Die haessliche Herzogin
einholen. Herr von Schenna übernahm es.
Er saß vor ihr, dürr, in lässiger, uneleganter Haltung, sprach ihr mit seiner welken, brüchigen Stimme von allerlei Kleinzeug. Glitt mit seinen alten, klugen, skeptischen Augen auf und ab an ihr. Er als einziger ahnte die Zusammenhänge. Behutsam, beiläufig warf er ihr hin, sie möge nicht erschrecken, wenn nächster Tage einmal andere Besatzung das Schloß beziehe, verstärkte Besatzung. Sie möge, auch wenn geschrien, rumort, mit Waffen geklirrt werde, sich nur ja in ihrem Zimmer halten, für sie sei keine Gefahr. Er hielt ein, wartete. Sie reagierte nicht. Nach einer Weile, sacht, holte er aus, ob sie denn nicht frage, warum das alles. Nein, sie fragte nicht.
Er wechselte. Sprach von Agnes. Jeder neue Trauerfall bekomme ihr besser. Jetzt wieder, als sie hier im Schloß war, habe jeder sehen müssen, Schwarz stehe ihr am besten. Margarete horchte auf, der kluge Schenna sah: jetzt war ihre Gleichgültigkeit Maske. Er lenkte ab, kehrte dann wieder zurück. Ja, nun werde Agnes wohl bald auf längere Zeit als Gast hier einziehen; in diesem Stück sei Herzog Johann dem guten König Heinrich ähnlich. Margarete schnellte hoch. Schenna habe sich bisher immer als ihr Freund gezeigt. Ob dies wahr sei? Sie als Gefangene und die andere als Herrin: hier, in den gleichen Wänden, in der gleichen Luft – unausdenkbar sei das. Und er solle jetzt um Christi willen die Wahrheit sagen.
Schenna erwiderte schlicht: Ja, Johann habe Agnes von Flavon eingeladen; und wie er die Dame kenne, werde sie wohl annehmen. Da Margarete die Augen schloß, das Gesicht verzerrte: Es gebe ja noch Mittel, tröstete er, fing an von seinen Plänen. Sie winkte ab, wollte nicht hören.
Bat Herzog Johann dringlich zu sich. Ob das wahr sei? Ob er das wirklich tun wolle? Sie flammte. Das Schloß hier zu einer Hurenherberge machen? Er: Ja, er werde machen. Er werde sich erlauben. Er sah, daß er endlich, auf solche Art, sie treffen, ihre Starrheit durchstoßen, sie anbohren, wund machen konnte. Er beschaute sie mit seinen kleinen, hassenden, gierigen Wolfsaugen, schwoll an. Was sie sich erfreche? Ob sie ihm das Weib verbieten wolle? Sie ihm? Sie, so wie sie ausschaue? Margarete schluckte, sagte beherrscht: Sie bitte ihn nicht, zu bedenken, was man im Volk, was an andern Höfen sagen werde, wenn er hier, im Schloß ihres Vaters, das sie ihm zugebracht, sie im Kerker und die andere in Glanz halten wolle. Aber daran müsse sie ihn erinnern, daß der Mann seiner Mätresse die Revolutionäre geführt habe, daß jene mit im Komplott, vielleicht die Anstifterin gewesen sei, daß es undenkbar sei, jene habe den schmählichen Tod ihres Mannes so schnell vergessen. Er solle sich hüten vor ihr! Er lachte hämisch: Mit solchen Faxen solle sie ihm nicht kommen. Sie sei eine eifersüchtige Gans. Prahlerisch fügte er hinzu: Wie, wenn etwa gar Agnes ihn gewarnt, ihre Intrigen vereitelt hätte?
»Ich habe dich doch gewarnt !« rief sie. »Ich! Ich!«
Ihm, für einen Augenblick, stieg ein unbehagliches Gefühl auf: er sah sie wieder wie damals, als sie vor ihm lag wie eine satte Schlange, er fühlte sich gedemütigt durch seine widerlegte Prahlerei. Aber sogleich war er wieder oben. Dies war ja eine offensichtliche, schlaue, freche Lüge, durch die sie ihn verblüffen wollte.
»In einer so plumpen Schlinge kannst du vielleicht deine Tiroler Bauern fangen, nicht mich !« sagte er mit gespielter, verächtlicher Trockenheit. Und, sich weiter hineinsteigernd: »Also das endlich spürt man? Das geht an die Nieren? Die Schöne soll aus dem Haus?
Das stachelt, daß sie da ist? Just erst recht kommt sie!
Just erst recht bleibt sie! Aus reit ich mit ihr! Auf die Jagd reit ich mit ihr! Nach Meran, Bozen, Trient reit ich mit ihr! Dir zeig ich es, Kröte! Häßliche! Giftige!
Schmutzige!«
Sie hockte starr entschlossen, als er fort war. So schlicht und ehrlich hatte sie gesprochen, ihm noch einmal breit den Weg aufgetan zu ihr. Wer nicht taub und verworfen war, mußte hören. Er selber hatte entschieden.
Andern Tages kam wieder Herr von Schenna. Unterbreitete ihr einen kurzen Brief an den Kaiser, dessen Schutz sie sich empfahl, die Abmachung ihrer Barone billigend. Ohne Zögern unterschrieb sie. Schenna eröffnete ihr ferner knapp, sachlich, andern Tags, wenn Johann auf der Jagd sei, werde das Schloß von den Truppen der Barone besetzt, Johann der Eintritt verweigert werden. Sie selber könne ihm das, begehre er bei seiner
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