Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)
ziemlich erschüttert.
„Sag mal, Freund“, fragte der Verzweifelte, „wo kommst du denn her? Ist das in deiner Halle etwa anders? Dann musst du ja aus dem Paradies stammen! Warum hast du es verlassen?“
Lars schwieg und grübelte einen Moment lang nach, wie das wohl auf der Erde war. Vielleicht so, wie es der Schnurrbärtige geschildert hatte? Oder nicht ganz so schlimm? Gab es auch in seiner Welt Menschen, die um des eigenen Vorteils Willen das Leid anderer in Kauf nahmen? Aber er verdrängte den Gedanken. Für solche Betrachtungen war jetzt keine Zeit.
„Weiter im Text!“, forderte Hans. „Was weißt du darüber, wie der Ausgang aus dieser Halle zu finden ist? Wo ist der Übertritt in das Reich Hallgards?“
Der Schnurrbärtige wandte wieder Hans seine Aufmerksamkeit zu. „Ich habe keine Ahnung, wer Hallgard sein soll. Diesen Namen habe ich noch nie gehört. Aber du musst versuchen, dieses sich ständig verändernde Gebäude zu verlassen. Ich vermute, dass du dann frei bist, wenn du über dir den freien Himmel erblickst, aber das weiß ich nicht genau. Ich suche jetzt nach dem Ausgang, ich musste mich nur vorher mit Nahrung stärken. Wenn ihr wollt, dann begraben wir unsere Feindschaft und suchen gemeinsam nach dem Ausweg. Wollt ihr?“
„Ha, das könnte dir so passen!“, fuhr Mike auf. „Du willst wohl unsere Chancen verschlechtern, indem du die Anzahl der Gefährten änderst? Wir bleiben hübsch bei sieben Leuten!“
Nun sah der Schnurrbärtige Mike verwirrt an. Offensichtlich verstand er nicht, was Mike ihm sagen wollte. Lars wies den Freund auf einen Denkfehler hin. „Das macht keinen Sinn, Mike. Er würde seine eigenen Chancen ebenfalls verschlechtern, da er nicht mehr allein wäre. Man muss allein oder zu sieben sein, dann hat man die besten Chancen.“
„Stimmt, du hast Recht“, räumte Mike seinen Irrtum ein.
„Eins noch“, sagte der Schnurrbärtige. „Ich weiß nicht, was es mit der Eins oder der Sieben auf sich haben soll, aber es gibt eine Gruppe von Dämonen, die besonders gefährlich ist. Sie bündeln ihre Bosheit und Intelligenz, wenn ihr so wollt. Vor denen müsst ihr euch am meisten in Acht nehmen, die einzelnen sind zu überlisten.“
Hans dachte noch einen Moment nach. „Woher weißt du das alles? Du bist doch noch nicht so lange hier, dass du das selbst herausgefunden haben kannst, oder?“
Der Verzweifelte antwortete ohne Zögern. „Ich bin, bevor ich an die Kartenspielerin geriet, einer Frau begegnet, die wie ich durch diese Halle irrt. Sie sucht keinen Reichtum, sondern den Weg in ihr Heim, wenn ich sie richtig verstanden habe. Da fällt mir ein, dass sie wie ihr von einer Halle der zerbrochenen Träume sprach. Sie ist ziemlich clever und geht umsichtig zu Werke. Von ihr weiß ich das meiste, was ich euch erzählte.“
Hans schien dieses Thema sehr zu interessieren, und einen Moment lang sah es so aus, als hätte er am liebsten den Schnurrbärtigen weiter zu dieser Frau befragt. Aber dann änderte er wohl seine Meinung, machte ein trauriges Gesicht und schwieg. Lars, der das bemerkt hatte, ahnte, welche Gedanken im Kopf des Mannes kreisten.
Brutus beobachtete ein wenig die Umgebung, dann sagte er: „Um noch einmal auf die Sache mit der Anzahl der Gefährten einzugehen: Wie werden wir diese vielen Leute los, die uns ständig folgen?“
Einen Moment lang schwiegen alle, dann begann Mike zu lächeln. „Könnte sein, dass mir gerade etwas eingefallen ist. Du, Schnurrbart, steh auf!“
Als sich der Verzweifelte erhob und Mike etwas erstaunt ansah, wandte sich dieser an seine Anhänger. „Hört mich an, Leute! Ich habe euch etwas sehr Wichtiges zu sagen. Ihr erinnert euch sicher an diesen Mann, der vor mir mit der dämonischen Kartenspielerin um sein Leben zockte. Er hat es zwar nicht geschafft, die Puderpuppe bankrott zu spielen, aber er hat es immerhin versucht. Damit ich es schaffen konnte hat er mir, großzügig wie er ist, dreißig Goldstücke Startkapital geschenkt. Ohne diese milde Gabe hätte ich euch nie befreien können! Wenn man also mal über die Sache nachdenkt, kommt man ganz selbstverständlich zu dem Schluss, dass die Verehrung, die ihr mir erweist, eigentlich diesem Mann hier gebührt. Selbstlos, wie ich nun mal bin, habe ich daher den Wunsch, dass ihr ab sofort ihn als euren Herrn anseht.“
Die Schar der Anhänger wandte nun ihre verträumt lächelnde Aufmerksamkeit dem Schnurrbärtigen zu, der sprachlos und mit offenem Mund die Rede von Mike
Weitere Kostenlose Bücher