Die Häupter meiner Lieben
vom Herzen.
Wir saßen nach der Beerdigung, die ohne Pfarrer, Grabstein, Reden, Blumen und so weiter schnell über die Bühne gegangen war, gemütlich in der Küche, tranken Tee und aßen Emilias köstlichen Panettone.
»Wärst du eigentlich gern verheiratet?« fragte ich Emilia.
Sie zögerte. »In meiner Jugend war es mein größter Wunsch, aber ich war wählerisch; zwei jungen Burschen habe ich einen Korb gegeben. Später liebte ich Alberto. Nach seinem Tod war ich viel zu traurig, um auf solche Gedanken zu kommen. Dann war ich irgendwann zu alt.«
»Aber wenn jetzt einer käme?«
»Erstens kommt keiner, zweitens will ich nicht mehr. Für Kinder ist es zu spät. Ich müßte den Mann bedienen und mich nach ihm richten.«
»Seh' ich ein«, sagte Cora, »hast völlig recht, Emilia.«
Aber sie war nicht fertig mit diesem Thema. »Wenn ich ehrlich sein soll - bei euch geht das ja -, einen Ehemann brauche ich nicht, aber ich hätte gern einen Freund.« Sie errötete. Wir lachten.
»Bravo, Emilia«, sagte ich, »wenn du endlich den Führerschein hast, dann bretterst du durch Florenz und machst die Rentner an.«
»Unsinn«, sagte sie, »es ist reine Theorie; ich kann mich nicht gut auf die Straße stellen. Aber es wäre hübsch, wenn ich mit einem Freund spazieren, ins Cafe oder ins Konzert gehen könnte. Versteht ihr das nicht?«
»Wir werden dir helfen«, sagte Cora, »paß auf, ich verschaff' dir einen.«
»Dein Geschmack ist nicht meiner«, sagte Emilia mit Würde, »so ein schmales Handtuch wie Don oder so ein Playboy wie Signor Henning - das wäre nichts für mich.«
»Du sollst selbst wählen. Ich setze eine Anzeige in die Zeitung: Rüstiger Rentner für gelegentliche Gartenarbeiten gesucht, du siehst dir die Jungs an, und wir nehmen den, der dir gefällt.«
Emilia lachte herzlich. »Mir gefällt vielleicht keiner!«
»Dann nehmen wir eben keinen.« Cora geriet in Feuereifer und rief auf der Stelle die Zeitung an, um eine Anzeige aufzugeben. In den nächsten Tagen meldeten sich telefonisch drei Männer, ein vierter ließ einen Vertrauensmann anrufen. Wir bestellten sie im Stundenrhythmus an einem Sonntag in unsere rosa Villa.
Cora hatte den Plan, vorläufig keinem der Kandidaten zu- oder abzusagen. Sie sollten fotografiert und beobachtet werden, und hinterher wollten wir ausgiebig das Pro und Kontra besprechen.
»Man kann einen Gärtner doch nicht grundlos fotografieren«, sagte Emilia.
»Ich behaupte, für diesen Job müsse man tier- und kinderlieb sein«, schlug ich vor, »und setze dem Bewerber probeweise Béla und Pippo auf den Schoß. Cora ruft dann begeistert: >Nein, was für ein hübsches Motiv!< und greift nach dem zufällig bereitliegenden Fotoapparat.«
»Ich werde sterben vor Lachen«, sagte Cora, »aber abgemacht.«
Der erste, der kam, zog sofort eine Tafel aus der Tasche. »Ich bin sprachbehindert, kann Sie aber verstehen«, lasen wir. Abgesehen von diesem Manko war er ein netter, älterer Mann, kräftig und freundlich. Schwarze Büschel wuchsen aus seinen Ohren. Er sah ein wenig wie ein betagter Osterhase aus. Wir lachten natürlich nicht beim Fotografieren, denn er hätte es auf seine Behinderung bezogen. Kaum war er weg, fragten wir: »Willst du einen Freund, bei dem du unentwegt quasseln kannst, er dagegen lächelt und schweigt?«
Emilia wiegte den Kopf hin und her. »Es hat auch positive Seiten, wenn ein Mann nicht widersprechen kann. Andererseits müßten alle Vorschläge von mir kommen, da wird es nichts mit dem Umworbenwerden.«
»Na, warten wir die anderen ab. Der nächste Opa muß gleich kommen.«
Der nächste war so unsympathisch, daß man ihn gar nicht zu fotografieren brauchte. Schmutzig, ungepflegt, mit verrotteten Zähnen und sehr großspurig. Ich mochte ihm Béla nicht auf den Schoß setzen. Auch Emilia gab ein Zeichen, daß diesem Subjekt sofort abgesagt werden konnte. Cora machte das recht geschickt.
»Na, Gott sei Dank, daß er weg ist«, sagte Emilia, »dem würde ich noch nicht mal meinen Hund anvertrauen.«
Nun erschien ein ehemaliger Matrose mit wiegendem Gang. Er gab zu, nicht viel von der Gärtnerei zu verstehen, aber guten Willens zu sein; ohne Umschweife kam er auf einige haarsträubende Abenteuer zu sprechen und zwinkerte Emilia zu. Obgleich er unterhaltsam war, kam er damit nicht bei ihr an.
Der letzte dagegen war ein passionierter Gärtner. Er prüfte die Bäume und erklärte, daß man den Apfelbaum dringend beschneiden und den morschen
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