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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Ehe neu einzugehen, legitimierten den bereits geborenen Prinzen Meinhard. Lösten von Ludwig und Margarete allen Makel und Infamie, machten sie fähig, Privilegien, Lehen, Güter, Rechte zu besitzen. Nähmen sie wieder auf in den Verband der Kirche. Befreiten ihre Länder vom Interdikt.
    Dann öffneten sich überall in Bayern und Tirol die Kirchentüren, die viele Jahrzehnte durch geschlossen waren. Die Glocken, die so lange stumm geblieben, schwangen an, tönten. Das Volk, ausgehungert nach geistlicher Erhebung, strömte in die Kirchen. Männer, Frauen, herangewachsen, ohne je Gottesdienst und Glockenklang erlebt zu haben, hörten zum erstenmal eine Messe, trieben staunend und beglückt auf den frommen Wellen der tönenden, blendenden, pomphaften Anbetung des dreieinigen Gottes.
    *
    »Ich mache kein Geschäft mehr mit den Habsburgern !« rief heftig mit seiner harten Offizierstimme Herzog Stephan von Niederbayern und warf den Metallhandschuh klirrend auf den Tisch. Er stand auf, ging hin und her. Aus dem eckigen Schädel schauten seine mißtrauischen, kalten Augen bösartig und zürnend auf den Bruder, den Markgrafen, der sitzen geblieben war, den Kopf müde zum Tisch geneigt, daß der Nacken noch massiger sich wulstete. Der große Saal in der Münchner Hofburg war trotz allen Heizens nicht recht warm geworden, draußen flockte ein widerwärtiges Gemengsel von Schnee und Regen.
    »Also nicht«, sagte der Markgraf, und seine Stimme war mühsam und gedrückt. »Ich lasse Ihnen dann, Herr Bruder, das andere Dokument ausfertigen, wie wir es besprochen haben .«
    Herzog Stephan preßte die Lippen zusammen unter dem strammen, dicken, schwarzbraunen Schnurrbart.
    Er trat näher, erklärte seine Heftigkeit. »Wir sind in den vielen unangenehmen Erbfragen leidlich auseinandergekommen. Wir haben einander nichts vorgemacht. Haben klar und sachlich jeder sein Interesse gewahrt, ohne viel Worte und Flausen, und einer dem andern nicht eingeredet. Es hat jeden von uns sechsen ins Herz gebrannt, daß wir die Länder so haben zerstücken und zerteilen müssen und Wittelsbach klein machen. Es war eben sonst kein Ausweg und Auskommen, und wir haben nicht groß darüber geredet. Aber, Herr Bruder«, und er hob die Stimme und knarrte anklägerisch, »daß Sie das tirolische Testament für Habsburg zugelassen haben, Sie, der Chef der Wittelsbacher, das zwingt mir den Mund auf. Es ist eine rein tirolische Angelegenheit, ich weiß, und geht mich nichts an; ich hab mich auch nie in Ihre Angelegenheiten gemengt. Aber das beißt mich zu arg, es giftet mir das Blut, ich muß es Ihnen sagen .«
    Der Markgraf antwortete nicht. Seine harten, stechenden blauen Augen schauten stumpf vor sich hin; er sah sehr viel älter aus als der nur um weniges jüngere Bruder. Wie er, der sonst zufuhr und keine Gegenrede schuldig blieb, auch fürder geduckt und stumpf schwieg, sagte Herzog Stephan etwas gesänftigt: »Sie können sagen, daß es Sache Ihrer Frau war, nicht Ihre; Sie können auch sagen, daß die Lösung von Kirchenbann und Interdikt eine gute Zahlung ist für das zweifelhafte Stück Papier, und Sie haben recht.
    Aber ich hätte es doch nicht zugelassen an Ihrer Stelle und von den andern Brüdern auch keiner und der Vater auch nicht, wenn er noch lebte .« Der Markgraf hockte müde, sonderbar verloschen. Solche Verlorenheit des sonst so harten und heftigen Mannes war dem Bruder unbehaglich. Er sagte, und es klang fast wie eine Entschuldigung: »Ich glaub’s, es ist kein Leichtes, die Maultasch zum Weib zu haben und den Frauenberg zum Landeshofmeister .«
    Den Markgrafen, wie er allein war, fiel ein dumpfer, lahmer, hilfloser Zorn an, wie er ihn nie gespürt. Was war denn das gewesen? Da saß er in seiner Hofburg, und sein jüngerer Bruder stand vor ihm, der Stephan, der Nichtige, der Mittelmäßige, der Wicht, mit seinem armseligen Niederbayern, und schimpfte ihn zusammen wie einen Lausbuben. Und er – ja wie in aller Welt kam denn das? –, er saß und ließ es sich gefallen. War es so weit mit ihm gekommen? War er so lahm?
    Der Stephan hatte recht , das war es. Die Habsburger regierten zusammen, überließen dem klugen Rudolf die Führung. Er war ihr Haupt, sie waren ein Ganzes, ihre ganze, große Ländermasse einheitlich gesteuert.
    Wittelsbach war zersplittert und zerstückt, in sechs Fetzen zerrissen. Er hatte es geschehen lassen, er, der Älteste. Und nicht nur das. Er hatte den Habsburgern Vorschub getan. Mit dem Judenschlag war es

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