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Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Titel: Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. R. Adam
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er noch nicht gehen, denke ich, doch er fragt nur, ob ich mal den Fernseher anmachen könnte. Da käme um die Zeit etwas, das ihn interessierte. Ich hole die Fernbedienung und schalte das 1.Programm ein. Der Papst ist zu Besuch in Bayern und gerade dabei, auf irgendeinem Münchner Platz im Freien eine Messe zu zelebrieren. Ich will schon weiterzappen, da sagt Hannes: »Halt! Lass das mal an, nur einen Moment!«
    Auf einem Balkon, mit Blick auf den Altar, unterhält sich ein prominenter Moderator mit hochkarätigen Wissenschaftlern und Kirchenvertretern über den Papstbesuch. Ein kahlköpfiger Professor erläutert mit wohlfeilen Worten und einschmeichelnder Stimme allen Ernstes die Bedeutung des Fummels, den der Papst an diesen Tag trägt, so, wie Klatschreporter darüber berichten, ob die alternde Diva in Versace oder in Prada erscheint. Ebenso wird die Geschichte der Klunker erklärt, mit denen der Pontifex geschmückt ist, insbesondere die des sogenannten Fischerrings .
    »Und wo hat er die passenden Ohrclips?«, frage ich spöttisch, worauf Hannes mir einen strengen Blick zuwirft, dann aber verlegen lächelt.
    »Dieses Spektakel ist nicht auszuhalten«, schimpfe ich weiter. »Ein richtiges Affentheater! Wenn ich unseren Bundespräsidenten sehe, wie er mit den leuchtenden Augen eines Jungen den Papst mit Heiliger Vater begrüßt. Zum Kotzen! Der Mann war gestern noch Josef Ratzinger. Hat er über Nacht eine Verwandlung durchgemacht, oder was?«
    Hannes ist ein wenig blass geworden, sagt aber nichts, während ich noch mehr in Rage gerate.
    »Hab’ ich nicht recht? Heiliger Vater! Der Mann ist ein Mensch wie jeder andere, und er weiß nichts. Nichts! Er glaubt! Das bleibt ihm unbenommen. Er hat vielleicht Theologie studiert und seinen Doktor summa cum laude gemacht und sonst was, kennt sich in Geschichte aus und in der christlichen Lehre, doch woher wir kommen und wohin wir gehen, weiß er ebenso wenig, wie jeder andere Mensch. Das heißt, er ist so klug oder so unwissend wie jeder andere, hält sich aber trotzdem für unfehlbar. Ich begreife nicht, was ihn von anderen Menschen unterscheiden sollte. Und wenn er die Bibel bis zum Exzess studiert hat und sie vorwärts und rückwärts aufsagen kann, wer beweist mir, dass alles stimmt, was dort geschrieben steht? Papier ist geduldig und die Gebrüder Grimm haben auch viel erzählt, was nicht alles für bare Münze zu nehmen ist.«
    Hannes ist noch ein wenig blasser geworden und schluckt betroffen. Seine Stimme klingt belegt.
    »Aber der Mensch braucht doch etwas, an das er glauben und woran er sich klammern kann. Das gibt ihm Kraft und Trost und Hoffnung.«
    »Von mir aus soll jeder glauben, was er mag. An Jesus Christus oder Allah oder Mohammed oder sonst etwas, aber er soll kein Dogma daraus machen und auch akzeptieren, wenn jemand nicht glaubt und stattdessen Fragen stellt. Die Vertreter anderer Glaubensrichtungen wissen ja ebenso wenig.«
    »Du musst aber zugeben, dass das Christentum im Vergleich zu anderen Religionen human und tolerant ist«, wendet Hannes ein.
    »Das stimmt. Die Pfaffen sind das kleinere Übel, aber auch nur, weil im aufgeklärten Abendland die Macht der Kirche in jahrhundertelangem Kampf beschnitten wurde und ihnen die Schäfchen in Scharen davongelaufen sind. Wenn sie so könnten, wie sie wollten, würden sie heute noch Hexen und schwarze Katzen verbrennen und behaupten, dass die Erde eine Scheibe ist.«
    Mein Blick streift das Biest auf der obersten Plattform des Kratzbaums. Ihr dunkles, seidiges Fell glänzt in der warmen Sonne.
    »Und das mit der Toleranz kann ich auch nicht gelten lassen. Schau dir bloß bei den Katholiken das Spektakel mit dem Zölibat an. Oder denk an das Verhältnis der Kirche zur Homosexualität. Als ich vor bald vierzig Jahren gemerkt habe, dass ich anders bin als die anderen Jungen, dass mich mehr die Hosenläden anderer Kerls als die Rockzipfel von Mädchen interessieren, hab ich mich in meiner Verzweiflung an den Pfarrer unserer Gemeinde gewandt. Und der hat mich fast aus dem Beichtstuhl gejagt und mir erklärt, welch’ schwere Sünde ich begehen würde, wenn ich andere Männer liebte. Wenige Jahre später bin ich aus der Kirche ausgetreten, weil ich die Verlogenheit nicht mehr ertragen habe. Auf so eine Hilfe kann ich scheißen!«
    Ich werde wieder etwas versöhnlicher: »Immerhin muss man dem Papst zugestehen, dass er ein überaus erfolgreicher Manager ist, und seine Firma seit zweitausend Jahren ein Produkt

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