Die Hand
verschweigen, was heute nacht draußen auf dem Wasser passiert ist.“
Ritchie Carryl, der keine Ahnung hatte, worum es hier ging, richtete sich halb von seiner Liege auf. „Da draußen auf dem Wasser? He, Miles, was meint der Doktor damit?“
Miles wechselte einen schnellen Blick mit Bob Mac-Dorson, dem dabei ziemlich unbehaglich zumute wurde. „Sieh mich nicht so an, Miles. Ich habe kein Wort über die Sache verloren.“
Miles wandte sich an den Doktor: „Ich weiß nicht, woher du es weißt, aber wozu sollten wir Unruhe in das Unternehmen bringen?“ — Und Ritchie Carryl erklärte er: „Wir sind heute nacht einem treibenden Boot mit einem alten, toten Mann begegnet, Ritchie. Bob und ich kamen überein, die Sache nicht zu erwähnen. Du weißt ja selbst, wie abergläubisch Reg sein kann.“
„Woher stammt deine Information, Doktor?“ Die Frage kam von Bob MacDorson.
Dr. Stanley lachte höhnisch auf. „Du wirst es nicht glauben, von der Leiche höchstpersönlich. Euer alter, toter Mann war vor einer knappen Stunde hier und hat mich vor Schmugglern gewarnt, die mein Boot benutzten.“
„Nein“, kam es tonlos von Miles’ Lippen.
Bob MacDorson ließ sich stöhnend gegen die Wand fallen.
„Doch“, höhnte der Doktor weiter. „Ihr habt euch von einem alten Mann aufs Kreuz legen lassen, der sich einfach totgestellt hat, als er euch kommen hörte. Ein schönes Armutszeugnis, das ihr euch da ausgestellt habt. Wir können von Glück sagen, daß euch der Alte offensichtlich nicht richtig gesehen hat. Hoffen wir es jedenfalls. Ich hole jetzt Reg. Wir müssen den gesamten Ablauf ändern. Mein Boot steht ab sofort nicht mehr zur Verfügung. Das hat der Boß bestimmt. Guten Abend, meine Herren.“
Ohne ein weiteres Wort verließ Dr. Stanley den Raum und ließ die drei Männer in bedrückter Stimmung zurück. Keiner von ihnen sprach etwas. Auch Ritchie Carryl ersparte sich einen Vorwurf. Die beiden anderen waren ihm dafür dankbar.
Eine dreiviertel Stunde später tauchte Reg auf. Auch er berührte die Angelegenheit mit keinem Wort mehr. Es hatte keinen Sinn, die Jungs zu verunsichern oder gar einen Streit ausbrechen zu lassen. Wenn sie nicht alle an einem Strang zogen, war die ganze Operation gefährdet. Das durfte nicht geschehen, jetzt, so kurz vor dem Ziel.
Ritchie Carryl hatte sich über die Ereignisse seine eigenen Gedanken gemacht, die er jetzt aussprach. Er mied dabei die Blicke von Bob und Miles und wandte sich direkt an Reg: „Ich wäre dafür, die ganze Aktion für beendet zu erklären und schnellstmöglich zu verschwinden. Unsere Stärke bisher war unsere Besonnenheit. Weiterzumachen, hieße unbesonnen zu handeln. Die Sache ist zu gefährlich geworden.“
Reg Stewart reagierte unterkühlt: „Der Boß ist anderer Meinung, und das zählt. In Langbys Bootshaus, also dort, wo wir die Pakistani vorläufig untergebracht haben, liegen zwei Boote. Wir werden uns eines davon, ebenfalls ein Kajütboot, für den Transport der restlichen dreißig Männer ausleihen.“
„Gibt es schon Termine?“ Miles war froh, von dem leidigen Thema des toten Mannes der vergangenen Nacht wegzukommen.
„Ja, die nächsten zehn kommen am Sonntag.“
„Und was ist mit dem Alten aus dem Boot?“ bohrte Ritchie nach, was ihm einen wütenden Blick von Miles einbrachte.
„Vergessen wir ihn. Ich glaube, unser Doktor hat seinen Verdacht recht geschickt zerstreut. Ich denke nicht, daß uns von der Seite des alten Mannes noch Gefahr droht, zumal wir das Boot des Doktors nicht weiter benützen.“
„Aber was ist, wenn der Alte zur Polizei geht?“
„Wenn er das vorhätte, wäre er schon längst gegangen. Das ist ein weiterer Beweis dafür, daß dieser Miller sich seiner Sache selbst nicht so sicher war.“ Durch eine unwillige Geste gab Reg Stewart zu verstehen, daß er dieses Thema als beendet betrachtete. Er fragte: „Ist Alan mit den Papieren schon aus Inverness zurück?“ Er bekam allgemeines Kopfschütteln zur Antwort.
„Okay, Ritchie. Wenn Alan da ist, machst du dich mit den Pässen und den Pakistani aus dem Bootshaus auf den Weg. Ich will die Leute so schnell wie möglich von hier weghaben. Man soll sein Glück nicht zu sehr strapazieren.“
Ein wahres Wort, das Reg Stewart hier von sich gab. Doch das Glück der Phantombande war längst überstrapaziert. Die Ereignisse um die HAND sollten sich in den nächsten Tagen dramatisch zuspitzen.
Gegen 22 Uhr erbot sich Perry Clifton, Ilias Spiriodakis mit dem Wagen
Weitere Kostenlose Bücher