Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)
Hund toben. Friedrich nickt zustimmend, und Katja bleibt bei ihnen, damit sie sich nicht vom Haus entfernen.
Drinnen ist das Feuer fast runtergebrannt, aber der Raum ist immer noch gemütlich warm. Während Bernd Holz nachlegt und Friedrich Teewasser aufsetzt, übernehme ich das Tischdecken. Die letzte Tasse fällt mir beinahe aus der Hand, als nach einigen fröhlichen Wuffs plötzlich ein alarmierender Aufschrei von draußen zu uns dringt.
Friedrich unterbricht das Füllen der Teekanne. «Was war das?»
«Katja», antworte ich und stürme mit klopfendem Herzen nach draußen. «Hoffentlich ist nichts mit den Kindern.»
«Oder der Baum ist vom Wagen gefallen», lästert Bernd.
Den Jungs geht es gut. Auch der Baum ist noch da. Nur Churchill liegt reglos im Schnee. Jan, Eric und Katja kauern daneben.
«Was hat er?», fragt Friedrich und eilt zu ihnen.
Auch Bernd ist uns gefolgt. «Was haben die Jungs angestellt?»
«Nichts.» Katja zuckt die Schultern. «Churchill hat plötzlich gehustet, sich dann gekrümmt, als wolle er etwas ausspucken, und ist gleich darauf einfach umgefallen.»
«Er hat immer nach Ssneeflocke gessnappt … und dann … dann hat er sich verssluckt», stammelt Jan mit kummervoller Miene.
Friedrich kniet sich neben den leblosen Churchill, legt ihm die Hand auf den Hals und zieht ganz sachte ein Augenlid hoch. Aber da sich das Tier nicht bewegt, vermute ich das Schlimmste.
Eric, dem die Tränen übers Gesicht laufen, blickt zu seiner Mutter. «Ist er jetzt tot wie der Opa?»
Wortlos hebt Friedrich seinen Hund hoch. Es ist ihm deutlich anzusehen, dass er mit seinen Gefühlen kämpft und nach Worten sucht. «Ja, Eric, er ist gestorben, aber es war nicht eure Schuld», sagt er dann leise. «Sei nicht traurig, er hat ein schönes Leben gehabt und war …», Friedrich schluckt, «bestimmt sehr glücklich, als er mit euch im Schnee gespielt hat.» Er nickt den Kindern aufmunternd zu und trägt das Tier ins Haus.
Ich spüre einen dicken Kloß im Hals und kann meine Tränen nur mit Mühe zurückhalten. Am liebsten würde ich Friedrich nachlaufen, ihm tröstende Worte zuflüstern oder ihn einfach nur festhalten. Aber ich wage es nicht, und keine noch so lieben Worte würden seinen geliebten Hund wieder zum Leben erwecken.
Katja gibt mir ein Zeichen, dass wir vielleicht sofort nach Hause fahren sollten.
«Ja, das denke ich auch», antworte ich leise. «Ich will mich nur kurz von Friedrich verabschieden.»
Im Haus finde ich Friedrich auf dem Sofa, mit dem Hund auf seinem Schoß.
«Es tut mir so unendlich leid. Kann ich irgendwas für dich tun?»
Traurig blickt er zu mir auf. «Danke, Ursel … Aber im Moment … ähm … Ich wollte doch eigentlich … ach ja, Kaffee …» Er will sich erheben.
«Bitte, bleib sitzen», sage ich. «Es ist ziemlich spät geworden, und die Kinder müssen ins Bett. Deshalb möchte Katja lieber zurück.»
Einen Moment starrt er in den Raum, als habe er nicht zugehört. «Hmm», brummelt er dann. «Ich wollte … Vielleicht begrabe ich Churchill gleich hinter dem Haus …» Er stockt. «Falls der Boden nicht durchgefroren ist …»
«Bernd könnte dir helfen», biete ich an. «Dann bleiben wir noch.»
Kraftlos schüttelt er den Kopf. Ich spüre ganz deutlich, dass er lieber allein sein möchte und verabschiede mich mit der eindringlichen Bitte, sich zu melden, falls ich ihm irgendwie helfen könne.
Die Heimfahrt verläuft wortlos. Bernd konzentriert sich auf die Straße, Katja blickt aus dem Seitenfenster in die Dunkelheit und die Kinder wollen auch keine lustigen Weihnachtslieder hören. Mich plagt das schlechte Gewissen, und ich kann nicht aufhören, an Friedrich zu denken.
24. Dezember, Dienstag,
Heiligabend
06 . 27 Uhr Endlich. Die Nacht ist vorbei. Das letzte Mal, als ich solch zermürbende Stunden verbracht habe, war Katja hochschwanger mit Bernd in die Klinik gefahren, und ich bin bei Jan geblieben. Damals hat mich die freudige Erwartung auf das zweite Kind wach gehalten und natürlich auch ein bisschen die Sorge, ob alles gut verlaufen würde. In der vergangenen Nacht haben mich die Sorge um Friedrich und mein schlechtes Gewissen nicht zur Ruhe kommen lassen. Trotz einer doppelten Dosis Baldrian. Kurz vor dem Wegsinken schreckte ich jedes Mal wieder hoch, weil ich an das Erlebnis am Fohnsee denken musste. Der arme Friedrich und der arme Hund, dachte ich im Kreis. Und ob Churchill auch gestorben wäre, wenn er nicht so wild mit den
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