Die Hand
nach Hause zu fahren, was der Grieche erfreut annahm. Im Auto fragte er den Detektiv: „Wieso seid ihr Drei eigentlich solange bei jemandem geblieben, der nicht da war?“
„Wie bitte?“ Perry Clifton hatte nicht richtig verstanden, da er sich voll auf die Straße konzentrierte, die hier nicht beleuchtet war.
„Na, ich meine, wo ihr doch bei dem Doktor gewesen seid. Wo mich der Kerl doch zur gleichen Zeit unverschämterweise mit seinem Motorrad nicht mitgenommen hat.“
„Oh, das meinen Sie.“ Perry Clifton gab sich betont unbefangen.
„Wir waren noch mit Mister Miller auf seinem Boot...“
„Der mit seinem Boot“, tat Ilias verächtlich. „Eines Tages wird er noch über Bord fallen, wenn er sich immer nachts auf dem Wasser herumtreibt. Irgendwann überrascht ihn ein Sturm, und der alte Ilias muß einen Kranz kaufen für den guten William...“
Clifton tastete sich vorsichtig weiter vor: „Nett war das aber wirklich nicht von Doktor Stanley, daß er Sie nicht mitgenommen hat, Mister Spiriodakis.“
Das genügte, um den Griechen sofort wieder in helle Empörung zu versetzen. „Nicht nett? Eine Flegelei war das. Nicht einmal umgedreht hat er sich, als er an mir vorbeibrauste und ich ihm noch nachrief. Ich bin mit meinen geschundenen Füßen noch ein paar Meter hinterhergelaufen. Aber das wird Ilias nicht vergessen. Ist das eine Art und Weise für einen Doktor, frage ich Sie, ist das akademische Höflichkeit? Wenn ja, dann lernen die Engländer auf den Universitäten heute nicht mehr, wie man mit Menschen umgeht.“
„So, wir sind da, Mister Spiriodakis“, unterbrach Perry Clifton den Zornesausbruch des temperamentvollen Griechen.
„Schlafen Sie gut — und denken Sie nicht zu schlecht von uns Engländern“, fügte er schmunzelnd hinzu.
Ilias hob erschrocken die Hand vor den Mund. „Oh, so habe ich das nicht gemeint, Mister Clifton. Ich vergaß ganz, daß Sie ja auch Engländer sind. Hoffentlich sind Sie mir jetzt nicht böse?“
Der Detektiv verneinte lachend. Auf dem Rückweg pfiff er vergnügt vor sich hin. Er war sicher, einen Zipfel des Falles bei Dr. Stanley erwischt zu haben. Und er gedachte nicht, diesen Zipfel wieder loszulassen.
Etwa zur selben Zeit bekam tausend Kilometer südlich jemand anders ebenfalls ein Stück des Falles zu fassen, ohne daß er allerdings ahnte, welche Lawine er dadurch ins Rollen brachte.
Horaz Prendergast legt sich auf die Lauer
Horaz Prendergast schaute auf seine Armbanduhr, wo die Zeiger auf dem Leuchtzifferblatt auf 23 Uhr 10 standen. Dann starrte er wieder angestrengt durch das Fenster seines Zimmers im ersten Stock im Haus der Hoffnung in die Nacht hinaus.
„Die Unverschämtheit dieses dreisten Draufgängers ist doch nicht mehr zu überbieten“, grimmte Mister Prendergast und meinte damit Jerry Hoskins. Prendergast, der, wie wir wissen, beschlossen hatte, ein Auge auf Jerry Hoskins zu werfen, beobachtete ihn, wie er kurz nach 20 Uhr 20 über die Wiese zur Straße schlich und sich davonstahl — und das, kurz nachdem er von Miß Mills wegen seines unkorrekten Verhaltens getadelt worden war.
Kein Wunder, daß Horaz Prendergast außer sich war. Seit fast drei Stunden lag der ehemalige Safeknacker nun auf der Lauer und war wild entschlossen, Jerry Hoskins in dieser Nacht auf die Schliche zu kommen, und wenn er dafür bis zum frühen Morgen hinter seinem Fenster ausharren müßte. Horaz Prendergast konnte sehr ausdauernd sein, wenn er sich was in den Kopf setzte.
Es war gegen 21 Uhr 15 an diesem 31. Juli, als Sergeant Jim Robson mit seinem Phantombild von Reg Stewart in den Yard zurückgefahren war. Kurz vorher hatte Perry Clifton Dr. Stanley und dessen Tochter Nancy kennengelernt. Alles hing irgendwie zusammen, und die Fäden spannten sich, noch unsichtbar, alle von einem Punkt aus. Es war wie ein Spinnennetz, das seine Größe und Gefahr nur in einem bestimmten Licht schimmern ließ.
Also, gegen 21 Uhr 15 an diesem Abend tauchte Jerry Hoskins im Büro von Clive im Old Commercial auf. Als er dessen böses Gesicht sah, entschuldigte er sich: „Tut mir leid, Clive. Ich konnte heute nicht früher kommen. Diese Miß Mills hatte den unwiderstehlichen Drang, mir ins Gewissen zu reden, und so mußte ich mich später heimlich aus dem Staub machen.“
Jerry Hoskins wurde sofort klar, daß er gerade einen Fehler gemacht hatte.
Natürlich hakte Clive sofort ein: „Wieso mußte dir Miß Mills ins Gewissen reden, das du, nebenbei gesagt, sowieso nicht
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