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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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können, um mit den Göttern zu feilschen.«
    »Drohen sie mit einer weiteren Großen Flut?«, fragte jemand.
    »Der Regenbogen ist ihr Siegel«, protestierte ein anderer.
    »Sie können ihren Vertrag nicht einfach so aufkündigen.«
    Der Lugal hob die Hand. »Ich weiß nicht, womit sie drohen. Ich weiß jedoch, dass sie unzufrieden sind und dass der Himmel uns diese Unzufriedenheit offenbart. Geht nach Haus und in eure Geschäfte und gebt, so viel ihr nur geben könnt. Andernfalls werden wir nichts mehr haben, worauf wir unsere Zukunft bauen können. Denn dann wird es keine Zukunft mehr geben.«
    Während sich die Männer verstreuten, mischte sich der Lugal unter sie, bat den einen, einen Schlitten zu spenden, und jenen, seine besten Möbel zu opfern. Puabi würde nicht begraben werden; sie wurde für eine Reise in eine unbekannte Welt ausstaffiert, wo, so hoffte das Gemeinwesen, die gleichen Handelsregeln galten wie hier. Nimrod sah zum Himmel auf. Er wirkte friedvoll, obwohl der Lugal erklärt hatte, dass es in fünf Tagen zur Katastrophe kommen würde.
    Kalam, die Augen von Angst geweitet, rumpelte mit Ningal zusammen. »Die Ensi wird sterben?«
    »Puabi wird sich für uns verwenden. Das ist ihre Pflicht dem Gemeinwesen gegenüber.« Nimrod wiederholte, was sein Vater während aller zwölf Redeproben verkündet hatte, die Nimrod über sich ergehen lassen musste.
    »Ihr meint also, dass die Götter auf eine Frau hören?«
    Nimrod trat beiseite. Der Alte Knabe war derart arrogant, widerlich eitel. »Bevor deine Eltern-Eltern gehen konnten, waren Frauen unsere Richter. Sie waren die Ersten. Inana ist Himmelskönigin, weil sie eine ehrenhafte und gerechte Herrscherin ist.«
    »Und was ist mit der Großen Flut?«
    Nimrod seufzte. Nicht einmal Nirg, die doch eine gestandene Bergfrau war, kannte diese Geschichten. »Irgendein junger Gott, dem der Schädel dröhnte, weil er zu viel getrunken hatte, erboste sich über den Lärm, den die Menschen damals machten. Er wandte sich an den Gott der Götter, der auf die Erde niedersah und erkannte, wie sehr die Menschlichkeit unter der Bewohnerschaft an Wert verloren hatte, wie weit sie vergessen worden war. Der Gott der Götter verkündete, dass die Welt wieder rein gewaschen werden und ein neuer Anfang gemacht werden müsste. Inana feilschte mit ihm, dass jeder Mensch mindestens hundertzwanzig Jahre zu leben bekommen sollte.« Ningal zuckte mit den Achseln. »Schließlich überzeugte ihn ihre Beredtheit, und so wurde beschlossen, dass die Erde rein gewaschen werden sollte, und dass nach dem Neuanfang jeder Mensch hundertzwanzig Jahre gewährt bekommen sollte.«
    »Und was ist mit Ziusudra?«
    »Seine Familie war das Mittel, das Leben zu erhalten, damit die Götter keine neuen Menschen zu erschaffen brauchten.«
    »Das hat ein Weib zustande gebracht?«
    »Und darum muss ein Weib zum Himmel reisen, um erneut für uns zu sprechen.«
    »Wenn das stimmt, warum gibt es dann keine Frauen als Richter?« Kalam versuchte mit Nimrod sein Spiel zu treiben; doch Nimrod war nicht nach Spielen zumute.
    »Weil das Blut der Männer zu heiß ist, als dass sie auf die Stimme eines Weibes hören würde. Wir lösen unsere Probleme lieber mit den Fäusten als durch ein Gespräch. Wir greifen eher zum Speer als zu einem versöhnenden Becher. Zu kämpfen ist leichter als Kompromisse zu schließen.« Das hatte ihm Nirg oft genug vorgehalten.
    Dennoch fragte er sich, wie es wohl kam, dass die Frauen nicht mehr den gleichen Anteil an der Macht hatten und dass die Männer so oft Blutzoll forderten. Wie wirkten sich diese Unterschiede wohl auf ihre vereinte Menschlichkeit aus?
    Wir müssten ganz neu anfangen, dachte er. Ohne zugesicherte hundertzwanzig Jahre; möglicherweise würden wir dann unsere Zeit und unsere Kräfte sinnvoller nutzen.
    Rudi registrierte die Schritte draußen, noch bevor sie das leise Klopfen hörte. Einen Umhang über die Schulter werfend, öffnete sie die Tür. Sofort setzte sie zu einer Verbeugung an. »Asa Sterndeuter«, murmelte sie mit noch schlaftrunkener Stimme.
    »Lege dein Gewand an«, befahl er. »Ich habe eine Aufgabe für dich.«
    »Natürlich, Herr, aber . ich bin vom Dienst ausgeschlossen, wenn du dich entsinnst.«
    »Nicht mehr«, wehrte er ab. »Beeil dich.«
    Rudi lief in ihr Zimmer zurück und warf das SterndeuterGewand über, einen Umhang, der von ihrem Hals bis zum Boden reichte und dessen dunkler Grund mit Sternen bestickt war. Seit dem Tag nach dem Blutmond war

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