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Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Titel: Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bluhm
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ging um ein dringendes Problem, das unbedingt noch vor den Weihnachtsferien geklärt werden musste. Na ja, das Gespräch dauerte dann etwa zehn Minuten, und als Bernd nach unten kam, war der Baum weg.»
    «Unglaublich!», entfährt es mir, und im ersten Impuls bin ich ehrlich geschockt. Mein armes Kind. Nach all den Irrungen und Wirrungen findet sie endlich eine fast makellose Coloradotanne, und die wird ihr dann quasi aus den Händen gestohlen. Wäre ich esoterisch veranlagt, würde ich bei meiner Tochter extrem schlechtes Karma vermuten. Doch es sind die auf ihren Vorteil fixierten, schlechten Menschen, die vor nichts Achtung haben. Und dann flackert in meinem Hinterkopf ganz plötzlich ein frecher Gedanke auf, der mir ein verschmitztes Grinsen entlockt: Ohne Baum steigt die Chance auf abgespeckte Weihnachten! Ohne Baum hat sie vielleicht auch keinen Appetit mehr auf Gans. Ohne Baum könnte es ein ganz entspanntes, unaufgeregtes Fest werden. Diese ketzerischen Visionen behalte ich natürlich für mich.
    Stattdessen frage ich mit angebracht sorgenvoller Stimme: «Was willst du denn jetzt tun?»
    «Bernd ist gleich heute Morgen losgedüst, noch bevor er in die Schule musste, um noch einen Baum aufzutreiben. Leider erfolglos, wie er mir vorhin am Telefon berichtet hat. Es ist wie verhext!»
    Ich schwanke zwischen mütterlichem Bedauern und verwerflicher Erleichterung. Mein Mitgefühl siegt. «Es tut mir unendlich leid, Katja, und ich würde dir wirklich gerne helfen. Aber wie?»
    «Schon gut, Mama», seufzt sie. «Du kannst ja nichts dafür. Wie du eben mitbekommen hast, glauben die Kinder an das Märchen vom Weihnachtsmann, der den Baum abgeholt hat. Ich wollte dich bitten, die zwei zu übernehmen. Ich treffe mich nämlich gleich mit Bernd, damit wir in Ruhe nach einem neuen Christbaum suchen können. Weiß der Himmel, was wir in den letzten Stunden noch ergattern», fährt sie deprimiert fort.
    «Selbstverständlich nehme ich die Jungs. Am besten, wir gehen zu mir, denn ich muss ja noch den Blumenstrauß für Friedrich abholen. Du müsstest dich dann aber selbst um die Gans kümmern. Und vielleicht findet ihr ja noch den perfekten Baum.»
    «Ich mache mir keine großen Illusionen», entgegnet sie ernüchtert. «An Heiligabend ist doch nur noch dürres Gestrüpp übrig, das den Namen Christbaum eigentlich nicht verdient … Wie auch immer. Ich werde nehmen müssen, was rumsteht. Beim Metzger fahren wir natürlich auch vorbei …»
    «Gut, dann werde ich mich schnell umziehen und die Jungs übernehmen.»
    Wir verabreden uns vor dem Haupteingang, sie sammelt ihre Kinder ein, ich hetze in den Personalraum, um endlich die doofen Packengel-Klamotten loszuwerden.
     
    13 . 49  Uhr  Leicht durchgefroren schließe ich die Tür zu meiner Dachstube auf. Das Abholen der Blumen hat etwas länger gedauert, denn meinen cleveren Enkeln entging natürlich nicht, dass wir uns an der Ecke zu Pink Christmas befanden. Und sie ließen nicht eher locker, bis ich eine Runde auf dem Kinderkarussell genehmigte. Aus der einen Fahrt wurden dann doch mehr – fünf, um genau zu sein. Die Oma konnte mal wieder nicht nein sagen. Auch nicht zu den Bratwürsteln. Aber die Kinder hatten Hunger, und mein Kühlschrank war wegen der anstehenden Weihnachtsverköstigung außer Haus nur spärlich gefüllt. Und irgendwie muss ich ja den Nachmittag gestalten, denn wie lange Katjas Baum-Odyssee dauern wird, liegt in den Weihnachtssternen.
    Im Flur reißen sich Jan und Eric die Mützen von den Köpfen, lassen wie üblich ihre Anoraks fallen und setzen sich dann auf den Fußboden, um ihre Schuhe auszuziehen.
    «Meine Socken sswitzen», behauptet Jan, zieht sie flugs von den Füßen und hält sie mir entgegen. «Ssau mal.»
    Vor wegen, schwitzen! Die Dinger sind klatschnass und Jans Füße eiskalt. Er muss Schnee in die halbhohen Stiefel bekommen haben, vermute ich, als ich feststelle, wie sehr die Schuhe durchnässt sind. Auch Erics Füße sind kalt, und seine Stiefelchen ebenfalls klamm. Na, super, von kalten Kinderfüßen ist es nicht mehr weit bis zum Schnupfen oder Schlimmerem. Das fehlt mir noch zum Weihnachtsglück. Mal abgesehen von Katjas Anschiss, auf den ich liebend gerne verzichte.
    Ich stopfe Zeitungspapier in die Stiefel, lege die nassen Socken auf die Heizung und verordne mein altes Hausrezept gegen Erkältung: «Ab, in die heiße Badewanne!»
    Ein Kommando, dem die zwei Racker nur zu gerne folgen. Plantschen in Omas Wanne gehört zu ihrer

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