen Nachlasses.
    »Wir sind viel zu spät dran!«, rief die rothaarige Frau. »Er kommt in zwei Stunden, und wir haben noch nicht einmal ein Konzept. Wie stellt ihr euch das vor?«
    Der Mann öffnete eine große Tasche und zog einen Stapel Akten heraus. »Es muss gehen. Und es braucht nicht perfekt zu sein. Er braucht nur einen klaren, kurzen Bericht, damit er eine Entscheidungsgrundlage hat.«
    »Wie lange wird er Zeit für uns haben?«, fragte die blonde Frau.
    »Höchstens eine Stunde«, erwiderte der Mann. »Wir werden uns auf das Wesentliche beschränken müssen.«
    Emparak wusste, dass sie ihn für einfältig und senil hielten. Jede ihrer Bewegungen, jedes ihrer Worte ihm gegenüber verrieten es ihm. Nun gut, sollten sie es glauben. Seine Zeit würde kommen.
    Oh, er wusste ganz genau, wie es heute aussah im Reich. Dem Archivar des Kaisers blieb nichts verborgen. Er hatte seine Quellen und Kanäle, über die ihm alles zufloss, was er wissen musste. Das wenigstens war ihm geblieben.
    »Was ist ihm von der Vorgeschichte der Gheera-Expedition bekannt?«
    »Er weiß von der Entdeckung der Sternkarten auf Eswerlund. Er war einer der Räte, die für die Aussendung der Expedition gestimmt haben.«
    »Gut. Das heißt, diesen Teil können wir uns schenken. Was ist ihm von den bisherigen Berichten bekannt?«
    »So gut wie nichts.« Die blonde Frau sah Hilfe suchend zu ihrer Kollegin hinüber. »Meines Wissens.«
    »Meines Wissens auch«, erwiderte die. »Am besten, wir stellen eine kurze Chronologie der Ereignisse dar, eine Zusammenfassung von, sagen wir, einer Viertelstunde. Dann hat er Zeit für Fragen …«
    »Auf die wir natürlich vorbereitet sein sollten!«, warf der Mann ein.
    »Ja.«
    »Fangen wir an«, schlug die Rothaarige vor. »Lamita, du könntest eine Liste führen, auf der wir mögliche Fragen festhalten, die uns zu einzelnen Punkten einfallen.«
    Emparak beobachtete die blonde Frau, wie sie nach einem Schreibblock und einem Stift griff und wie ihr Haar nach vorn fiel, als sie sich vorbeugte, um Notizen zu machen. Sie gefiel ihm, natürlich, und früher hätte er … aber sie war so jung. So ahnungslos. Saß inmitten von Jahrzehntausenden großer Geschichte und spürte nichts davon. Und das konnte er niemandem verzeihen.
    Wussten sie nicht, dass früher er da gesessen hatte? Emparak sah alles noch vor sich, als wäre keine Zeit vergangen seither. Dort an dem ovalen Tisch saß der Kaiser und studierte Unterlagen, die ihm sein Archivar gebracht hatte. Niemand sonst war anwesend. Emparak stand unterwürfig im Schatten der Säulen, die entlang der Halle in die Höhe ragten und die Glaskuppel stützten, von der fahles Licht herabfiel und die Szenerie in einen Schimmer tauchte, der an Ewigkeit gemahnte. Der Kaiser wendete die Seiten in seiner unnachahmlich graziösen Art, die der Gelassenheit seiner Macht entsprang, und las, ruhig und aufmerksam. Ringsum führten zehn hohe, dunkle Tore in zehn

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