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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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ausspuckte, und steckte sie sich an. «Wie gehen die Geschäfte drüben?»
    Hero sah keinen Grund, Cryder gegenüber nicht aufrichtig zu sein, und es verlangte ihn außerdem, eine möglichst freundliche Atmosphäre zu schaffen. Er hatte seine Pfeife gestopft und angezündet und schnitt ein Gesicht, als er sie in den Mund nahm. «Schlecht», erwiderte er. «Die einzigen, bei denen noch etwas zu machen ist, sind Amateure.»
    Cryder wiegte den Kopf und sagte: «Ich weiß, ich weiß, wie es ist. Hier gibt es sogar kaum noch Amateure. Nun, jemand, den Philip Elliott zu mir schickt, darf sicher sein, besonders gut bedient zu werden. Darf ich Ihnen etwas zeigen?»
    Hero hatte in seinem Inneren inzwischen den Mann abgeschätzt und katalogisiert. Cryder war ein Durchschnittsmensch, der wahrscheinlich immer noch an seinem Geschäft hing, jetzt aber zweifellos enttäuscht und in finanziellen Schwierigkeiten war. Von seinem europäischen Erbe war nichts mehr zu spüren. Er hatte die Redeweise und Psyche eines echten Amerikaners. Seine Herzlichkeit war rein geschäftlich. Im übrigen konnte sich Hero kaum ein Bild von ihm machen. Wenn noch mehr in ihm steckte, so war es hinter seinen Brillengläsern, dem grünen Zelluloidschirm und der brennenden Zigarre gut verborgen. Er saß auf seinem Drehstuhl behaglich zurückgelehnt und benutzte einen Fuß als Hebel, um sich immer wieder von einer Seite zur anderen zu drehen. Hero vervollständigte sein Inventar mit dem Wort: Nervös.
    «Nun ja», sagte er. «Es ist da etwas, an dem ich interessiert bin, und ich bin natürlich bereit, für jede Information, jeden Rat und jede Hilfe, die Sie mir, selbstverständlich zu der Ausrüstung, geben zu zahlen.»
    Cryder machte eine liebenswürdige Geste mit der Zigarre und sagte: «Gewiß, gewiß, gewiß! Ich stehe ganz zu Ihren Diensten. Und ich werde Ihnen im Preis entgegenkommen. Woran haben Sie gedacht?»
    Hero merkte, wie er innerlich zitterte, als er von dem zu reden begann, was, wie er hoffte, zu der Lösung des Problems führen würde. «Ich möchte», sagte er kurz und bündig, «eine Wachshand herstellen.»
    Die Achse von Cryders Drehstuhl quietschte und knarrte. «Sie möchten eine Wachshand herstellen», wiederholte er.
    «Keinen festen Abguß», sagte Hero. «Einen Wachshandschuh aus einem Stück.»
    Der Mechanismus des Stuhls protestierte von neuem.
    «Keinen festen Abguß. Einen Wachshandschuh aus einem Stück», wiederholte Cryder. Dann fügte er hinzu: «Ich glaube, das wird sich nicht allzu schwer bewerkstelligen lassen. Wofür brauchen Sie ihn?»
    «Für eine Materialisation», erwiderte Hero, überzeugt davon, daß Cryder es ohne weitere Erklärung verstehen würde.
    «Für eine Materialisation», wiederholte Cryder.
    «Aus einem Stück», fuhr Hero fort, «und an Ort und Stelle angefertigt. Und mit Fingerabdrücken.»
    Automatisch wiederholte Cryder: «Mit Fingerabdrücken», und dann blickte er seinen Besucher unter dem Schirm scharf an und fragte: «Sind Sie in der Medienbranche?»
    Hero nickte und antwortete: «In gewisser Weise.»
    «Da war doch das Medium in Boston, das das gemacht hat? Wie hieß sie doch? Ach ja, Margery. Aber das ist schon lange her. Wir können das wahrscheinlich herausbekommen.»
    «Ja», sagte Hero, «ich weiß. Es waren die Fingerabdrücke eines lebenden Menschen. Aber ich möchte einen Wachshandschuh mit den Fingerabdrücken eines Menschen, der tot und eingeäschert ist.»
    «Sie wollen einen Wachshandschuh mit den Fingerabdrücken eines Menschen, der tot und eingeäschert ist.»
    «Ja. Glauben Sie, daß Sie das könnten?»
    «Glaube ich, daß ich das könnte?»
    Hero unterdrückte seinen Ärger über Cryders Gewohnheit, alles zu wiederholen, aber diesmal fügte der kleine Mann dem nichts hinzu, und das Quietschen und Knarren des Stuhls hatte ebenfalls aufgehört.
    Cryder saß jetzt stumm da, die Hände im Schoß, das Kinn auf der Brust, als sei er in Nachdenken versunken und suche verzweifelt nach einer Antwort. Aber sein Schweigen dauerte länger an, als man es normalerweise erwarten konnte, so lange, daß es fast peinlich wurde. Hero wollte ihn nicht in seinen Gedanken oder Erinnerungen, die er an frühere Zauberkunststücke beschwor, mit einem stören. Und dennoch, als das Schweigen nicht enden wollte, hatte er das Gefühl, etwas sagen oder sogar tun zu müssen, um es zu brechen.
    Es wurde ganz unerwartet und sehr heftig durch das Scheppern der Glocke an der Ladentür gebrochen.
    Cryder

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