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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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hinsetzen solle. Da hockte Dave. Er erinnerte Jim an Hisham, hatte irgend etwas Sanftmütiges, so wie die, die gegen den Krieg demonstrierten, gegen das Böse, Hunderttausende, friedfertig und entschlossen, und Dave sah ihn an, als glaube er an das Gute. Hockte da, erzählte von einem Hinterhalt, in den sie ihn gelockt hatten, ein paar aus seiner Schule, die sich freiwillig melden wollten, und er hatte etwas darüber gesagt, daß es nicht die Schuld der Irakis wäre, nicht die Schuld der Leute, erzählte etwas von einer Schlägerei, deswegen, weil er gegen den Krieg war, und Jim grinste, ließ ihn reden, brachte ihm ein zweites Bier, wartete noch ein bißchen und gab ihm, als er schläfrig wurde, eine Decke. Dankbar sah Dave ihn an. Aber Jim zog ihm mit einem Ruck die Decke wieder weg, hielt sie in die Luft, als spielte er mit einem Hund, und Daves Gesicht verzog sich ängstlich, gleich würde er losheulen, er bewegte sich unruhig hin und her und zitterte, weil sein Versteck nicht taugte, seine Lüge nicht taugte. Kein Versteck taugt für lange, dachte Jim, es brach an den Rändern auf wie ein Pappkarton, er sah den Jungen dasitzen wie in einem Käfig, es ekelte ihn ein bißchen. –Mann, dein Vater hat dich verdroschen! Stimmt’s? Er trat auf Dave zu, hatte Lust, ihn zu treten, trat ihn gegen die Hüfte, die knochig war. –Dein Vater, stimmt’s etwa nicht? Dave wand sich, er war rot geworden, und Jim lachte, schwenkte die Wolldecke hinauf, hinunter, traf die Glühbirne, Glas zerbarst, die Splitter fielen auf das Sofa, den Tisch, er riß Dave am Arm hoch. –Von wegen Hinterhalt, dein Vater war es; er betrachtete ihn, wie er dastand, überführt, beschämt, noch immer rot. –Und du kleiner Bastard lügst mich an! Zu feige, nach Hause zu gehen, oder wie? Die Bierflasche kippte um. Jim wartete, aber Dave bewegte sich nicht, wehrte sich nicht. Er packte ihn am Schopf, riß ihn zu Boden. Nichts, nicht einmal ein Wimmern. Jim ließ ihn liegen, ging zur Gartentür, öffnete sie. Auf der Backsteinmauer saß eine Amsel, sang. Die hellgelben Spitzen dünner Zweige hingen über die Mauer, es wurde allmählich Abend, es ging allmählich der Tag zu Ende, von der Straße oder aus anderen Gärten hörte man Stimmen, von irgendwo einen aufheulenden Motor, Musik, einen Staubsauger. Jims Gesicht spiegelte sich in der Glastür, es sah hell aus, hell, schön. Er starrte es an. Schön, hell, hatte Mae gesagt. So wie früher, als er ein so hübscher Junge gewesen war wie Dave jetzt, als die Lehrer ihm gesagt hatten, daß es schade um ihn sei, daß er in die Schule gehen müsse, daß er durchhalten solle, hatte ihm ein Lehrer gesagt, als er mit den blauen Flecken, den Striemen, die sein Vater ihm beigebracht hatte, im Sportunterricht erschien. Dave hätte nicht kommen dürfen. Seine eigene Schuld, und er wußte es. Hatte sich auf irgendwas verlassen, auf Jim verlassen, auf seine Gutmütigkeit, oder wie? Jim drehte sich um. –Steh auf, sagte er. Ging in die Küche, holte sich ein Bier, kramte in einer Schublade, holte sich ein Briefchen, weiß und fein, fein und rein, scheiß drauf, dachte er, erwartete jeden Moment Mae zu sehen, hallo Mae, da bist du ja, wie sie auf dem Sofa lag, unter einer Decke, ihn ansah, und die Jungs wollten in den Irak, so wie er früher zur Fremdenlegion, weil sein Vater ihn verprügelt hatte, den Gürtel rasch aus den Schlaufen gezogen, und später wieder, als er sich für Albert den Arsch aufreißen ließ. Aber Dave hatte gelogen. Hatte Prügel bezogen, weil immer irgend jemand Prügel bezog, warum nicht Dave? Er atmete vorsichtig aus, machte sich eine line , atmete tief ein. Dave war aufgestanden, stand einfach da, mit hängenden Armen, trotzig, stolz. –Sie wollen aber in die Armee, sagte er, die Älteren. Und es war wegen meiner Schwester. Dad läßt sie nicht in die Schule. Er sagt, daß die Behörden uns nicht finden werden, weil wir in die Wohnung meiner Tante gezogen sind, und daß sie zurückgeblieben ist, weil sie nicht wächst, daß sie ein Schandfleck ist. –Dann verpfeif ihn doch, sagte Jim gleichgültig. Sag’s doch deinen Lehrern in der Schule, die kommen sofort, darauf kannst du wetten. –Aber er schlägt sie, sagte Dave. Jim richtete sich auf, klarer jetzt, schüttelte sich, als könnte er abschütteln, was ihm durch den Kopf ging, der Junge und Mae, die junge Frau mit ihren nackten Beinen, den Turnschuhen, flink, erwartungsvoll, wie sie die Treppenstufen hinunterlief, ihr Mantel

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