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Die Häupter meiner Lieben

Die Häupter meiner Lieben

Titel: Die Häupter meiner Lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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Emilia die Thermoskanne mit Tee und die Brote heraus. Wir aßen heißhungrig.
    Emilia massierte sich die Krampfadern. »Was war dieser Don eigentlich für ein Mensch?« fragte sie in aller Unschuld.
    »Wie das Wetter heute«, sagte ich, »mild und windig, aber kein Teufel.«
    Emilia lachte und verteilte Salami. Pippo sprang ihr auf den Schoß, um auch ein Stück zu ergattern, und Emilia verschüttete heißen Tee auf unser Paket. Sie fluchte, auch Pippo war jetzt ein Teufel. Zum Glück war Bélas Schlaf durch nichts zu erschüttern.
    Schließlich ging es wieder weiter. Nach einer halben Stunde kamen wir in das Dorf, wo Emilias Kusine wohnte. Wir mußten in einen schmalen Bergweg einbiegen, und das Fahren wurde zur Qual. Der Weg glich immer mehr einem vertrockneten Bachbett, dicke Felsbrocken lagen uns im Weg, und rechts ging es steil bergab. Anfangs manövrierte Cora sehr konzentriert und vorsichtig, aber nach einiger Zeit verlor sie die Lust. »Das ist ein Elefantenpfad«, sagte sie, »fahr du, ich mag nicht mehr.«
    Wir tauschten die Plätze, und ich mußte mit dem ungewohnten Jeep bei abgeblendetem Licht weiterpflügen. »Wenn uns nun etwas entgegenkommt?« fragte ich.
    »Mitten in der Nacht ist das so gut wie ausgeschlossen«, sagte Emilia, »selbst am hellichten Tag fährt hier nur alle Jubeljahre ein Fahrzeug, um Heu zu holen.«
    Auf einmal blieb der Jeep stehen, mein Herz übrigens auch. Cora wußte sofort Bescheid. Das Benzin war aufgebraucht, aber wir hatten ja zwei Kanister mitgenommen. Cora hielt mir beim Umfüllen die Taschenlampe. »Du machst das gut«, lobte sie mich, »irgendwann wirst du eine brauchbare Chauffeuse.«
     
    Als wir endlich das Ziel erreichten, gab es neben dem verfallenen Haus sogar eine Wendemöglichkeit. Die Fenster waren eingeschlagen, das Dach noch zum Teil erhalten. Wir stiegen aus, reckten uns ein wenig und betraten mit unseren Taschenlampen bewaffnet das Haus. Ich schrie auf, eine Maus war mir direkt auf die Hand gesprungen. Das Heu war in großen Ballen gestapelt, wir hatten zu dritt schnell einen kleinen Lagerplatz für Don geräumt. »Jetzt also in die Hände gespuckt«, sagte Cora. Hastig zerrten wir das Paket aus dem Jeep. Béla fing an zu weinen.
    »Was stinkt denn so bestialisch«, schimpfte Cora, »ich dachte, eine anständige Leiche tut das erst nach ein paar Tagen.
    »Das ist nicht Don«, sagte Emilia, »das ist unser Bel Paese.«
    »Warum hast du mir dann Salami angeboten?«
    »Ich meine keinen Käse, unser Schätzchen stinkt so. Béla hat die Windeln voll.«
    »Dann sieh zu, daß du ihm frische Pampers anziehst.«
    Emilia war es peinlich, aber für diesen Fall war sie nicht gerüstet.
    Cora fand, wir sollten uns beeilen, denn in ein paar Stunden wurde es hell. Wir schleiften also das große Bündel über den felsigen Boden und zerfetzten dabei die Plastikfolie. Aber da man sie sowieso entfernen mußte, nahmen wir keine Rücksicht. Mein Sohn schrie weiter, hatte Angst im Dunkeln und wollte aussteigen, aber ich hatte ihm nur Socken angezogen. Wir sperrten ihn im Auto ein. Zu allem Unglück fing es an zu regnen. Als wir den Toten im Haus hatten, legten wir ihn ins Heu. Ich lief zum Auto, um Béla zu befreien. Pippo schnüffelte nach Ratten.
    »Jetzt wird die Totenkerze angezündet«, befahl Cora. Wir sahen uns an. Ich hatte keine Kerze dabei.
    »Emilia, die Kerze!« forderte ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    Cora wurde böse. »Weißt du, Maja, wofür man eigentlich eine Fantesca hat? Anscheinend bloß dafür, daß sie unseren Lover umbringt!«
    »Wie nennst du mich?« Emilia war gekränkt.
    »Also doch Benzin«, meinte Cora.
    Ich schüttete den Inhalt von Dons Rucksack auf den staubigen Boden. »Schade um die schönen Ringe«, sagte Cora.
    Ich stocherte in Dons Habseligkeiten herum. »Sieh mal, Räucherstäbchen«, sagte ich erfreut, »damit könnten wir doch auch Erfolg haben.«
    »Kaum«, sagte Cora.
    Ich wühlte weiter. Der indische Lendenschurz wurde zur Windel, mein Suchen belohnt. Ich fand tatsächlich einen Kerzenstummel. »Na, Gott sei Dank«, seufzte ich, »der gute Junge hat an alles gedacht.«
    Emilia windelte das Kind, ich zog die Plastiksäcke ab. Wir hatten vergessen, Dons Augen zu schließen. Das war nicht perfekt - er sollte sozusagen schlafend verschieden sein.
    Cora zündete die Kerze und eine Zigarette an. »Kommt, raucht auch eine, die Kippen werfen wir ins Heu. Doppelt hält besser, falls die Kerze ausgeht.«
    Selbst Emilia rauchte, Béla schlief in

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