Die haessliche Herzogin
angegangen. Das war der erste Fehler gewesen. Hätte er seine Juden geschützt wie der lahme Albrecht, niemals wäre sein Beutel so leer und zerlöchert worden. Niemals hätte er sein Bayern den österreichischen Finanzräten ausliefern müssen. Jetzt saßen sie dick und zahlreich im Land, kontrollierten, schalteten nach Belieben.
Überall, unter, neben, über dem wittelsbachischen der rote Löwe Habsburgs. Er fühlte die riesigen, starren Augen des Vaters auf sich. Er schnaufte. Der Bruder hatte recht .
Nicht darüber grübeln. Der Fehler war gemacht. Die Juden waren tot; die am Leben geblieben waren, ließen sich durch keine Versprechungen mehr zurücklocken.
Das Land war kahl und ohne Geld, und der Habsburger verwaltete es.
Unsinn! Darum ging es ja gar nicht. Niemand hatte ihm das vorgeworfen. Um das Testament ging es. Um das Testament, das sein Weib gemacht hat, die Häßliche, die Maultasch. Daran mußte man sich klammern, das war festzuhalten. Er war froh, vor sich selber alle Schuld ihr zuzuschieben. Wie hatte der Bruder gesagt?
Es ist kein Leichtes, die Maultasch zum Weib zu haben.
Nein, daß dich Gottes Marter schände, es ist kein Leichtes! Er trieb sich hinein in eine dumpfe Wut gegen das Weib. Sie war an allem schuld, auch an dem Verwaltungsvertrag mit den Habsburgern. Da saß sie, die Häßliche, die Maultasch, mit ihrem lächerlichen Liebhaber, dem Frauenberger, dem Mißgeschaffenen, Quäkenden. Da saßen sie und machten ihm sein Bayern kaputt. Das Gespött Europas. Oh, er hatte schon das rechte Gefühl gehabt damals, als sein Vater ihn auf und ab schleifte und er sich weigerte, das Weib zu heiraten. Er starrte vor sich hin. Schnaufte, knurrte, stöhnte.
Ging zu Agnes. Die lag auf einem Ruhebett, der Falkenierer stand vor ihr. Sie hatte den Handschuh an, spielte mit dem neuerworbenen Vogel. Sie sah sogleich, der Markgraf brannte darauf, mit ihr zu sprechen. Aber sie ließ ihn warten. Beschäftigte sich mit ihrem Falken, führte ihn vor, dachte gar nicht daran, den Falkenierer wegzuschicken.
Ludwig drückte heraus, er habe heute wenig übrig für Falkenbeize und Sport. Oh, der Herr Markgraf sei verstimmt? Habe Ärger gehabt? Das tue ihr leid. Mit dem Herzog Stephan? Sieh da! Der Herr Herzog sei doch ein ganz umgänglicher Herr. Er habe vom Testament der Markgräfin gesprochen? Und von dem bayrisch-habsburgischen Verwaltungsvertrag? Davon nicht? Doch, auch, freilich nur nebenher.
Wenn sie doch endlich den Kerl mit dem Falken wegschicken wollte! Aber sie dachte gar nicht daran.
Bedeutete es ihr so gar nichts, daß Stephan das gewagt hatte? Und war es ihr so nebensächlich, daß er sogleich von seinem Bruder weg zu ihr kam? Der Vogel öffnete die Flügel, schloß sie. Sie streichelte ihn, gab ihm Hätschelnamen. Ein großer heimlicher Triumph war in ihr. War es endlich an dem? Brach es endlich los?
Stürzte das Haus der Feindin, das mühsam errichtete, endlich zusammen?
Also von dem bayrisch-habsburgischen Vertrag habe Herzog Stephan gesprochen? Nun, sie verstehe ja nichts von Politik. Aber, ganz ehrlich, gewundert habe sie sich immer. Ein so großer, weiser Fürst – und läßt die Verwaltung seines Landes einem andern! Ganz beiläufig warf sie es hin, dem Falken die Haube abziehend, wieder aufsetzend. Stritt sogleich wieder mit dem Falkenierer, wie lange man jetzt den Vogel hungern lassen solle. Still jubelte sie: Allen Saft herausquetschen aus Tirol, ihn fortleiten, nach Bayern, irgendwohin. Verdorren machen das Werk der Feindin.
Ludwig saß gepreßt in großer Bitternis. Ein Narr war er gewesen. Selbst die Kinder sahen klarer, worauf es ankam. Niemals hätte er die Verwaltung Bayerns weggeben dürfen. Und hätte er alle seine Städte und Einkünfte dem Messer Artese verschreiben müssen.
Das Testament Margaretes, da war nun nichts zu machen. Aber den Verwaltungsvertrag, der lief ab in wenigen Monaten: er wird ihn kündigen. Komme, was will!
Agnes lag auf dem Ruhebett, kümmerte sich kaum um ihn. Der Falkenierer war noch immer da. Wäre sie allein gewesen, er hätte sich auf sie gestürzt, sie geschüttelt: Höre, lach nicht über mich! Ich sag den Vertrag auf! Ich schmeiß die habsburgischen Beamten heraus! Lach nicht über mich, Luder! Und er hätte sie gepackt, daß ihr das Lachen und die Gedanken an den Falken vergangen wären. Aber der Falkenierer stand da mit seinem dummen, respektvollen Gesicht, und Agnes sah gar nicht auf zu ihm.
Konrad von Frauenberg verhandelte mit Räten des
Weitere Kostenlose Bücher