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Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
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Mahlzeit vertragen könntest. Ich hab Jimmy um zehn Shilling angehauen. Das Glück ist uns hold. Auf geht’s.«

    An Lexies erstem Tag beim Daily Courier bekam sie einen Arbeitsplatz zugewiesen, der zwischen einem größeren Schreibtisch und einem Bücherregal eingezwängt war, in einem kleinen Büro, das von einem langen Korridor abging; die Decke war niedrig, der Boden uneben, und das trübe Fenster gab den Blick frei auf einen Durchgang, der den Nash Court mit der Fleet Street verband. Es war gespenstisch still hier drin. Kein Mensch war zu sehen. Ob sie zu früh dran war?
    Sie setzte sich an ihren Tisch und stellte die Tasche darunter. Der grüne Lack des Stuhls war stellenweise abgeplatzt, ein Bein wackelte. Auf dem Tisch waren eine Schreibmaschine,
eine Schreibunterlage und eine rostige Schere. Lexie nahm die Schere in die Hand, öffnete sie, schloss sie wieder. Wenigstens waren die Klingen scharf. Auf dem Nachbarschreibtisch war ein Papierstapel ins Rutschen geraten und hatte sich halb auf den ihren ergossen. Sie schob ihn wieder hinüber und schichtete ihn ordentlich auf. Sie nahm eine große Henkeltasse von ihrem Tisch und sah in die dunklen Tiefen. Ein starker Kaffeegeruch stieg ihr in die Nase. Sie stellte die Tasse wieder hin. Auf ihrer Schreibmaschine lehnte ein Zettel: »Jones wg. Abgabe f ragen, Termin zwei Wo.«
    Als es unten im Durchgang laut wurde, stand sie auf und trat ans Fenster. Von der Fleet Street kamen Leute herüber. Aus ihrer erhöhten Perspektive wirkten ihre Köpfe und Nacken merkwürdig verwundbar.
    Kurz vor der Mittagspause kam ein grauhaariger Mann im wehenden Trenchcoat ins Büro gestürzt. Vor sich hin schimpfend, wuchtete er eine prallvolle Aktentasche auf seinen Schreibtisch, warf sich auf den Stuhl und griff zum Telefonhörer. »GEO fünf sechs neun eins«, murmelte er. Während er die Nummer wählte, bemerkte er Lexie.
    »Hoppla«, sagte er überrascht und ließ den Hörer klappernd auf die Gabel fallen. »Wer sind Sie denn?«
    »Lexie Sinclair. Die neue Anzeigenkraft. Man hat mir gesagt …«
    Aber der Mann hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und wetterte: »O Gott, o Gott, o Gott , hört denn hier eigentlich keiner auf mich? Hab ich es ihnen nicht gesagt? Hab ich es ihnen nicht ausdrücklich gesagt? Ich will nicht schon wieder eine …« Er zeigte mit dem Finger auf Lexie. »Nichts für ungut, Werteste, aber so geht das nicht. Nicht mit mir. Ich rufe sofort Carruthers an.« Er riss den Hörer
hoch. »Nein, doch nicht.« Er knallte ihn wieder auf die Gabel. »Was soll ich machen?« Die Frage schien an Lexie gerichtet. »Carruthers ist bestimmt noch nicht im Haus. Simpson? Vielleicht kann der helfen.«
    Lexie stand auf. »Ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte«, sagte sie. »Aber vorhin hat ein Korrektor die Druckfahnen für die heutige Ausgabe gebracht, also hab ich sie durchgesehen. Bitte sehr.« Er riss sie ihr misstrauisch aus der Hand. »Ich kenne ja Ihre Hausregeln noch nicht«, fuhr sie fort. »Deshalb habe ich alle Stellen, bei denen ich mir nicht hundertprozentig sicher war, mit einem Fragezeichen gekennzeichnet.«
    Der Mann schob sich die Brille in die strubbeligen Haare und beugte sich tief über die Fahnen. Erst über die eine, dann die nächste, dann die dritte. »Hmm«, machte er. »Aha.« Als er fertig war, ließ er die Seiten auf den Schreibtisch sinken. Er legte den Kopf in den Nacken und faltete die Hände. »Beim Courier setzen wir die Titel von Einzelgedichten nicht kursiv«, sagte er schließlich mit Blick an die Decke.
    »Verstehe.«
    »Von Buchtiteln ja, aber nicht von Einzelgedichten oder Aufsätzen aus einer Sammlung.«
    »Mein Fehler.«
    »Wo haben Sie so gut Korrekturlesen gelernt?«
    »Bei … meiner letzten Stelle.«
    »Hmm«, sagt er noch einmal. »Können Sie tippen?«
    »Ja.«
    »Können Sie kürzen?«
    »Ja.«
    »Können Sie redigieren?«
    »Auch.«
    »Und wo war das, wo Sie zuletzt gearbeitet haben?«

    Lexie hielt kurz inne. »Bei einer Zeitschrift.«
    »Hmm.« Er warf die Fahnen auf ihren Schreibtisch. »Sie müssen sie mit Ihrem Kürzel abzeichnen«, sagte er. »Sonst finden sie nie wieder zu uns zurück.« Er blätterte in ein paar Papieren, nahm einen Bleistift aus dem Ständer und steckte ihn sich hinters Ohr. »Was stehen Sie noch da herum?« Er scheuchte sie zur Tür. »Bringen Sie die Fahnen zurück in die Korrekturabteilung. Rufen Sie Jones an. Finden Sie heraus, wann er zu liefern gedenkt. Schauen Sie nach, ob das

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