Die Hand die damals meine hielt - Roman
guten Tisch, unter der Kuppel. Während sie die Speisekarte studieren, sagt Lexie: »Übrigens …«
Felix kann sich nicht zwischen gegrillter Seezunge und Steak entscheiden. Wie ist seine Stimmung? Ist ihm eher nach Fisch oder nach Fleisch? Steak oder Seezunge? »Hmm?«, brummt er, um zu zeigen, dass er ihr zuhört.
»Ich bin schwanger.«
Er klappt die Speisekarte zu. Er legt sie hin. Er fasst nach Lexies Hand. »Verstehe«, sagt er bedächtig. »Und hast du dich schon entschieden, was du …?«
»Ich behalte es«, antwortet sie, den Blick fest auf die Speisekarte geheftet.
»Natürlich.« Wenn sie doch bloß die verdammte Karte weglegen würde. Am liebsten würde er sie ihr aus der Hand reißen und auf den Boden schmeißen. Doch dann ist seine Wut plötzlich verflogen. Im Gegenteil, ihm ist zum Lachen zumute. Er muss sich die Hand vor den Mund halten, um nicht laut loszuprusten.
»Tja, mein Liebling«, sagt er. Sie sieht, dass er sich das Lachen verbeißt, der Mistkerl. »Du bist eben immer für eine Überraschung gut. Ich hätte dich nie als den mütterlichen Typ eingeschätzt.«
Sie zieht ihm die Hand weg. »Ob ich das wirklich bin, muss sich erst noch zeigen.«
Er bestellt Champagner, und er trinkt zu viel. Er sonnt sich in Selbstgefälligkeit und macht sogar ein, zwei Bemerkungen über seine Manneskraft, die Lexie geflissentlich
überhört. Er bringt wieder einmal das Thema Heirat zur Sprache. Lexie lässt sich auf keine Diskussion darüber ein. Als ihnen der Kellner das Essen bringt, sagt er, jetzt müsse sie ihn heiraten. Sie blafft zurück, sie müsse gar nichts. Erbost will er wissen, warum sie ihm immer einen Korb gibt. Wo doch die Frauen Schlange stehen, um ihn vor den Traualtar zu schleppen? Dann heirate eben eine von denen, sagt Lexie, such dir eine aus. Aber ich will dich, sagt Felix, und sieht sie über sein Champagnerglas hinweg finster an.
Als sie wieder draußen auf dem Bürgersteig stehen, sind sie immer noch in gereizter Stimmung.
»Sehen wir uns heute Abend?«, fragt Felix.
»Ich geb dir Bescheid.«
»Jetzt sei doch nicht so. Ich kann es nicht haben, wenn du mich abwimmelst.«
»Felix, du bist blau.«
Er nimmt ihren Arm und will gerade anfangen, ihr zu erklären, dass es langsam Zeit wird, ihren Dauerstreit zu beenden und sich in die Notwendigkeit einer Heirat zu fügen, als Lexie hinter ihm ein bekanntes Gesicht entdeckt.
Im ersten Augenblick weiß sie nur, dass sie diese Person kennt, aber sie kann sie nicht einordnen. Sie starrt in das bleiche, breite Gesicht, die runden Augen, auf die sehnigen Hände, die sich um die Henkel einer Handtasche krallen, das dünne Haar, das mit einem gepunkteten Band nach hinten gebunden ist, den leicht geöffneten Mund. Wer ist die Frau? Und woher kennt Lexie sie?
Dann weiß sie es plötzlich. Es ist Margot Kent. Als erwachsene Frau. In Stöckelschuhen und Minirock kommt sie die Brook Street herauf. Die Worte Bilder und das wird Ihnen noch leidtun zucken Lexie durch den Kopf. Die ungelenke blaue Jungmädchenschrift.
Sie kommt immer näher, ihre Schuhe scharren über das Pflaster. Ihre Blicke treffen sich, und im Vorbeigehen verdreht Margot den Kopf nach ihr. Dann bleibt sie stehen. Sie sieht Lexie mit dem gleichen stieren Blick an, den sie früher auch schon hatte.
Felix dreht sich um. Er sieht eine junge Frau, und da er nun einmal ist, wer er ist, geht er selbstverständlich davon aus, dass sie seinetwegen stehen geblieben ist. »Hallo.« Er nickt ihr zu. »Schöner Tag, nicht wahr?«
»Ja«, antwortet Margot. »Ein wunderschöner Tag.« Sie sieht ihn fest und abwartend an, dann breitet sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. »Ich kenne Sie«, sagt sie und macht einen Schritt auf ihn zu. »Sie sind im Fernsehen.«
Felix lächelt zurück, charmant wie immer, aber auch ein wenig verächtlich. »Momentan nicht, wenn ich das sagen darf.«
Margot lacht, ein unvorteilhaftes Gackern. Sie lässt den Blick zwischen Felix und Lexie hin und her wandern und entfernt sich rückwärtsgehend mit einem kleinen Winken. »Man sieht sich.«
»Auf Wiedersehen«, sagt Felix und legt den Arm um Lexie. »Jetzt hör mir mal zu«, beginnt er.
Lexie schüttelt ihn ab. Umweht von ihren dünnen Haarsträhnen, sieht Margot noch immer zu ihnen herüber. »Kennst du sie?«, zischelt Lexie.
»Wen?«
»Die Frau.«
»Was für eine Frau?«
»Die, zu der du gerade hallo gesagt hast.«
»Die? Nein.«
»Bestimmt nicht?«
»Bestimmt nicht was?«
»Du kennst sie
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