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Die Häupter meiner Lieben

Die Häupter meiner Lieben

Titel: Die Häupter meiner Lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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Bildideen. Mein Thema wird variiert. Du bleibst natürlich immer die Judith, aber als Abwechslung zu deinem Vater und dem Taxifahrer könnte Don den Holofernes machen...«
    Als ich Béla nach oben brachte, sah ich, daß meine Sachen aus Coras Zimmer entfernt waren. Alles lag auf dem rosengemusterten Korbsessel. Also hatte sie vor, ihr Doppelbett mit Don zu teilen. Das ging reichlich schnell, fand ich, ob er von diesem Plan wußte? Ich legte meinen Sohn in sein Bettchen und beschloß, nicht mehr nach unten zu gehen. Ich war stinksauer.
    Don sah Jonas nur auf den ersten Blick ähnlich: braune Haare und dunkle Augen mit jenem traurig-treuherzigen Teddybärblick, der es mir nun einmal angetan hatte. Wahrscheinlich weckte er mütterliche Gefühle. Ob es Cora ähnlich ging? Bei Jonas hatte sie kein Feuer gefangen. Don war magerer als Jonas, hatte ein fliehendes Kinn, das der Bart nicht ganz verbergen konnte, die braunen Haare lockten sich. Man hatte Lust, in diesem Gestrüpp zu kraulen und dabei auf kleine Hörnchen zu stoßen. Ja, das war's: etwas Faunisches, das Jonas abging.
    Auch über Cora dachte ich nach, was ich selten tat. Sie war für mich eine Selbstverständlichkeit und lebensnotwendig, aber sie war auch der beunruhigendste Mensch, den ich kannte. War sie egoistisch? Nun, ich war es auch. Ich liebte ihren Mut, ihre Frechheit, ihre gute Laune, ihren Witz und ihre Großzügigkeit. Sie war mir in allen Dingen überlegen. Sollte ich ihr diesen Don nicht von Herzen gönnen? Ich war gerade meinem lästig gewordenen Mann entronnen und hatte mich mit Friedrich eingelassen, der nun allerdings erst einmal fort war. Warum begehrte ich diesen fremden Kerl, den ich kaum verstand, der wahrscheinlich keine große Leuchte war, der ein Bauer wie sein Vater wurde und der sowieso bald wieder abzog? Warum konnte ich nicht mit ansehen, daß Cora ihn für sich beanspruchte? Ich wußte es nicht.
    Spät in der Nacht wurde ich wach und war durstig. Auf dem Weg zur Küche kam ich am Atelier vorbei. Die Tür stand weit auf, Don schlief auf dem Sofa, seine Kleider lagen verstreut am Boden. Hatten sie nun oder hatten sie nicht?
    Beim Frühstück sagte Cora, besonders fröhlich, wie mir schien: »Don braucht neue Schuhe. Wer kommt mit?«
    Emilia folgte meinem Blick auf Dons zerschlissene Sandalen, die viel zu leicht für die Jahreszeit waren. »Ich komme mit«, sagte ich sofort, »Béla braucht auch Schuhe.«
    Emilia schaute böse. »Ich komme nicht mit«, sagte sie, »und an eurer Stelle würde ich diesem hergelaufenen Lumpen keine Schuhe kaufen.«
    »Was für niedliche weiße Schuhe unsere rosa Wolke an ihren hübschen Füßchen hat«, sagte Cora. »Hat sie eigentlich diese Schuhe dringend gebraucht?«
    Emilia räumte schnaubend die Teller ab. Rein zufällig fiel das Milchkännchen direkt vor Cora um und ergoß sich auf ihren neuen Wollrock. Sie zog ihn gelassen aus und saß im schwarzen Slip auf der Küchenbank. Emilia mußte diese Schamlosigkeit in Gegenwart eines fremden Mannes ertragen und den Rock mit feuchten Küchentüchern säubern. Ich fand, Cora ging ein bißchen zu weit. Auch Don schien das zu empfinden. Er sah mich mit einem komplizenhaften Lächeln an, das ich nicht ganz zu deuten wußte. Aber ich lächelte zurück.
    Im Schuhgeschäft in der Via Tornabuoni kaufte sich Cora eine Handtasche aus koreanischer Aalhaut, während ich mich abmühte, Béla die ersten festen Schühchen anzuziehen. Wie ein Affenkind krallte er seine Zehen zusammen.
    »Was für Schuhe möchtest du, Don?« fragte Cora.
    Es war ihm egal. Sie suchte schwarze Herrenschuhe aus, elegant und teuer, die überhaupt nicht zu ihm paßten. Don zog sie an, nickte und warf seine Latschen in den Papierkorb.
    »Vielleicht sollten wir Emilia etwas mitbringen«, schlug ich vor, »wenn ein Gast im Haus ist, hat sie mehr zu tun.«
    »Das hast du bei anderen Gästen nicht gesagt«, bemerkte Cora, hatte aber nichts dagegen, daß ich einen Strauß Astern und weiße Schokoladentrüffel kaufte.
    Auf der Heimfahrt durfte Don den Cadillac fahren. Sicher war er nur die endlosen Weiten seiner Heimat und keinen italienischen Verkehr gewöhnt, denn schlechter konnte es auch Emilia nach ihren ersten fünfzig Fahrstunden nicht machen. Ein bißchen ungeduldig mahnte Cora, es sei Zeit heimzukommen, sie müsse endlich mit der Arbeit beginnen. Don war darauf vorbereitet, daß er den Holofernes abgeben mußte. Auch auf mich wartete mein albanischer Schüler, und meine eigenen Studien sollten

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