Die Halidon-Verfolgung - Ludlum, R: Halidon-Verfolgung - THE CRY OF THE HALIDON
verstehe.« Alex legte die beiden Umschläge absichtlich mit einer Spur von Gleichgültigkeit wieder auf den Schreibtisch. Das Mädchen reagierte.
»Also gut, Dr. McAuliff. Unter meinen Freunden ist es kein Geheimnis.« Alison Booth hielt die Handtasche auf ihrem Schoß fest, klammerte sich aber nicht daran, war nicht im geringsten angespannt. Als sie sprach, war ihre Stimme sicher, und ihre Augen blickten McAuliff ruhig an. Sie war wieder der Profi. »Sie haben mich >Miß Booth< genannt. Das ist falsch. Booth ist der Name meines Exmannes. Die Ehe ging leider nicht gut, wir wurden vor kurzem geschieden. Die Menschen, die es in einer solchen Zeit gut mit einem meinen, können einem ganz schön auf die Nerven gehen. Ich würde diese Kontakte deshalb lieber abbrechen.«
McAuliff erwiderte ihren Blick und versuchte zu begreifen, was er jenseits ihrer Worte zu hören glaubte. Da war etwas, aber sie würde ihm nicht erlauben, weiter in sie zu dringen. Das erkannte er an ihrem Gesichtsausdruck — dem eines Profis.
»Es gehört nicht zur Sache. Entschuldigen Sie bitte. Aber ich danke Ihnen, daß Sie es mir erzählt haben.«
»Hat das Ihr Verantwortungsgefühl befriedigt?«
»Auf alle Fälle meine Neugierde.« Alex beugte sich nach vorn, die Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt, die Hände unter dem Kinn gefaltet. »Außerdem — und ich hoffe, Sie finden das nicht unpassend — kann ich Sie jetzt fragen, ob Sie mit mir Essen gehen.«
»Ich glaube, das hängt davon ab, wieviel Bedeutung Sie meiner Zustimmung beimessen.« Alisons Stimme war höflich, aber nicht kalt. Ihre Augen blitzten amüsiert.
»Um ehrlich zu sein — ich lege Wert darauf, die Leute, die
ich einstellen möchte, bei einem Abendessen oder einem Mittagessen und einigen Drinks besser kennenzulernen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt gebe ich das nur sehr ungern zu.«
»Das ist eine überaus entwaffnende Antwort, Dr. McAuliff«, sagte das Mädchen. Seine Lippen waren halb geöffnet, und es lächelte sein angedeutetes Lächeln. »Ich würde sehr gern mit Ihnen essen gehen.«
»Ich werde mein möglichstes tun, mich nicht zu bemüht zu benehmen. Ich glaube nicht, daß dies notwendig sein wird.«
»Und ich bin sicher, daß Sie nie langweilig sind.«
»Das ist in diesem Zusammenhang nicht relevant.«
5 .
McAuliff stand an der Ecke High Holborn/Chancery und sah auf seine Armbanduhr. Die Radiumzeiger leuchteten in der nebelverhangenen Londoner Dunkelheit. Es war 23 Uhr 40. Prestons Rolls-Royce war zehn Minuten zu spät dran. Vielleicht würde er überhaupt nicht kommen. Die Anweisungen, die man ihm gegeben hatte, besagten, er solle ins Savoy zurückgehen, falls der Wagen nicht bis Mitternacht aufgetaucht sei. Dann werde ein anderes Treffen vereinbart.
Es gab Momente, in denen er sich daran erinnern mußte, wessen heimliche Befehle er da befolgte. Er fragte sich, ob man ihn beobachtete, und dachte darüber nach, wie entwürdigend diese Art zu leben war. Man war sich dieser Tatsache immer bewußt und wurde dadurch in einem Käfig der Angst gefangengehalten. Die Erzählungen über die geheimnisvolle Welt der Verschwörer verschwiegen die Erniedrigung, die ein unabdingbarer Bestandteil davon war. Es gab im Grunde genommen keine Unabhängigkeit. Man erstickte.
Warfields Bitte um ein Treffen an diesem Abend hatte einen beinahe panischen Anruf McAuliffs bei Hammond ausgelöst, denn er war mit dem britischen Agenten um ein Uhr morgens verabredet. McAuliff hatte darum gebeten, und
Hammond hatte die Uhrzeit und den Ort bestimmt. Um zwanzig nach zehn war dann der Anruf von Dunstone gekommen: Seien Sie um halb zwölf an der Ecke High Holborn und Chancery. Ihm waren eine Stunde und zehn Minuten geblieben.
Zunächst hatte er Hammond nicht erreichen können. Unter dessen persönlicher Geheimnummer beim MI5 nahm niemand ab. Alex hatte keine andere Nummer, und Hammond hatte ihn wiederholt davor gewarnt, bei der Zentrale anzurufen und seinen Namen zu hinterlassen. Außerdem sollte er den Agenten nie von seinem Zimmer im Savoy aus anrufen. Hammond traute keiner der beiden Telefonzentralen, auch nicht den offenen Frequenzen von Mobiltelefonen.
Also mußte Alex zur Strand hinaus, wo er so lange aus verschiedenen Pubs anrief, bis jemand unter Hammonds Nummer antwortete. Er war sicher, daß er beobachtet wurde - von irgend jemandem -, und deshalb mußte er jedesmal, wenn er nach einem erfolglosen Anruf den Hörer auflegte, so tun, als ärgerte er sich. Er stellte fest, daß
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