Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
Vom Netzwerk:
Kreuzworträtsel schon gesetzt ist. Und Sie müssen die Familienanzeigen tippen. Mir ist es immer am liebsten, wir haben für mindestens drei Tage Material im Sack. Und die Landleben-Kolumne. Husch, husch, Beeilung.«
    Die folgenden Monate verbrachte Lexie mit dem Tippen von Familienanzeigen: Geburten, Heiraten und Sterbefälle - samt Lebensdaten der Verblichenen und den Namen ihrer Hinterbliebenen sowie den Adressen der Bestattungsinstitute für Blumenspenden. Sie entwickelte ein besonderes Geschick dafür, dem widerspenstigen Jones Texte abzuringen, ihren Chef Andrew Fuller zu beruhigen, wenn er die Beherrschung zu verlieren drohte, weil das Polster an Landleben-Kolumnen auf unter fünf geschrumpft war, und ihm Nachrichten von Mrs. Fuller zu übermitteln, wann in Kennington das Abendessen auf dem Tisch stehen würde. Darüber hinaus musste sie Strategien entwickeln, sich den Annäherungsversuchen ihrer ledigen männlichen Kollegenschaft - sowie einiger Ehemänner - zu entziehen. Es dauerte nicht lange, und sie hatte mehrere Antworten auf Lager, um Einladungen zum Mittagessen, zu einem Bierchen nach Feierabend oder einem Theaterbesuch todsicher abzuschmettern. Fuller unterstützte sie dabei nach besten Kräften. Er sah es ganz und gar nicht gern, wenn jemand versuchte, seine Mitarbeiterin
von ihren Aufgaben abzulenken. »Sie brauchen gar nicht hier herumzuschwarwenzeln«, schnauzte er jeden an, der sich mit einem Blumenstrauß oder Konzertprospekt in der Hand hoffnungsf roh in ihr Büro wagte. »Lassen Sie die Frau arbeiten!« Sie erwarb sich den Ruf, ernst, distanziert und unnahbar zu sein. Einer ihrer Möchtegernverehrer taufte sie einen »Blaustrumpf«, und das war das einzige Mal, dass sie wirklich ungemütlich wurde. Mittags ging sie mit Fuller, dem Redakteur der Frauenseiten oder Jimmy zum Essen in den Pub. Eine Zeitlang hielt sich das - von Jimmy nicht aus der Welt geräumte - Gerücht, sie hätte ein Verhältnis mit ihm angefangen, dabei beriet sie ihn nur bei seinen Liebesproblemen mit einer anderweitig verlobten Frau. Das hektische Tempo der Zeitung, das ihr kaum Zeit zum Nachdenken ließ, tat ihr gut. Der Courier war wie eine unersättliche Maschine, die ständig gefüttert werden musste, und sobald das Tagespensum geschafft war, ging es nahtlos mit der Arbeit für die nächste Augabe weiter. Es gab keinen Stillstand, keine Verschnaufpausen, in denen sie zur Besinnung hätte kommen können. Das einzige Foto, das aus ihrer Anfangszeit beim Courier erhalten geblieben ist, zeigt eine ernste Frau mit kurzem Haar, die, den unvermeidlichen Kaschmirschal um den Hals, auf einer Schreibtischkante hockt.
    So hätte es noch jahrelang weitergehen können, wenn sie sich - so kam es ihr zumindest später vor - nicht selbst verraten hätte. Sie hatte gerade die Fahnen eines Kreuzworträtsels in der Korrekturabteilung abgegeben, als sie im Korridor an drei Männern vorbeikam, die sich unterhielten. Es waren der stellvertretende Chef redakteur, der Redaktionsassistent und der Ressortleiter der »Letzten Seite«.
    »… ein Porträt vorgeschlagen«, sagte der Ressortleiter gerade. »Und zwar von Hans Hofmann.«

    »Von wem?«, unterbrach ihn Carruthers, der stellvertretende Chefredakteur.
    »Eben. Das ist es ja gerade. Meiner Meinung nach …«
    »Abstrakter Expressionist, geboren in Bayern«, hörte Lexie sich zu ihnen sagen »Anfang der Dreißiger in die USA emigriert. Nicht nur als Maler, sondern auch als Lehrer bekannt. Zu seinen Schülern gehören Lee Krasner, Helen Frankenthaler und Ray Eames.«
    Die drei Männer starrten sie an. Dem Ressortleiter schien eine Bemerkung auf der Zunge zu liegen, aber auch er blieb stumm.
    »Entschuldigung«, murmelte Lexie. Im Weggehen hörte sie noch, wie Carruthers, den sie lediglich vom Sehen kannte, sagte: »Na, wie mir scheint, haben Sie Ihren Experten bereits gefunden.«
    Zehn Minuten später kreuzte der Ressortleiter bei Lexie auf. Fuller, der in die Kreuzworträtselliste vertieft war, blickte misstrauisch hoch, aber diesen Besucher schnauzte er nicht an, er solle gefälligst nicht hier herumscharwenzeln.
    »Hören Sie«, sagte der Mann. »Anscheinend kennen Sie sich mit diesem Hofmann aus. Die Tate hat gerade zwei seiner Bilder angekauft. Könnten Sie mir darüber bis morgen tausend Wörter liefern? Machen Sie sich nicht allzu viele Gedanken um den Stil - die Fakten würden mir schon reichen. Ich lass es dann von einem meiner Jungs umschreiben.«
    Der Artikel erschien ohne eine

Weitere Kostenlose Bücher