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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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verabschiedete.
    „Es hat wohl keinen Sinn, wenn ich Sie frage, worum es bei der ganzen Sache geht?“ Ron war natürlich doch neugierig geworden. Schließlich hatte der Sohn einer Gemischtwarenhändlerin in Watford nicht jeden Tag Besuch von einem leibhaftigen Scotland-Yard-Beamten, der Hilfe brauchte. Eine Sache, die Ron Dullinger innerlich mit berechtigtem Stolz erfüllte.
    Sergeant Robson bedauerte: „Leider kann ich Ihnen dazu nichts Näheres mitteilen, Ron. Die Angelegenheit erfordert äußerste Diskretion. Ich kann mich doch auch bei Ihnen darauf verlassen?“
    Ron nickte und legte bedeutungsvoll den Finger auf seine Lippen. „Ich weiß, Sergeant. Mein Mund ist versiegelt wie... wie...“ Ron suchte krampfhaft nach einem Vergleich, der dem Mann vom Yard seine absolute Zuverlässigkeit in dieser hochwichtigen Sache deutlich machen konnte.
    Jim Robson klopfte ihm lachend auf die Schulter. „Ist schon gut, Ron. Ich weiß, daß ich mich auf Sie verlassen kann. Ich verspreche Ihnen, wenn die Sache spruchreif ist, werden Sie von mir als erster die Zusammhänge erfahren.“
    „Dann darf ich es aber in Watford weitererzählen, daß ich Scotland Yard in einem Kriminalfall geholfen habe“, rief Ron dem Sergeant noch hinterher. Jim Robson aber war mit seinen Gedanken bereits woanders und hörte es nicht mehr. Und Ron Dullinger fiel in diesem Moment ein, daß er vor allem vor seiner Mutter auf der Hut sein mußte, wollte er sein Versprechen dem Sergeant gegenüber halten. Denn Betty Dullinger war zwar eine liebenswerte, rechtschaffene Frau, aber Geheimnisse pflegte sie schneller in Umlauf zu bringen als der Watford Herald, der meistens Zweiter wurde, wenn es galt, lokale Nachrichten aus Watford aufzuschnappen. Aber der Watford Herald saß eben nicht so im Zentrum des Stadtklatsches wie Witwe Dullinger in ihrem Gemischtwarenladen.

Jerry Hoskins hat Ärger

    Fährt man von der Stadtgrenze der Acht-Millionen-Stadt London neunzehn Kilometer in südlicher Richtung, sieht man, wenn man genau aufpaßt, ein kleines Hinweisschild, das nach links zeigt, Haus der Hoffnung steht darauf, Wieder zweieinhalb Kilometer weiter steht rechts, mitten in einer riesigen Grasfläche, fast von uralten, im Laufe der Jahrzehnte gebeugten und tiefhängenden Weidenbäumen verdeckt, ein Gebäudekomplex, die ehemalige Colson-Farm.
    Beinahe ohne daß die Öffentlichkeit davon Notiz nahm, ohne finanzielle oder andersartige Unterstützung des Königreiches Großbritannien leitete hier seit nun über sieben Jahren Miß Sarah Mills das Haus der Hoffnung, ein Heim für straffällig gewordene Männer, die Miß Sarah Mills mit viel Hingabe auf den rechten Weg zu bringen versuchte.
    Zur Zeit betreute Miß Mills neun ehemalige Gauner, die hier einen Beruf erlernen durften, dann nach zwei bis drei Jahren ins bürgerliche Leben zurückkehren konnten, um anderen Gestrauchelten Platz zu machen. Kost und Logis waren frei, außerdem bekamen die Männer einen Tageslohn, sprich Taschengeld von drei Pfund pro Tag.
    Die an das eigentliche Wohnhaus angebauten Ställe waren zu einer Schreinerei, einer Schmiede und einer Glaserei umfunktioniert worden. Eine bis vor zwei Jahren ebenfalls vorhandene Schlosserwerkstatt hatte Sarah Mills schweren Herzens geschlossen, nachdem ein gewisser Gordon Falls dort seine Kenntnisse in Sachen Wohnungseinbruch verfeinert und eifrig Nachschlüssel von Appartements feiner Londoner Adressen hergestellt hatte, die er auch zu benützen pflegte.
    Miß Sarah Mills war damals einem Schlaganfall nahe, nachdem sie in einem alten, nicht mehr benützten Schuppen Gordons im Laufe der Zeit zu einem ansehnlichen Haufen angewachsenes Diebeslager entdeckte. Danach führte der Weg ihres Schützlings vom Haus der Hoffnung wieder in eine Gefängniszelle, was Miß Mills sehr schmerzte. Die brave Frau gab sich immer selbst einen Teil Schuld, wenn sie einen ihrer Logiergäste wieder an Justitia verlor. Die vom rechten Weg Abgekommenen waren ihr einziger Lebensinhalt, und mit frommem Eifer predigte sie ihnen ihre eigene tiefste Überzeugung, daß Ehrlichkeit eben doch am längsten währt.
    Miß Sarah Mills war eine herzensgute Frau, der das Glück einer Ehe an der Seite eines ebenso anständigen Gatten nie vergönnt gewesen war. Seit vor 21 Jahren ihre erste und einzige Liebe über Nacht verschwand, hatte sich der Riß in ihrem verletzten Herzen nie mehr ganz geschlossen, und Miß Sarah Mills war seitdem jeder festen Bindung fast fluchtartig aus dem Weg

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