Die Häupter meiner Lieben
ihn als Modell.«
Am nächsten Tag lag er bei Cora im Bett. Ich weiß es genau, denn auch ich habe mir dieses Stilleben am anderen Morgen angesehen.
Warum haben wir uns ausgerechnet in eine miese kleine Ratte verguckt! Don hat uns mit Genuß gegeneinander ausgespielt. Von da an war nur Streit im Haus, wir warfen uns gegenseitig schlimme Dinge vor. Die ganze Sache mit Carlo wurde ausgepackt. Hätte Cora ihn nicht hemmungslos provoziert, sagte ich, wäre es zu keinem Vergewaltigungsversuch gekommen, und mein Bruder lebte noch. Sie behauptete, durch meine bloße Gegenwart hätte ich diesen Versuch verhindern können, sie hätte mich nie zur Tötung aufgefordert.
Und wie war das bei Henning? Da hatte sie sich ebensowenig die Hände schmutzig gemacht, sondern mir die Drecksarbeit überlassen. - Ich hätte ja auch den Hauptnutzen daraus, schrie sie, ich säße hier wie die Made im Speck.
»Immer schiebst du mir die Schuld in die Schuhe! Ich werde gehen, das ist es wohl, was du wirklich willst. Don ist dir mehr wert als unsere jahrelange Freundschaft.«
»Nein.«
Bei unseren Auseinandersetzungen war Don meistens zugegen, aalte sich träge auf Coras Liege, döste oder rauchte einen Joint. Wir waren der Meinung, daß er kein Wort verstand.
Eigentlich hätten wir aus »dem Fall Emilia« eine Lehre ziehen sollen. Bei Don verhielt es sich ähnlich. Er hatte hessische Großeltern, mit denen seine Mutter stets deutsch sprach. Don konnte zwar wirklich nur »Aufwiedersehn« sagen, aber er verstand mehr als genug.
Davon erfuhr ich erst, als er sich in erpresserischer Absicht an mich heranmachte und andeutete, daß er einiges wisse, was ihm ebenso wie mir das Recht gebe, zeitlebens bei uns zu schmarotzen. Ich nahm ihn nicht ernst, aber Emilia hatte wie immer die Ohren gespitzt, Dons Reaktion beobachtet und zwei und zwei zusammengezählt.
Ich habe nur einmal mit Don geschlafen und mußte das büßen. Cora tat es von da an täglich. Allerdings sollte sie nicht allzulange in diesen Genuß kommen, denn nach wenigen Tagen wurde ihr Liebhaber krank. Wahrscheinlich hatte er sich eine Infektion zugezogen, mutmaßte sie, und wollte einen Arzt zuziehen. Don erlaubte es aber nicht; in Indien sei er häufig von Durchfällen geplagt gewesen und immer ohne ärztliche Hilfe gesund geworden. Einen Tag lang müsse er fasten und am nächsten von Sprite und Crackern leben, dann sei die Sache im Griff. Nach seinem Fastentag kochte ihm Emilia Kamillentee und gab ihm altbackenes Weißbrot, außerdem verbrannte sie Kaffeebohnen auf der Herdplatte und bereitete daraus eine Art Kohletabletten, die er dankbar annahm. Für Naturprodukte war er zu haben.
Trotzdem ging es ihm schlecht, die Therapie schlug nicht an, er war apathisch und weder als Liebhaber noch als Modell zu gebrauchen. Cora und ich vertrugen uns besser. Wir mußten ohne Don essen und schlafen; er lag auf dem Atelier-Sofa oder hing in der Küche am warmen Herd herum und schien jegliches Interesse an seiner Umwelt verloren zu haben. »Wenn es morgen nicht besser ist, muß ich einen Arzt holen«, sagte Cora, »wer weiß, ob nicht eine Tropenkrankheit dahintersteckt, wer soll sich da auskennen.«
Dazu kam es nicht mehr. Das frisch gemischte Inkarnat vertrocknete.
Cora wollte mit mir in die Galleria Palatina fahren, um mir ein Bild der Gentileschi zu zeigen. »Weißt du, ich habe dieses Bild bereits gesehen, aber ich kann mich nicht mehr an Details erinnern. Es heißt >Giuditta e la fantesca<.«
»Wahrscheinlich findest du mich wieder ungebildet, aber ich weiß nicht, was eine Fantesca ist.«
»Emilia ist eine. Wenn du meine Fantesca wärest - meine Magd also -, würde ich dich Elefantesca nennen.«
Das Gemälde beeindruckte uns tief. Judith hielt das Schwert lässig wie einen Wanderstab auf der Schulter, ihre Fantesca stemmte den Korb mit dem abgeschlagenen Kopf wie einen Waschkorb mit nasser Wäsche auf die Hüfte. Beide drehten sich nach rechts und sahen etwas, das dem Betrachter entging. Sie trugen prächtige Kleider, die Fantesca hatte sich allerdings das Kopftuch ziemlich unordentlich umgeschlungen. Judiths kunstvolle Frisur war mit einer Goldbrosche festgesteckt. Das Licht lag auf ihrem schönen Profil, das einen leicht irren und wild entschlossenen Ausdruck zeigte. Mich störte die vergrößerte Schilddrüse.
»So müßte man malen können«, sagte Cora und atmete tief ein, »sieh doch Judiths Haut, ein solches Incarnato werde ich niemals hinkriegen.«
Ich verrenkte meinen
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